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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor!
Autoren: Richard Gordon
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Fauteuil ausgestreckt, summte vor sich hin und schlug wohlig die Fingerspitzen gegeneinander. Draußen flammte ein Blitz auf, dann krachte der Donner, und ein Wolkenbruch begann sich zu entladen. Der Wetterumschlag löste, wie die Morgenzeitung prophezeit hatte, die strahlende vergangene Woche ab. Das veranlaßte den Vorstand, mit schriller Stimme einige Takte aus dem «Mikado» zu trällern: «Die finstre Wolke ist entschwunden, Und hell erstrahl’n die Morgenstunden.» Er wäre immer schon gerne in Liebhabervorstellungen aufgetreten.
    Als Josephine mit der staubigen Flasche und drei Gläsern zurückkehrte, fuhr der Vorstand munter fort: «St. Swithin kann aufatmen. Unser Land kann aufatmen. Wir stehen alle wieder auf Feld eins. Genau dort, wo wir gemütlich standen, bevor dieser jugendliche Volksaufwiegler Amok zu laufen begann. Diese Scherereien, die ich da auf f. mich nehmen mußte! Diese Sorgen, denen ich mich ausgeliefert sah! Endlich können wir wieder unserer eigentlichen Aufgabe als Ärzte nachgehen, und nicht gewerkschaftlichen Problemen. Für wen ist das dritte Glas?» fragte er scharf.
    «Für Faith natürlich. Sie wird bald hier sein. Sie rief an, um sich für das Wochenende anzukündigen.»
    «Ich verstehe nicht, wie Faith es wagen kann, sich in unserem Haus noch zu zeigen.»
    «Lionel, du kannst doch nicht mit solchen Worten über deine eigene Tochter sprechen. Du solltest dich nach allen Seiten hin als großmütig f erweisen. Das hat Winston Churchill jedem Sieger anempfohlen.»
    Die schwachen Falten, die sich auf der Stirn des Vorstands eingegraben hatten, glätteten sich. «Ja, da hast du recht. Ich bin ja so erleichtert, daß dieser schreckliche Alptraum zu Ende ist. Ich hatte keine Ahnung, daß Dimchurch einer von Lancelots Golfpartnern ist. Lancelot hat einige recht eigenartige Bekanntschaften. Verständlich ist es ja, sonst würde ja niemand in einem zivilisierten Golfklub mit ihm spielen. Übrigens, Lancelot ist unter die Geschäftsleute gegangen.»
    «Ich kann deinen Worten nicht ganz folgen», sagte Josephine, während sie Sherry in zwei Gläser goß.
    «Du hast doch soeben das Telefon gehört? Es war Lord Hopcroft. Der Mann, dem diese sündhaft teuren Hotels gehören. Er hat mich den Kaffee extra bezahlen lassen, wie ich mich erinnere. Wirklich schamlos. Ich höre doch immer, daß Kaffee integraler Bestandteil eines Nobelmenüs ist -»
    Sie unterbrach ihn. «Was sagte Lord Hopcroft, mein Lieber?»
    «Ach ja, richtig. Er ist ganz von der Idee erfüllt, eines seiner Hotels in ein Luxusprivatspital umzubauen. Er möchte es von einem Ärztekollegium betreut wissen, dem Lancelot beizutreten bereits versprochen hat - natürlich bei gewaltig angehobenen Einkünften.»
    «Warum hast du abgelehnt?» fragte ihn seine Frau verblüfft.
    Der Vorstand tippte sich an die Nase. «Ich bin manchmal recht gerieben. Ein derartig beschaffenes Haus wird nie dieselbe Kundschaft anlocken wie ein ihm entsprechendes echtes Unternehmen. Ich meine damit den Bertram-Bunn-Trakt des St. Swithin-Spitals, den ich nun voll neuer Zuversicht ausbauen, und dessen Preise ich hinaufsetzen will. Die Gewerkschaft wird jetzt jahrelang nicht mehr riskieren, einen Narren aus sich zu machen. Der alte Dimchurch wird einen willfährigen Vertrauensmann einschleusen, und wir Ärzte können uns von nun an einfach alles erlauben. Guten Abend, Faith», fügte er hinzu, als seine Tochter sehr ernsten Gesichtes eintrat. «Nimm einen Sherry. Cuvee Butler, die meiner Meinung nach selbst der cuvée Heathcoat Amory überlegen ist, obwohl auch dieser Jahrgang sehr viel für sich hat.»
    «Daddy, ich möchte, daß du Pip wieder in die Medizinische Schule aufnimmst.»
    Der Vorstand sprang senkrecht aus seinem Fauteuil, gleichzeitig ertönte Donnergrollen. «Diesen rotznäsigen Stalin? Diesen geilen Mini-Lenin? Nicht, wie sein Freund Sapworth sagen würde, über meine blutige Leiche!»
    «Daddy, du mußt das sozusagen von der verstandesmäßigen Seite her betrachten», riet sie ihm. «Pip ist wirklich ein schrecklich guter Student, wahnsinnig intelligent und von Haus aus ein enorm fleißiger Arbeiter. Er versprach mir, von jetzt an zu büffeln, und ist überzeugt, daß er im Dezember die Prüfung glatt machen wird. Vor allem, wenn es dann keine einäugigen Patienten gibt.»
    Die Hand des Vorstands zitterte, als er sein leeres Glas Josephine zum Nachfüllen hinhielt. «Chipps selbst steckt dahinter, nicht wahr? Du bist ihm unseligerweise vollständig
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