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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor!
Autoren: Richard Gordon
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Volkes verstoßen.»
    Ohne diesem Vortrag Gehör zu schenken, starrte der Institutsvorstand ärgerlich auf die Zeitungsnotiz. «Wir werden nicht wieder das Glück haben, unter die Herrschaft eines unreifen Jungen zu kommen, der Sexo- mit Kleptomanie kombiniert. Diese Gewerkschaftsbosse wissen sehr gut, daß im St. Swithin etwas faul war. Sie werden dafür sorgen, daß unsere OHA-Mitglieder einen wirklich sturen Kerl als neuen SS-Mann wählen.»
    «Ich beklage Krankenhäuser, die - wie jede andere Institution in unserem Land - zum Zirkus der Gewerkschaftspolitik werden», bemerkte Sir Lancelot arrogant, als ihm der Lunch serviert wurde.
    «Aber das ist eine triviale Aktivität, verglichen mit unserem Bemühen, Patienten wieder auf die Füße zu stellen. Wie gering wertet man doch die kleinen Wunder der modernen Wissenschaft», sagte er, sein Glas hebend. «Dieser frische Orangensaft wird in pausenlos gekühlten Behältern aus den feuchtschwülen Hainen Floridas herübergebracht, um meine flüchtige Genußsucht im Schatten der St.-Pauls-Kathedrale zu befriedigen. Wundervoll. Das hätte sich selbst ein Bertram Bunn nicht träumen lassen.»
    Der Institutsvorstand faßte sein Gegenüber scharf ins Auge. Niemandem im St. Swithin war verborgen geblieben, wie sentimental Sir Lancelot nach dem Tod seiner Frau geworden war. Sollte es sich bei so viel Weichheit am Ende um tatsächliche Gehirnerweichung handeln?

3

    Als Sir Lancelot seine Sandwiches gegessen hatte, blickte er auf die Uhr und entschuldigte sich. Er mußte eine neue Patientin begrüßen.
    Als er die Rolltreppe verließ, die ins Erdgeschoß führte, sah er, daß die Patientin bereits eingetroffen war. Die zwei braunbemantelten Krankenträger und das Mädchen im weißen Overall hinter dem Plastiktisch begannen breit zu grinsen, stießen sich gegenseitig an und flüsterten aufgeregt: «Schau doch, Brenda Bristols!»
    Brenda Bristols war eigentlich gar keine große Schauspielerin, die ihr Publikum in Ehrfurcht erstarren machte. Sie verstand sich vielmehr großartig darauf, jedem Mann das Gefühl zu geben, sein Mädel sei auf die Bühne oder den Bildschirm getreten und albere dort herum. Brenda erfreute sich ungeheurer Beliebtheit. Ihre «Los mit .. .»-Filmserie schien kein Ende zu nehmen. Und sie glich keineswegs vielen ihrer Zeitgenossinnen, die außerhalb der Bühne in ausgefransten Jeans und zerknitterten T-shirts herumlungern und aussehen, als hätten sie soeben eilends aus einem brennenden Schlafzimmer flüchten müssen. Brenda Bristols rief die disziplinierte Tradition der dreißiger Jahre wach, als sich Filmstars noch in Kleider hüllten, die dem grauen Leben der Depressionszeit Farbflecke aufsetzten. Den Bertram-Bunn-Trakt betrat sie mit einem scharlachroten Strohhut von ein Meter Durchmesser und einem langen, mit grünem Flitter besetzten Kleid, das, wie Sir Lancelot bemerkte, vorne bis unterhalb des Blinddarms ausgeschnitten war.
    «Holdrio, Lancelot!» Sie winkte ihn heran, drückte ihn an sich und küßte ihn. «Sind meine Titten wirklich in Ordnung?» fragte sie ihn ängstlich.
    «Ein durchaus gutmütiges Fibrom, meine Liebe, ich versichere es Ihnen», beruhigte er sie höflich. «Ein Klümpchen von keiner wie immer gearteten unerfreulichen Bedeutung. Ich werde es so leicht herausnehmen wie eine Pflaume aus einem Pudding. In wenigen Tagen sind Sie wieder zu Hause, zuverlässig.»
    «Die Leute fassen es fortwährend an.» Brenda Bristols sah sich in der Lobby um. «Sieht’s hier aber ulkig aus! Wie in einer Neufassung von »
    «Wir sind hier sehr kosmopolitisch. In den sonnendurchglühten Dörfern, in denen diese Leute sonst ihren Lunch verzehren, würden die von uns für notwendig gehaltenen Utensilien - Tische, Sessel, Messer, Gabeln und sonstige Zutaten - nur störend empfunden werden.»
    «Habt ihr denn gar keine britischen Patienten?»
    «Bedauerlich wenige können sich die heutigen Preise leisten.»
    «Was passiert, wenn irgend so ein vor dem Hospitaleingang überfahren wird?»
    «Dann wird er um die Ecke in das St. Swithin eingeliefert, das vom Volksgesundheitsdienst unterhalten wird. Die Krankensäle sind zwar seit den Tagen meines Praktikums beträchtlich komfortabler geworden, sind aber doch nur eine Art Touristenklasse im Vergleich mit unserer Ersten Klasse.» Aus dem Augenwinkel erfaßte Sir Lancelot, daß die Oberin aus ihrer Kanzlei neben dem Eingang herausstürzte. «Dies ist
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