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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen
Autoren: Ernst Vlcek
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aufgekämmt. Trotz eines schlichten Kleides von unbestimmbarer Farbe strahlte sie die Vornehmheit einer Schnitzler-Figur aus, und obwohl sie an die sechzig sein mußte, fand ich sie überaus anziehend. Ihr apartes, fast schönes Gesicht hätte von Klimt gemalt sein können. Nur der leicht entrückte Ausdruck paßte nicht, denn Klimts Frauen besaßen eine laszive Noblesse, diese hier wirkte jedoch geistesabwesend. Jetzt war mir auch klar, was der Portier mit »Traumwandlerin« gemeint hatte. Sie sagte nichts, sie sah mich nur in einer Art an, daß ich meinte, sie blicke durch mich hindurch.
    »Mein Name ist Andreas Hameter«, stellte ich mich verlegen vor. Mir war bewußt, daß sich hier zwei Welten trafen. »Ich habe einen Termin bei Ihnen … Sie sind doch Dr. Trotta?«
    Ihr Blick klärte sich etwas, als sie nickte, und sie zeigte die Andeutung eines amüsierten Lächelns, das nicht über ihren linken Mundwinkel hinauskam.
    »Ah, Andreas Hameter, der Hausmann, den sie Roter Andy nennen«, sagte sie mit einer samtweichen Stimme, der man keinen strengen Ton zutraute. »Ist es schon so spät? Aber kommen Sie nur herein.«
    Ich trat in ein großes Wartezimmer, das kahl und leer wirkte, obwohl über ein Dutzend Chromstühle um zwei große, runde Tische darin standen. Es gab drei Türen. Durch eine davon führte sie mich in ein geradezu riesiges Büro, das von einer über die ganze Länge der einen Wand gehenden Glasfront und einem ebenfalls die ganze Wand einnehmenden Aktenschrank mit Schiebetüren beherrscht wurde. Durch die getönten Fensterscheiben konnte man die Lichter der Großstadt sehen. Der Aktenschrank war mit Kunststoff platten beschichtet und so wuchtig, daß sein Anblick einen fast erschlug.
    Vor der Glaswand stand ein alter, fast antik wirkender Schreibtisch mit einem Drehstuhl dahinter. Davor stand eine Reihe von vier lederbezogenen Besucherstühlen. Eine Schreibtischlampe verbreitete einen zu grellen Lichtkreis um den Arbeitsplatz, aber der Dämmerschein ringsum konnte den übrigen Raum nicht gnädig verhüllen. Das Büro wirkte unpersönlich, die Möbel waren lieblos zusammengestellt, paßten nicht zusammen und schon gar nicht zu dieser Frau, die aus einer anderen Zeit zu stammen schien. Ich hatte den Eindruck, daß es sich um ein Provisorium handle.
    »Ich habe mich über Sie informiert, Andy«, sagte sie, während sie hinter dem Schreibtisch Platz nahm und mir gleichzeitig einen der Besucherstühle anbot. Dabei starrte sie auf die leere Schreibtischplatte, als befänden sich dort ihre Unterlagen. Dann sah sie auf und mir in die Augen. Dabei war mir, als blinzele sie mir schalkhaft zu. »Ich darf Sie doch so nennen? Sagen Sie Paula zu mir. Sicher wollen Sie wissen, was es mit dem Inserat auf sich hat. Das ist Ihr gutes Recht. Ich will auch nicht lange drumherumreden, sondern nach Möglichkeit rasch zur Sache kommen.«
    Sie spreizte die Finger fächerförmig und legte die Fingerspitzen gegeneinander. Gleichzeitig stützte sie die Ellenbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn auf die gestreckten Daumen. Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort:
    »Ich bin wirklich in der Lage, jemandem, der sich als geeignet erweist, Unsterblichkeit zu vermitteln. Es handelt sich weder um einen Trick, noch um leere Versprechungen, sondern um ein seriöses Angebot. Allerdings ist die Angelegenheit etwas delikat. Darum muß ich auf strengster Diskretion bestehen.«
    »Ich kann schweigen wie ein Grab«, versicherte ich und legte mir die Hand aufs Herz.
    Sie lächelte wieder, diesmal deutlicher.
    »Ohne Ihre ehrlichen Absichten bezweifeln zu wollen, muß ich doch auf einer zusätzlichen Garantie bestehen. Ich möchte mich rechtlich absichern. Deshalb werden Sie dieses Formular unterschreiben, das besagt, daß Sie sich mit allen Maßnahmen einverstanden erklären, die der Geheimhaltung dienen.«
    Sie holte aus einer Schreibtischlade einen Vordruck und legte ihn vor mir hin. Ich schob ihn demonstrativ von mir und sagte:
    »Ich unterschreibe nichts, ehe Sie mir nicht nähere Einzelheiten verraten haben. Wenn Sie wirklich in der Lage sind, mein Leben zu verlängern, meinen Alterungsprozeß zu stoppen oder mich zu verjüngen, dann nennen Sie mir Ihren Preis und danach können wir meinetwegen einen Vertrag aufsetzen. Aber die Katze im Sack kaufe ich nicht.«
    Sie schüttelte nachsichtig den Kopf.
    »Sie unterliegen einem Irrtum, Andy, wenn Sie glauben, sich bei mir irgend etwas kaufen zu können«, sagte sie sanft. »Ich selbst kenne
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