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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor!
Autoren: Richard Gordon
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Hätte schon vor zwanzig Minuten den doppelten Leistenbruch des Scheichs von Schatt al Schufti unters Messer nehmen sollen.»
    «Es ist kein Augenblick zu verlieren», entgegnete die Oberin heftig.
    «Der Scheich liegt wahrscheinlich bereits in Narkose», wandte Sir Lancelot ein. «Seine Hoheit wurde mir höherenorts als derart wichtig
    für unsere Wirtschaft ans Herz gelegt, daß ich es kaum verantworten kann, ihn - selbst in bewußtlosem Zustand - warten zu lassen.»
    «Kein Augenblick zu verlieren», wiederholte die Oberin.
    «Er hat sich im enorm teuren Penthouse einquartiert, also kann er zumindest einen raschen Service —»
    «Lancelot, weichen Sie mir nicht aus, seien Sie kein Feigling.»
    Sir Lancelot Spratt betrat unterwürfig ihr schmales Büro.
    Der große und breitschultrige Chirurg hatte kastanienbraunes Haar und ein rötliches Gesicht. Stellte man sich ihn bartlos vor - was nur wenigen Leuten im St. Swithin gelang ~s dann sah er, wie viele wohlerzogene und wohlgenährte Engländer, noch immer so aus, wie er als Schuljunge ausgesehen hatte. Sir Lancelots Blick befahl. Sein Lächeln ehrte. Sein Stirnrunzeln vernichtete. Er machte den Eindruck, sich einer mühelosen Verdauung zu erfreuen - ein Eindruck, der immer sehr zum Erfolg eines Arztes beiträgt -, und wenn er auch zugab, weder der beste Chirurg noch der beste Forscher zu sein, konnte er sich des in seinem Beruf unschätzbaren Vorzugs rühmen, wirklich jeden einflußreichen Menschen im Lande zu kennen.
    «Das ist der Gipfel», erklärte die Oberin, während sie die Tür hinter ihm zuknallte. «Ich reiche mein Rücktrittsgesuch ein.»
    «Aber, aber», beruhigte Sir Lancelot sie. «Aber, aber. Sie belieben wohl zu scherzen?»
    «Ich, und scherzen!» Sie lachte auf, und es klang wie das Aneinanderreiben von zwei Blatt Schmirgelpapier.
    «So eine Entscheidung darf man nicht übers Knie brechen. Sie würde uns alle hier im Bertie Bunn auf das schwerste treffen, sowohl Ärzte wie Patienten -»
    «Nehmen Sie das Wort nicht in den Mund», unterbrach sie ihn wütend.
    Sir Lancelot strich sich über den Bart und unterdrückte nicht nur seine Ungeduld, endlich in den Operationssaal zu kommen, sondern auch den Impuls, die Oberin übers Knie zu legen und ihren rundlichen Hintern zu bearbeiten. Müde, aber zuversichtlich ging er auf das alte Spiel ein, das er schon so oft gespielt hatte. Er hatte längst erkannt, daß der neu eröffnete Bertram-Bunn-Trakt seine normalen klinischen Pflichten zusätzlich noch mit administrativen und diplomatischen Aufgaben belastete, denen ein weniger sturmgeprüfter Mann als er nicht gewachsen gewesen wäre.
    «Diese Patienten! Ihretwegen trete ich zurück. Diesmal unwiderruflich. Noch dazu einer von den Ihren», hackte sie auf ihn los. «Genauer gesagt: jener, den Sie soeben operieren wollen. Der das Penthouse und die zwei obersten Stockwerke in Beschlag genommen hat. Dessentwegen das Auswärtige Amt fortwährend anruft, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Der Mensch mit allen diesen Rolls-Royces.» Sie erschauerte. «Er hat auf den Fußboden gemacht.»
    «Ogottogott», sagte Sir Lancelot ergriffen. Hilfreich fugte er hinzu: «Vielleicht war’s nur ein Zufall?»
    «Wieso Zufall? Er macht jeden Morgen auf den Fußboden.»
    Sir Lancelots Züge nahmen einen schmerzlichen Ausdruck an. «Läutete er denn nicht um eine Bettschüssel? Das Alarmsystem in diesem Trakt ist allerdings derart raffiniert ausgeklügelt, daß es völlig unverläßlich ist. In Fällen von Herzstillstand erscheint die Feuerwehr mit ihren Schläuchen, und dieser widerwärtige Voyeur von einem Fernsehtechniker taucht auf, wenn eine Frau in die Wehen kommt—»
    «Bettschüssel!» schnitt ihm die Oberin verächtlich das Wort ab. «Ich selbst habe ihm eine angeboten. Eigenhändig. Er winkte herrisch ab. Der Dolmetscher erklärte, Seine Hoheit werde sich nie so weit erniedrigen, auf einem derart unwürdigen Gerät zu sitzen.»
    «Er ist eben der Scheich von Schatt al Schufti», überlegte Sir Lancelot.
    «Soll das ein schlechter Witz sein?»
    «Du lieber Gott, nein. Das ist mir nur so entschlüpft. Aber hab ich nicht irgendwie recht?»
    «Besitzen Sie denn gar kein Schamgefühl?»
    «Meine liebe Oberin, Sie müssen bedenken, daß der Scheich gewohnt ist, die bewußte Sache in seinem Zelt, oder wo immer er haust, so und nicht anders zu erledigen. Nachher kommt dann ein Mann mit einer Schaufel und einem kleinen Besen, nicht viel anders als bei uns,
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