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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
Autoren: Kristen Simmons
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wir sie zurückgelassen hatten, den starren Blick stur nach vorn gerichtet.
    »Wir müssen in den Truck umsteigen, Rebecca«, sagte ich. »Wir bringen dich an einen sicheren Ort. Du musst vor der MM keine Angst mehr haben.«
    Ich hoffte, sie nahm meine Zweifel nicht wahr. Ich war noch nicht in dem sicheren Haus gewesen. Ich wusste nicht, wie es dort war oder ob wir dort wirklich sicher wären. Es war ein Ort der Hoffnung und der Träume, und soweit ich es beurteilen konnte, mochte es weiter nichts als ein schönes Märchen sein.
    Keiner der beiden rührte sich.
    »Wir müssen los«, drängelte Chase. »Sean.«
    Seans Hände umklammerten die Lehne des Sitzes vor ihm. Einen endlosen Moment lang starrte er Chase nur an. Dann nickte er.
    »Becca«, sagte er, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Willst du, dass ich dich zurückbringe?«
    Was tat er da? Wir konnten jetzt nicht mehr zurück. Wir durften keine Sekunde länger in dieser Stadt bleiben.
    Rebecca antwortete nicht.
    »Wir sind nicht weit weg«, fuhr er fort. »Wenn du es willst, bringe ich dich zurück. Aber du musst wissen, dass ich dich dort nicht allein zurücklassen werde. Ich werde dich nie wieder allein lassen.«
    Ein leises Wimmern ertönte auf Rebeccas Seite des Vans.
    »Ich hatte einen Bruder, Becca. Er war neun, als ich mich verpflichtet habe. Ich habe dir nie von ihm erzählt, weil ich ihn dort zurückgelassen habe, in St. Louis, in diesem Zwei-Mann-Zelt, das unser Vater uns gekauft hat, als wir Kinder waren.« Seans Stimme versagte, und er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Er hat geschlafen, als ich gegangen bin. Mein Dad war da schon über eine Woche weg, und ich wusste, dieses Mal würde er nicht zurückkommen. Und ich konnte das nicht. Ich konnte nicht für ihn sorgen. Darum habe ich mich verpflichtet. Nur ein Mal bin ich zurückgegangen, aber er war weg. Einer von der Fürsorge hat ihn geholt, haben die Nachbarn gesagt. Sie haben ihn in Pflege gegeben. Ich habe mir gesagt, das wäre besser, als mit mir zu sterben, aber das war eine Lüge. Er war mein Bruder, und ich habe ihn im Stich gelassen, und diesen Fehler werde ich nicht noch einmal begehen.«
    Ich fühlte Chase’ Blick auf mir ruhen.
    »Antworte mir einfach«, drang Sean weiter in Rebecca. »Wir gehen gemeinsam in das sichere Haus, oder wir gehen gemeinsam zurück zum Krankenhaus. Was willst du? Willst du zurückgehen?«
    Sean machte sich nichts vor. Er wusste genau, was passieren würde, sollte er zum Krankenhaus zurückkehren. Aber es war ihm egal.
    Eine heiße, schuldbeladene Träne rann über meine Wange.
    »Nein«, wisperte Rebecca.
    Zu überstürzt griff Sean nach ihr und zog sie ungestüm in seine Arme. Sie wehrte sich, wand sich in seinem Griff, aber er ließ nicht los, nicht einmal, als sie auf seinen Rücken schlug. Ich wollte dazwischengehen, aber Chase zog mich von dem Wagen weg. Seine Arme schlangen sich um meine Taille, und ich ließ mich gegen seinen Körper fallen und hasste, dass sie verletzt war und ich es nicht würde in Ordnung bringen können.
    Bald hörte das Schlagen auf. Hoffnungsvoll blickte ich auf, musste aber erkennen, dass Rebecca einfach erschöpft war. Ihr Kopf hing kraftlos auf Seans Schulter.
    Er nahm die Gelegenheit wahr, um sie auf die Arme zu heben wie ein Kind, das auf der Couch eingeschlafen war, und sie zum Truck zu tragen, wo er sie vorsichtig auf der Heckklappe absetzte. Dann kletterte er hinein, hob sie erneut hoch und trug sie in den dunklen Laderaum.
    Ich sah den Leuten aus Chicago nacheinander ins Gesicht, forderte sie mit Blicken heraus, zu lachen oder auch nur zu grinsen, aber niemand gab auch nur einen Ton von sich. So etwas hätte jeden von uns treffen können, und das wussten sie.
    »Nacht, Ladys«, sagte Truck und zog das Rolltor herab.
    Wie bei der Fahrt in dem Horizons-Lieferwagen spürte ich auch jetzt, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat und Panik meine Lunge beengte. Aber nun, erstmals, lag es nicht daran, dass ich fürchtete, Tucker könnte mich angreifen. Es gab Schlimmeres, worum ich mir Sorgen machen musste, als den Mörder meiner Mutter.
    Der Truck rumpelte über die Straße, und wir hielten uns aneinander fest, um nicht den Halt zu verlieren. Jemand betete auf Spanisch. Jack murmelte vor sich hin, dass wir nicht weggehen sollten. Dass immer noch Leute in den Tunneln wären. Leute, die wir retten könnten.
    Wir hatten nichts mehr. Weder Kleidung zum Wechseln noch die Briefe, die ich Chase geschrieben hatte, oder
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