Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor!
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
populärste Mann des Landes werden, Pip. Wenn du der erste Gewerkschaftsführer wärst, der im Fernsehen sagen würde: Jeder Mensch in England hat die Tyrannei der Gewerkschaften von Herzen satt, das kann ich dir versichern. Überdies sind Krankenhäuser die letzten Orte, an denen die Machtkämpfe der Gewerkschaftsbewegung ausgetragen werden sollten. Du tust nur Menschen weh, die ohnedies schon leiden.»
    «So einfach ist das wieder nicht», wandte Pip ein. «Meine Leute bei der OHA haben auch ein Wort mitzureden. Ich würde sie nie verraten. Und mir nie vergeben, wenn ich es täte.»
    «Du sprichst, als wären deine Anhänger dir mehr verpflichtet als der Königin», sagte sein Vater schroff.
    «Vielleicht mit Recht? Die Gewerkschaften sind ein Staat im Staat. Sie haben den Vorrang auf die Loyalität ihrer Mitglieder, die mehr Angst davor haben, sich gegen die Solidarität der Gewerkschaft zu vergehen als gegen die Gesetze des Landes. Das kommt daher, daß primitive Geschöpfe sich angesichts unserer so komplexen modernen Gesellschaft hoffnungslos verloren und schutzlos Vorkommen. Wenn du das Gewerkschaftsproblem lösen willst, Dad», fügte Pip mit einem Grinsen hinzu, «mußt du ins Mittelalter zurückkehren und von dort in einer anderen Richtung aufbrechen.»
    «Na schön, denk nach über das, was ich gesagt habe.» Dr. Chipps leerte seinen Krug. «In einer Stunde geht mein Zug von Paddington ab.»
    «So bald schon? Ich hab noch immer keine Uhr.»
    «In einer Großstadt, wo dir jede Minute die fliehende Zeit ins Ohr schreit, brauchst du auch keine. Nur auf dem Lande, wo es lediglich hell oder dunkel wird. Ich muß zu meiner Sonderpraxis am Samstagabend zurechtkommen. Sie ist eine Sprechstunde für die seelisch Verstörten, die Depressiven, die Schlaflosen, die Hysteriker, die einfach Unglücklichen, für die von dir soeben erwähnten Leute, die mit dem modernen Leben nicht fertigwerden. Ich nehme mir am Wochenende Zeit, um mit ihnen dazusitzen und zu reden. Ich könnte sie ja zu einem Psychiater schicken, aber ich glaube doch, daß in diesem Fall der gute alte Hausarzt bessere Arbeit leistet. Schließlich kenne ich alle diese Patienten ziemlich gut. Ich versuche ihnen gegenüber die traditionelle Rolle des Arztes aufrechtzuerhalten - ihnen ein Freund in der Gesundheit, ein Helfer in der Krankheit, ein Gefährte im Sterben zu sein. Eine Menge praktischer Ärzte, die mehr zu tun haben als ich, verordnen ihnen schaufelweise Beruhigungsmittel und Barbiturate. Doch ich glaube, daß meine Person weniger toxisch wirkt als derlei Drogen und weniger leicht infolge einer Überdosis zum Tod führt. Außerdem ist jetzt die Angelsaison auf ihrem Höhepunkt», schloß er, «und vielleicht schaut gegen Abend noch eine Stunde am Flußufer heraus.»
    «Aber du hast noch Zeit für ein zweites Bier?»
    «Immer.» Dr. Chipps hob den Krug. « Ich wollte, deine Mutter könnte Zeilen wie diese schreiben.»

    Um dieselbe Zeit lenkte Sir Lancelot Spratt den Rolls-Royce von seiner in der Harley Street gelegenen Ordination westwärts zur City; neben ihm saß einer seiner Patienten.
    «Ich muß schon sagen», bemerkte dieser dankbar, «es bedeutet eine große Erleichterung für mich, daß endlich der Verband abgenommen werden konnte. Fünf Tage sind eine lange Zeit, wenn man, absolut nichts von der Welt ringsum sieht.»
    «Sie haben sich doch an meine Anordnungen gehalten und ihn nicht vorzeitig abgenommen, Alfred? Und sich jeglicher Tätigkeit enthalten?»
    «Ich halte mich stets an die Vorschriften des Arztes. Ich empfinde überhaupt große Hochachtung vor dem ärztlichen Beruf. Und Sie können sich nicht darüber beklagen, daß ich diese nicht unter Beweis stellte.»
    «Gewiß. Nicht viele meiner Patienten würden regelmäßig und zweimal im Jahr zu den Prüfungen kommen und zulassen, daß die Studenten sich den Kopf an ihnen zerbrechen. Ich hoffe nur, daß wir auf Grund Ihrer letzten Erfahrung nicht von nun an auf Ihre Unterstützung verzichten müssen?»
    «Ach, heutzutage gibt’s überall Verrückte», erwiderte der Patient zuvorkommend. «Machen Sie sich keine Sorgen, Lancelot, da muß schon mehr geschehen, um einen Kerl wie mich abzuschütteln. Aber da ich von Haus aus nur ein einziges Auge zur Verfügung habe, bin ich damals zugegebenermaßen recht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher