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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller
Autoren: Bastei Lübbe
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Kopf hängen. »Geht klar, Chefin.«
    Katherine Elizabeth Ford war siebenunddreißig Jahre alt, groß, blond und gertenschlank. Sie trug einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug mit untadeliger Bügelfalte. Zielstrebig und entschlossen näherte sie sich dem Tatort. »Wie ein Hai, der sich auf sein Opfer stürzt«, hatte einer der Kollegen aus dem Morddezernat einmal über sie gesagt. »Nur dass ein Hai mehr Humor hat«, hatte ein anderer erwidert. Kates Gesicht besaß klare Konturen, die Nase war perfekt geschnitten, das Kinn entschlossen, die blauen Augen zu schmalen Schlitzen verengt. Sie wusste, dass ihre Körperhaltung ein wenig zu steif, ihre Schritte zu schnell und ihr Lachen über die Scherze der männlichen Kollegen nicht herzhaft genug waren. Aber so war sie nun mal, und zum Teufel mit denen, die das nicht akzeptierten.
    »Hallo, Kate!«
    Ein durchtrainierter, weißhaariger Mann trat aus dem Gebäude und kam auf sie zu. Der schicke graue Anzug und das rosafarbene Seidenhemd waren für einen Detective auf Nachtschicht viel zu elegant. Als der Mann die Treppenstufen herunterkam, legte er eine Hand schützend auf seinen Kopf, damit der aufkommende Wind seine Frisur nicht durcheinanderbringen konnte. Himmel, dachte Kate. Der schöne Ken so früh am Morgen ist mehr, als ich ertragen kann. »Hallo, Ken.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Sieht ziemlich übel aus, was?«
    Detective Ken Laxton vom Ermittlungsteam für ungeklärte Todesfälle schüttelte Kate die Hand und machte eine Kopfbewegung in Richtung des Toten. »Der Unglücksrabe ist direkt auf den Stufen gelandet, dabei hätte er es sich nur drei Meter weiter auf einem gepflegten Stück Rasen gemütlich machen können.« Er lachte laut über seinen faden Witz.
    »Von wo ist er gefallen?«, fragte Kate.
    Laxton wies auf einen Balkon auf halber Höhe des Gebäudes. »Fünfter Stock. Wahrscheinlich Selbstmord. Die Tür des Apartments war fest verschlossen, der Alarm eingeschaltet. Biometrische Türschlosssicherung. Nur mit einem Daumenabdruck und einem Code zu öffnen. Die Wohnung ist so groß wie der Buckingham Palace.«
    »Hatte er Familie? Frau? Kinder?«
    »Nein. Junggeselle. Wahrscheinlich konnte er das Alleinsein nicht mehr ertragen.«
    »Du glaubst also, es war Selbstmord?«, fragte Kate. »Hat er einen Abschiedsbrief hinterlassen?«
    »Bislang haben wir nichts gefunden.« Laxton zuckte gleichgültig mit den Schultern.
    Kate grübelte darüber nach. Fast alle Selbstmörder hinterließen einen Abschiedsbrief, wobei es den meisten egal war, wer ihn las. Ein solcher Brief war so etwas wie die letzten Worte. »Sein Vater ist der Duke of Suffolk? Der mit dem dicken Sparbuch?«
    »Fünf Milliarden Pfund, um genau zu sein. Ihm gehören die Hälfte von Covent Garden und West End. Lord Russell hier war der einzige männliche Erbe. Tut mir leid, dass ich dich wecken musste, aber vor diesem Hintergrund kann ich mir keinen Fehler erlauben.«
    Als Detective des Ermittlungsteams für ungeklärte Todesfälle wurde Laxton beim Fund einer Leiche als Erster gerufen, um festzustellen, ob das Opfer eines gewaltsamen Todes gestorben war oder Selbstmord begangen hatte und ob das Morddezernat eingeschaltet werden musste oder nicht.
    »Schon in Ordnung«, sagte Kate. »Du hast das Richtige getan.«
    Laxton wollte etwas sagen, verkniff es sich dann aber. Nach kurzem Schweigen fragte er: »Bist du denn wieder ganz auf dem Damm?«
    »Ich bin in Topform.«
    »Du siehst jedenfalls großartig aus«, sagte Laxton mit geheuchelter Anteilnahme. »Das mit Billy tut mir ehrlich leid. Uns allen.«
    Billy war Leutnant William Donovan, Kates Verlobter und Vorgesetzter. Vor einem Monat hatte es bei einer Verhaftung eine böse Überraschung gegeben, als der Verdächtige plötzlich ohne jede Vorwarnung das Feuer eröffnete. Billy hatte eine Kugel in die Brust bekommen und war auf der Stelle tot gewesen. Kate war zweimal in den Unterleib getroffen worden. Das war noch nicht einmal das Schlimmste gewesen, aber darüber wollte sie im Moment nicht nachdenken.
    »Wenigstens musste er nicht leiden«, fuhr Laxton fort. »Aber es muss ein furchtbarer Schock für dich gewesen sein. Da steht ihr nichts ahnend vor der Tür und glaubt, euren Mann schon so gut wie zu haben. Keine Chance mehr für den Typen, aus der Sache rauszukommen. Und im nächsten Moment ballert er los wie ein Irrer. Mach dir keine Vorwürfe, Kate. Niemand wusste, dass er vorbestraft war. Dich trifft keine Schuld.«
    Kate sah Laxton fest
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