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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht
Autoren: Veronica Rossi
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die Schnitzerei wieder auf die Fensterbank und trat einen Schritt zurück. »Bist du sicher, dass ich hierbleiben kann?«
    »Ja. Du kannst das Schlafzimmer haben.« Von seinem Standort aus konnte er das Bett seines Bruders sehen, auf dem eine verschossene, rote Decke lag. Es wäre ihm lieber gewesen, sie hätte nicht dort übernachten müssen, aber er sah keine andere Möglichkeit. »Ich schlafe da oben«, erklärte er und deutete mit dem Kinn auf den Dachboden.
    Aria lehnte ihren Umhängebeutel gegen die Wand, warf einen Blick zur Eingangstür und lächelte über ein Geräusch, das seine Ohren nicht hören konnten.
    Eine Sekunde später fegte Roar wie ein dunkler Blitz herein. »Endlich!«, rief er. Dann umarmte er Aria und hob sie hoch. »Wieso habt ihr beide so lange gebraucht? Nein, sagt nichts …« Er schaute zu Perry. »Ich kann es mir schon denken.« Dann setzte er Aria wieder ab und griff nach Perrys Hand. »Gut, dass du wieder da bist, Per.«
    »Was habe ich verpasst?«, erkundigte sich Perry grinsend.
    Doch noch bevor Roar antworten konnte, drängten Wylan, Bear und Reef ins Haus. Sofort herrschte betretenes Schweigen. Die drei blieben sekundenlang einfach stehen, die Augen auf die einzige Fremde unter ihnen gerichtet. Die Stimmungen im Raum wurden schärfer, heizten sich auf und leuchteten rot vor Perrys Augen. Sie wollten sie nicht hierhaben. Er hatte gewusst, dass sie so reagieren würden, aber trotzdem ballten sich seine Hände zu Fäusten.
    »Das ist Aria«, stellte er sie vor und unterdrückte den Drang, sich neben sie zu stellen. »Sie ist ein Halbblut … halb Siedlerin, halb Außenseiterin, wie Reef euch ja schon erzählt hat. Sie wird uns helfen, die Blaue Stille zu finden, und genießt im Gegenzug dafür unseren Schutz. Während ihres Aufenthalts hier bei uns wird sie die Zeichnungen der Horcher erhalten.«
    Die Worte kamen ihm nur schwer über die Lippen, wie Kieselsteine, die aus seinem Mund rasselten. Sie entsprachen zwar der Wahrheit, aber eben doch nur zum Teil und erschienen ihm deshalb eher wie eine Lüge. Perry sah den fragenden Ausdruck in Roars Augen.
    Seine großen Hände ringend, trat Bear vor. »Entschuldige, dass ich frage, Perry, aber wie soll uns ein Maulwurf helfen?«
    Wylan murmelte etwas vor sich hin. Blitzschnell richtete Aria den Blick auf ihn, und auch Roar erstarrte. Beide waren Horcher und hörten genau, was er sagte.
    Perry spürte eine heiße Woge der Wut und hätte Wylan am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Doch dann wurde ihm bewusst, dass das, was er fühlte – das, was ihn gepackt hatte –, in Wahrheit Arias Stimmung war. Er holte tief Luft und versuchte, sich zu beherrschen. »Hast du etwas zu sagen, Wylan?«
    »Nein«, erwiderte der. »Nein, ich wollte nur überprüfen, ob ihre Ohren auch funktionieren«, sagte er mit einem hämischen Grinsen. »Und sie funktionieren.«
    Reef legte Wylan eine Hand auf die Schulter und übte dabei so viel Druck aus, dass der schmächtige Mann zusammenzuckte. »Bear und Wylan haben mir gerade erzählt, was während unserer Abwesenheit passiert ist.«
    Perry wappnete sich für einen Bericht über ihren neuesten Streit. »Lass hören.«
    Bear verschränkte die Arme vor der breiten Brust und runzelte die dichten Augenbrauen. »Letzte Nacht hat es im Vorratsraum gebrannt. Wir glauben, dass es der Junge war, den Roar mitgebracht hat. Cinder.«
    Beunruhigt warf Perry Roar und Aria einen Blick zu. Die beiden waren die Einzigen, die von Cinders einzigartiger Fähigkeit wussten: Der Junge konnte den Äther kanalisieren. Stillschweigend hatten sie Cinders Geheimnis bisher streng gehütet.
    »Niemand hat gesehen, was er genau getan hat«, wandte Roar ein, da er Perrys Gedanken las. »Er ist weggelaufen, bevor ihn irgendjemand schnappen konnte.«
    »Dann ist er also weg?«, fragte Perry.
    Roar verdrehte die Augen. »Du kennst ihn doch. Er wird zurückkommen. Wie immer.«
    Perry bog die Finger seiner vernarbten Hand. Wenn er nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wie Cinder eine ganze Gruppe von Krähern getötet hatte, er hätte es nicht geglaubt. »Wie hoch ist der Schaden?«
    Bear deutete mit dem Kopf zur Tür. »Ist wohl einfacher, wenn ich es dir zeige«, meinte er und ging hinaus.
    Perry blieb auf der Türschwelle stehen und drehte sich zu Aria um. Sie zuckte kurz verständnisvoll die Schultern. Sie waren noch keine zehn Minuten hier, und schon musste er sie wieder verlassen. Das gefiel ihm überhaupt nicht, aber er hatte keine andere
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