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Gift und Geld

Gift und Geld

Titel: Gift und Geld
Autoren: Carter Brown
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Ihrer Verfassung würden Sie noch nicht einmal
einen Omnibus auf einen Meter Entfernung treffen.«
    »Es ist mein Ernst!« Ihre Augen
wirkten in dem kalkweißen Gesicht wie dunkle Höhlen. »Aufhören, oder ich
schieße!«
    Der Druck des gegen meine
Schläfe gepreßten Pistolenlaufs ließ plötzlich nach,
und ich vermutete, daß Johnnie langsam seine eigene Pistole auf sie zu richten
gedachte. Als ich wieder zu Janie zurückblickte, sah ich, daß die in Curare getauchte
Spitze des Jadeohrrings regungslos und keine dreißig Zentimeter von meinem
Gesicht entfernt in der Luft schwebte. Janies Gesicht war zu einer animalischen
Grimasse verzerrt, und sie atmete schnell und mit einem unangenehmen knurrenden
Laut durch den weitgeöffneten Mund. Der starre Blick in ihren Augen verriet
mir, daß sie sich weder durch Gail noch durch eine Brigade Marineinfanterie von
ihrem Vorhaben abhalten ließe.
    »Ich habe gesagt, Sie sollen
sich nicht rühren, Johnnie«, sagte Gail hysterisch. »Lassen Sie sofort die
Pistole fallen!«
    »Immer mit der Ruhe, Süße«,
sagte Johnnie in beruhigendem Ton. »Niemand wird Ihnen etwas antun. Legen Sie
ruhig die...«
    Das war der Augenblick, der
schnelles Handeln erforderte. In zwei oder drei Sekunden konnte es schon zu
spät sein. Ich rammte mein Knie in Janies Magen und sah, wie sich ein
plötzlicher Schmerz für den Bruchteil einer Sekunde in ihren Augen spiegelte,
bevor ihr Kopf auf ihre Hand fiel. Fast unmittelbar darauf zuckte ihr Kopf
wieder heftig in die Höhe, und nackte Furcht vertrieb den Ausdruck von Schmerz
in ihrem Gesicht, in dem sich unterhalb des Backenknochens ein dünner roter
Kratzer abzeichnete. Dann sackte sie auf dem Boden zusammen, während
unmittelbar über meinem Kopf ein Schuß losging, gefolgt von zwei weiteren,
entfernter klingenden Schüssen.
    Ich machte einen Hechtsprung
über Janies schlaffen Körper weg und rollte dann verzweifelt auf dem Boden
weiter, wobei ich die 38er aus dem Gürtelholster riß. Mein Kopf knallte heftig
gegen ein Stuhlbein, unmittelbar bevor mein Körper durch ein weiteres Stuhlbein
aufgehalten wurde. Ich blieb auf meiner linken Seite liegen, die Pistole fest
in die rechte Hand gepreßt.
    Ein paar Zentimeter über meinem
Kopf fuhr eine Kugel in die Polsterung des Sessels, und der Schuß ließ mich
plötzlich aus meiner Wurmperspektive heraus scharf sehen. Der Anblick von
Johnnies geradewegs auf mich gerichtetem Pistolenlauf war von unmittelbarem
Interesse für mich, und ich konzentrierte mich völlig auf diese Tatsache. Ohne
mich mit Überlegungen aufzuhalten, stützte ich mein rechtes Handgelenk mit der
linken Hand, um es ruhig zu halten, und drückte drei-oder viermal ab. Ich
konnte sein verzerrtes Gesicht in aller Deutlichkeit erkennen, und im nächsten
Augenblick war es nicht mehr da — es verschwand einfach. Und alles was
übrigblieb, war eine rote verschwommene Masse.
    Ich stand auf, bemerkte vage,
daß Gail schlaff und mit baumelndem Kopf über der Bar hing, Berkeley saß auf
dem Boden, schrie wie ein Kind, das sich verbrüht hat und hielt mit einer Hand
seine Schulter umklammert. Dann, mit einem plötzlichen Prickeln an meinem
Haarboden, fiel mir Elmer ein, und ich blickte mich verzweifelt um, aber er war
verschwunden.
    Mein Rückgrat schien sich in
Wasser aufzulösen, während ich im Zimmer umherschlitterte und, den Finger
nervös auf dem Abzug, nach ihm Ausschau hielt. ich fand ihn nach etwa zehn
Sekunden, die mir wie zwei Stunden erschienen. Er lag friedlich auf dem Teppich
hinter einem schweren Lehnsessel — ich hatte ihn in meinem panischen Schrecken
nicht gesehen, weil ich nach einer aufrecht stehenden Gestalt gespäht hatte.
Nur eines war bei Elmer nicht in Ordnung — sein Hinterkopf fehlte.
    Berkeley schrie mit dünner
Stimme. An Lautstärke hatte sie nachgelassen, aber die hohe, schrille Tonlage,
die er beharrlich einhielt, sägte an meinen Nervenenden und brachte mich fast
zum Wahnsinn. Ich stieß ihm unsanft meine Schuhspitze zwischen die Rippen und
erklärte ihm, ich würde ihm auch in seine andere Schulter eine Kugel schießen,
wenn er nicht den Mund hielte — und ich war auch halbwegs dazu entschlossen. Es
mußte glaubhaft geklungen haben, denn er schwieg plötzlich, und einen
Augenblick lang fragte ich mich optimistisch, ob er sich wohl selber abgewürgt
hatte.
    Ich hob Gails Kopf, in der
Erwartung, zumindest zwei Einschüsse in ihrem Gesicht zu finden, und entdeckte
die Furche, die ein Geschoß wie einen Scheitel
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