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Gier

Gier

Titel: Gier
Autoren: Arne Dahl
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abhalten. Es muss also keiner das Gefühl haben, er sei außen vor.«
    Felipe Navarro, dem es nur mit großer Selbstüberwindung gelang, die Finger von seinem Krawattenknoten zu lassen, räusperte sich. »Aber wahrscheinlich hat sich jeder von uns schon Gedanken darüber gemacht, dass Schweden hier in der Gruppe sehr stark vertreten ist«, sagte er. »Die EU hat momentan ziemlich genau eine halbe Milliarde Einwohner. Davon sind neun Millionen Schweden. Das sind weniger als zwei Prozent.«
    Â»Aber wir bewohnen ziemlich genau zehn Prozent der geografischen Fläche«, warf da ein recht kleiner Mann mit dunklem Teint ein, der auf dem Platz neben Arto Söderstedt saß. Er arbeitete offenbar auf Länderebene und absolvierte gerade einen Pflichtbesuch im Hauptquartier. Die meisten hatten bisher angenommen, er sei Spanier, aber als Navarro am vergangenen Freitag versuchte, ein paar spanische Sätze mit ihm zu wechseln, antwortete er nur stockend und mit lateinamerikanischem Akzent.
    Â»Bist du etwa auch Schwede?«, platzte es – zu seinem Ärger auf Spanisch – aus Navarro heraus.
    Â»Tut mir leid«, erwiderte der Mann in auch nicht gerade flüssigem EUnglish. »Ich heiße Jorge Chavez. Und ich habe mich noch nicht endgültig entschieden, ob es so gut ist, Schwede zu sein.«
    Jetzt räusperte sich Paul Hjelm geräuschvoll und sagte: »Es gibt ein schwedisches Gruppenmitglied, nämlich Arto Söderstedt. Dass der Chefposten mit einem Schweden, also meiner Wenigkeit, besetzt wurde, ist reiner Zufall. Der Direktor ist, wie ihr wisst, Brite, und die stellvertretenden Direktoren kommen aus Frankreich, Italien und Spanien. Die großen Länder haben also keinen Grund, sich zu beklagen.«
    Â»Ich frage mich nur«, warf der Süditaliener Fabio Tebaldi ein, »ob die schwedische Polizei tatsächlich in der Lage ist, bei schweren internationalen Verbrechen angemessen zu reagieren. Da oben im Norden seid ihr doch weitgehend verschont davon.«
    Â»Das ist ein Mythos«, entgegnete Jorge Chavez. »Der Mythos vom idyllischen nordischen Paradies. Aber das ist Bullshit.«
    Â»Ihr seid jedenfalls gut darin, euch neutral zu verhalten«, warf Corine Bouhaddi angriffslustig ein.
    Â»Na, na«, meinte Paul Hjelm beschwichtigend. »Wir haben uns wirklich bemüht, die Gruppe so repräsentativ wie möglich zusammenzustellen. Wir haben eine gerechte Geschlechter- und Altersverteilung, und ich glaube, dies gilt auch in geografischer Hinsicht.«
    Â»Ich bin der Meinung, dass das gar nicht der springende Punkt ist«, stimmte ihm Miriam Hershey zu. »Ich bin britische Jüdin und fühle mich durchaus repräsentiert. Lasst uns das Thema beenden und zu den wichtigen Dingen kommen.«
    Â»Nämlich: Gibt es irgendwelche Aufträge für uns?«, ergänzte Laima Balodis, als wären die beiden Zwillinge.
    Paul Hjelm starrte das ungewöhnliche Duo einen kurzen Moment lang an und antwortete dann: »Nein.«
    Â»Nein?«, kam es aus der Menge.
    Â»Noch nicht. Aber jetzt sind wir jedenfalls bereit. Are we ready?«
    Wie im Umkleideraum einer Fußballmannschaft, dachte Jutta Beyer genervt.
    Die Antwort war ein Gemurmel, aus dem heraus sich schließlich eine Stimme erhob. Es dauerte eine Weile, bis es Angelos Sifakis gelang, sich Gehör zu verschaffen. Dann fragte er leise: »Aber was ist denn eigentlich in London passiert?«
    Â»In London?«
    Â»Was war so wichtig, dass die Vollversammlung sich gezwungen sah, das Wochenende damit zu verbringen, über Prinzipien zu diskutieren? Und schließlich zu diesem Ergebnis kam?«
    Â»Ach so«, sagte Paul Hjelm, der auf dem Schlauch gestanden hatte. »Das.«
    Â»Tja, das«, schaltete sich Arto Söderstedt ein. »Das war auf dem G20-Treffen in London. Ein Mann ist in meinen Armen gestorben. Ein Asiate.«
    Â»Arto war als Beobachter dort, und er wurde nicht in kriminelle Handlungen verwickelt«, beteuerte Hjelm. »Aber das hätte genauso gut passieren können. Und dann hätte er keine Handlungsbefugnis gehabt. Wir sind am Wochenende zu dem Schluss gekommen, dass sich keiner von euch in so einem Fall machtlos fühlen soll.«
    Â»Der Verbrecher ist möglicherweise der Linksverkehr«, sagte Söderstedt. »Weshalb ich nun doch glaube, dass es sich um einen Chinesen gehandelt hat. Japan hat Linksverkehr, China Rechtsverkehr. Der Mann
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