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Gezeiten des Krieges

Gezeiten des Krieges

Titel: Gezeiten des Krieges
Autoren: Loren Coleman
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wir all diesen Papierbürgern die echte Freiheit in den Hals stopfen.«
    »So spricht ein echter Patriot.« Grob und ungebildet, das passte zu Gregori. Irgendwo gab es bestimmt eine Brücke, deren Troll abhanden gekommen war. Interessierte es so jemanden überhaupt, wofür sie kämpften?
    »Willst du sagen, wir brauchen keine neuen Waffen?«
    »Doch, wir brauchen etwas«, gestand Evan ein. Waffen. Geld. Anführer. Die Bewohner Liaos sehnten sich danach, das Joch der Republik abzuschütteln. Mai Wa sagte voraus, dass sich der Umsturz wie ein Erdrutsch über die ganze Welt ausbreiten würde, sobald sie den Anstoß gegeben hatten.
    Evan glaubte das jetzt mehr denn je.
    »Was hält uns also auf? Der neue ComStar-Blackout?«
    »Möglich.«
    Der Mann zog einen Gelben hoch und spie aus. »Was sonst? Die oubluduk Kapuzenköpfe hatten ihren Scheiß doch noch nie in einer Socke.«
    Gregori würzte seine Sprache gerne mit russischen Flüchen und farbenfrohen Metaphern, doch im Kern bewerteten er und Evans die Sache ähnlich. Com-Stars planetarer Dienst war schon wieder ausgefallen und hatte Liao zum zweiten Mal in diesem Monat vom Rest der Inneren Sphäre abgeschnitten. Ohne die überlichtschnelle Kommunikation durch das Netzwerk von Hyperpulsgeneratoren der Organisation stockte alles, von Frachtplänen bis zu interplanetarem Handel. Ein Ausfall war bereits eine kostspielige Anomalie gewesen, ein seit der Gründung der Agentur praktisch undenkbares Ereignis.
    Und jetzt schon zum zweiten Mal? Evan machte sich Sorgen.
    »Das Sprungschiff könnte technische Probleme gehabt haben«, sagte er schließlich. »Oder der Zoll hält das Landungsschiff in der Umlaufbahn fest.« Neben dem HPG-Netz war der interstellare Reiseverkehr das zweite Standbein der menschlichen Zivilisation: sprungfähige Raumschiffe, die bis zu dreißig Lichtjahre in Nullzeit überwanden und Landungsschiffe transportierten, die Güter und Menschen von einer Welt zur anderen brachten.
    Gregori wollte es dabei nicht belassen. »Ich sage immer noch, es ist ComStar. Die haben uns schon wieder in die Suppe gespuckt. Dreckige Wrebat-schnejs.«
    Evan zuckte die Achseln. Gregoris miese Laune färbte leicht ab. Der Ruf eines anderen Kadermitglieds ersparte ihm eine Antwort.
    »Lichter! Lichter auf der Straße!«
    »Ein Laster«, rief ein anderer. »Schweber.«
    Diesmal machte sich Evan keine Sorgen wegen des Lärms. Er sorgte sich viel mehr darum, wer da so spät auf ihrer Party erschien. Als er den Nadler zog, lief es ihm kalt den Rücken hinab. Das Gewicht der Waffe war ihm nicht vertraut. Bis jetzt hatte er für das Ijori De Guäng lediglich Nachschub aus abgelegenen Militäranlagen >befreit< und den öffentlichen Nahverkehr sabotiert. Die Militärakademien erteilten den MechKrieger-Kadetten auch Unterricht im Handwaffengebrauch, zum Beispiel mit Laserpistolen. Allerdings war es nicht gestattet, sie außerhalb des Schießstands mitzuführen. Der Nadler war eine weit brutalere Waffe als alle anderen, an denen er ausgebildet worden war.
    Evans Achselhöhlen waren schweißnass, als er hinter dem Mietlaster in Deckung ging, die Waffe mit beiden Händen auf die Kühlerhaube stützte und wartete.
    Der Flachbettschweber blinkte mit den Scheinwerfern. Zweimal, dann einmal, wieder zweimal.
    »Mai! Es ist Mai Wa.« Der Anführer des Widerstands. Liaos größte Hoffnung.
    Erleichterung schlug über Evan zusammen und ließ ihn frösteln. Wie ein Nachgeschmack des Bedauerns, der jeden Kompromiss begleitete. In gewisser Weise hatte er sich tatsächlich auf das Abdrücken gefreut, nicht länger einer von denen zu sein, die nur davon redeten, ein Macher zu werden. Selbst der Liao-Kult, hatte Evan kürzlich entdeckt, ehrte Taten mehr als Worte. Darin ähnelte die politische Untergrundbewegung dem Ijori De Guäng mehr, als den meisten bewusst war.
    Der Schwebelaster schaltete kurz vor den wartenden Lastwagen Licht und Hubpropeller aus; das Luftkissen unter den starren Schürzen löste sich auf und der Schweber sank zu Boden. Das ersterbende Heulen der Propeller erinnerte Evan an den morgendlichen Besuch im Liao-Kult-Schrein und das Summen des Generators dort, das von kahlen Bunkermauern zurückhallte.
    Mai Uhn Wa glitt mit einer Geschmeidigkeit aus der Fahrerkabine, um die ihn Evan beneidete. Der rasierte Schädel war vom Sonnenlicht ledrig braun gegerbt, der Schnurrbart des mehr als fünfzig Jahre alten Freiheitskämpfers glänzte schwarz und war offensichtlich gefärbt. Mai Wa wirkte
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