Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesponnen aus Gefuehlen

Gesponnen aus Gefuehlen

Titel: Gesponnen aus Gefuehlen
Autoren: Marah Woolf
Vom Netzwerk:
Uhr. Noch fünfzehn Minuten. Er würde froh sein, wenn sie gehen konnten. Er war sich von Anfang an nicht sicher gewesen, ob dieser Ort für ein Treffen gut genug gewählt war. Einerseits war er öffentlich, was für ihn sprach. Andererseits war er schwer überschaubar. Aus zwei Türen konnte dieser Raum betreten werden. Er musterte Lucys Gesicht. Sie hatte Schmerzen, das sah er deutlich. Miss Olive zog ein Büchlein aus ihrer Tasche und schlug es auf. Nathan stöhnte innerlich, als sie anfing, darin herumzublättern. Konnte sie Lucy das verdammte Buch nicht einfach geben? Etwas braute sich zusammen, das spürte er. Lucy war hier nicht sicher. Sie mussten fort. Er trat an eins der Fenster und sah in den Innenhof. Dieser war zu spärlich beleuchtet, als dass er etwas erkennen konnte. Der Aufseher trat an ihn heran.
    »Wir schließen«, sagte er zu Nathan. »Sie müssten den Palast verlassen.«
    Nathan nickte, wandte sich den Frauen zu und erstarrte. Durch die Tür am anderen Ende des Raumes trat Sirius. Mit vor Wut funkelnden Augen sah er zu Lucy und Miss Olive.
    Nathan begann zu rennen. Die Frauen hatten den Mann ebenfalls entdeckt und waren aufgesprungen. Hilfe suchend schaute Lucy Nathan entgegen. Während er auf sie zu rannte, verfluchte er sich dafür, dass er sich so weit von ihnen entfernt hatte. Der Eingang, durch den Sirius getreten war, lag viel näher. Auch Sirius machte sich jetzt im Laufschritt auf den Weg. Miss Olive griff nach Lucys Hand und versuchte, sie zur anderen Seite des Saales zu ziehen. Mit ihrem verletzten Bein war es Lucy unmöglich zu rennen. Immer wieder sahen die Frauen sich nach ihrem Verfolger um. Nur noch wenige Schritte, dann hatte er sie erreicht.
    Nathan sah, dass Sirius in die Tasche seines Jacketts griff. Als er erkannte, welchen Gegenstand er herauszog, riss er die Augen auf.
    Sirius blieb stehen und zielte mit der Gelassenheit eines eiskalten Killers auf Lucy.
    »Lucy«, schrie Nathan und Miss Olive schob sich vor sie. Die Kugel verlies mit ohrenbetäubendem Knall den Lauf der Pistole. Der Aufseher begann zu kreischen, als die Frauen durch die Wucht des Geschosses zu Boden fielen und reglos liegen blieben. Es war nicht zu erkennen, welche der beiden getroffen war. Sirius schritt unbeirrt weiter. Nathan blieb stehen, zog die Pistole, die er seinem Großvater entwendet hatte, aus seinem Hosenbund und feuerte ebenfalls ab.
    Sirius blieb nur einen Meter von den Frauen entfernt stehen und blickte verwundert auf den roten Fleck, der sich auf seinem Hemd ausbreitete, dann krachte er auf den roten Teppich.
    Nathan kniete neben Lucy und Miss Olive nieder. Lucy stöhnte und Nathan half ihr unter der bewegungslosen Miss Olive hervor.
    »Bist du verletzt? « , fragte er.
    »Nein. « Sie bettete Miss Olives Kopf auf ihre Beine. Mit Tränen in den Augen blickte sie Nathan an.
    »Ist sie tot?«, fragte sie ihn.
    Nathan versuchte, am Hals der alten Frau einen Funken Leben zu erspüren. Ganz leicht spürte er den Puls unter seinen Fingern.
    »Rufen Sie einen Arzt«, befahl er dem Aufseher, der sich zitternd hinter einem Stuhl verborgen hatte. Dann griff er nach Lucys Hand.
    »Wir müssen weg hier«, sagte er. »Die Ärzte kümmern sich um sie. Man darf uns hier nicht finden. Hörst du mich, Lucy?«
    Lucy schüttelte den Kopf. »Ich werde sie nicht verlassen. Sie hat sich für mich geopfert.«
    »Sirius ist bestimmt nicht allein«, sagte er eindringlich. »Sie würde nicht wollen, dass sie dich kriegen. Nicht, nachdem sie das getan hat..«
    Miss Olives Augenlider flatterten.
    »Miss Olive, hören Sie mich?«, schluchzte Lucy. »Der Arzt wird gleich da sein. Nur noch ein paar Minuten.«
    Nathan warf einen Blick auf den regungslosen Sirius. Es würde ihn nicht wundern, wenn der Koloss sich wieder aufrichtete. Die Kraft, die sein Großvater da entfesselt hatte, erschien ihm teuflisch.
    »Du musst gehen, Kind«, flüsterte Miss Olive kaum vernehmbar. »Vergiss das Buch nicht, dort steht alles drin, was ich herausgefunden habe.« Erschöpft hielt sie inne.
    Nathans Blicke suchten nach dem Buch. Endlich entdeckte er es. Miss Olive hatte es unter sich begraben. Langsam zog er es hervor.
    »Komm«, sagte er sanft zu Lucy. »Es ist besser so, du musst uns glauben.«
    Lucy nickte und zog ihre Jacke aus. Behutsam bettete sie Miss Olives Kopf darauf.
    »Passen Sie gut auf sie auf, Nathan«, wisperte diese. Dann röchelte sie und ein dünner Streifen Blut bahnte sich seinen Weg ihren Mundwinkel entlang.
    Noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher