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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht
Autoren: Veronica Rossi
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sie aus den Biosphären gewohnt war.
    Sie trafen kurz vor dem Abendessen ein – eine schlecht gewählte Zeit. Dutzende von Leuten liefen umher und warteten darauf, zu Tisch gerufen zu werden. Andere standen an den Fenstern und Türen ihrer Häuser und glotzten mit großen Augen. Einer von Grays Jungen zeigte mit dem Finger auf sie, während der andere neben ihm kicherte. Brooke erhob sich von einer Bank vor ihrem Haus, schaute von ihm zu Aria und wieder zurück. Schuldbewusst erinnerte sich Perry mit einem Mal an eine Unterhaltung, die er im Winter mit ihr geführt hatte. Er hatte Brooke gesagt, sie könnten nicht zusammen sein, weil er zu viel um die Ohren habe. Dieses »zu viel« war Aria gewesen – das Mädchen, von dem er zu jener Zeit geglaubt hatte, dass er es nie mehr wiedersehen würde.
    Nicht weit entfernt standen Bear und Wylan und unterhielten sich mit Reef. Als sie zu ihnen herüberschauten, verstummten alle drei. Einem Instinkt folgend, steuerte Perry auf sein Haus zu. Er würde sich noch früh genug um die beiden kümmern. Die einzige Person, deren Hilfe er jetzt gut hätte gebrauchen können, war jedoch nirgends zu sehen: Roar.
    Perry blieb vor der Tür seines Hauses stehen und schob mit dem Fuß einen Korb Kleinholz aus dem Weg. Er schaute Aria an, die an seiner Seite stand, und hatte das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen.
Willkommen? Hier bist du sicher?
Aber all das schien ihm viel zu förmlich.
    »Es ist klein«, sagte er schließlich.
    Dann trat er ein und zuckte zusammen, als er die überall herumliegenden Decken und die schmutzigen Becher auf dem Tisch sah. Kleider türmten sich in der Ecke zu einem Haufen, und an der gegenüberliegenden Wand war ein Stapel Bücher umgefallen. Das Meer lag eine halbe Stunde entfernt, aber auf den Bodendielen unter seinen Füßen knirschte Sand. Allerdings hätte es viel schlimmer aussehen können – für ein Haus, in dem ein halbes Dutzend Männer lebten.
    »Die Sechs schlafen hier«, erklärte Perry. »Ich habe sie kennengelernt, nachdem du …« Er brachte es nicht über sich,
nachdem du gegangen warst
zu sagen. Er wusste nicht, warum, aber er konnte es einfach nicht aussprechen. »Sie gehören jetzt zu meiner Wache, und sie sind alle gezeichnet. Reef, Twig und Gren hast du ja schon kennengelernt. Die Übrigen sind Brüder: Hyde, Hayden und Straggler, der Nachzügler. Alle drei Seher. Strag heißt eigentlich Haven, aber … du wirst schon sehen. Der Spitzname passt zu ihm.« Er rieb sich das Kinn und zwang sich, den Mund zu halten.
    »Hast du vielleicht eine Kerze oder eine Lampe?«, fragte Aria.
    Erst jetzt fiel ihm auf, wie düster es war. Für ihn zeichneten sich alle Umrisse im Inneren des Raumes scharf ab, aber Aria – oder jeder andere – konnte nicht viel erkennen. Während Perry nie vergaß, dass er ein Witterer war, fiel ihm oft erst in Momenten wie diesem wieder ein, dass er noch einen zweiten extremen Sinn besaß: Er war ein Seher, doch die wirkliche Stärke seiner Augen lag in der unübertroffenen Nachtsicht. Aria hatte dies einmal als Mutation bezeichnet, als eine Auswirkung des Äthers, der diesen Sinn bei ihm stärker geschärft hatte als bei anderen. Er selbst betrachtete das Ganze jedoch eher als einen Fluch – eine Erinnerung an seine Mutter, eine Seherin, die bei seiner Geburt gestorben war.
    Perry öffnete die Fensterläden und ließ das trübe Licht des Spätnachmittags herein. Draußen auf der Lichtung verbreitete sich die Neuigkeit von Arias Ankunft wie ein Lauffeuer. Aber dagegen konnte er wohl nichts tun. Er verschränkte die Arme, und sein Magen krampfte sich zusammen, als er beobachtete, wie Aria den Raum in sich aufnahm. Er konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich hier war, hier in seinem Haus.
    Aria trat neben ihn ans Fenster und betrachtete Talons Sammlung geschnitzter Falken auf der Fensterbank. Perry wusste, dass er mit Bear und Wylan reden musste, aber er konnte sich nicht losreißen.
    Er räusperte sich. »Talon und ich haben sie geschnitzt. Die von ihm sind die gelungenen. Aber der Falke, der wie eine Schildkröte aussieht, ist von mir.«
    Aria nahm die Figur in die Hand und sah sie sich aufmerksam an. Ihre grauen Augen besaßen einen warmen, sanften Ausdruck, als sie zu ihm hochblickte und sagte: »Den mag ich am liebsten.«
    Perrys Blick wanderte zu ihren Lippen. Sie waren allein. So nah waren sie einander das letzte Mal gewesen, als er sie in den Armen gehalten hatte.
    Nach einem kurzen Augenblick legte Aria
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