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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
Autoren: Kristen Simmons
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der MM die richtige Richtung gewiesen. Hatte diese Long Distance Explosive Devices losgeschickt und unsere Familien und Freunde ermordet. Unsere Chance, Frieden zu finden, zunichte gemacht.
    In der Morgendämmerung deutete Jack auf die Ruinen eines Hauses, das Tage zuvor noch als Krankenhaus gedient hatte. Chase stürzte sich auf den Schutt, um es auszugraben. Er arbeitete so schonungslos, dass seine Arme bald bluteten und sein Hemd von salzigem Schweiß getränkt war, der jegliche Träne, die es wagte, aus seinen Augen zu rinnen, überlagerte.
    Sein Onkel ist tot, dachte ich, während ich ihm zuschaute. Ich bin alles, was ihm geblieben ist. Und obgleich ich dieses Gefühl nur zu gut kannte, litt ich mit ihm.
    Ich stolperte davon, umrundete die herumliegenden Kinkerlitzchen aus einem alten Andenkengeschäft, die Ohren gen Himmel gespitzt wie damals, als wir Flugzeuge beobachtet hatten. Ich dachte an Sarah, die schwanger und verängstigt war, als ihr Leben frühzeitig ein Ende fand. An Rebecca, die schon auf einem glatten Zementboden kaum laufen konnte, umso weniger auf unebenem Sandboden, und an Trucks Worte im Tunnel: Was hätten wir mit ihm machen sollen, nachdem wir ihn rausgeholt hätten? Wir können ihm hier unten nicht die notwendige Versorgung bieten. An Sean, der nie wieder von ihrer Seite weichen würde.
    Insgeheim war ich nun froh, dass meine Mutter es nie bis zu diesem verlorenen Ort geschafft hatte.
    Zerbrochene Schneekugeln verteilten sich über den Boden wie bruchstückhafte Erinnerungen an eine glücklichere Zeit. Ich sammelte ein paar ausgefranste Badetücher ein, die die Explosion überstanden hatten, aber sie lagen unerträglich schwer auf meinem verletzten Handgelenk.
    Meine Augen fixierten eine Gestalt in der Ferne, die auf der Motorhaube eines Wagens hockte, der mitten auf die die Straße gerutscht war. Ihre Arme und Haare waren geschwärzt, und ihr dünner Schatten streckte sich hinter ihr aus.
    Meine Beine schmerzten, als ich mich näherte, bis auf die Knochen zerschlagen von den Explosionen in den Tunneln, doch die Gestalt drehte nicht einmal den Kopf.
    »Billy«, sagte ich vorsichtig. Er starrte tausend Meter an mir und der Ruine zu unseren Füßen vorbei und hinaus auf die graue See. Sein Körper wirkte so kraftlos wie der einer Puppe, deren Polsterung entfernt worden war, und als er sich erhob, war er außerstande, sich ganz aufzurichten.
    »Er ist tot, Ember. Wallace ist tot.«
    Wieder war einer von uns zur Waise geworden und viel zu früh gealtert.
    »Billy, es tut mir leid.« Ich griff nach seiner Hand. Sie war eiskalt.
    »Ich habe das Gefühl, ich müsste es jemandem sagen – ist das nicht komisch? Da ist doch niemand übrig, dem ich es sagen könnte.«
    Er drückte meine Hand, und ehe ich wusste, wie mir geschah, umarmte er mich, und ich umarmte ihn, und wir weinten beide.
    Dann fiel mein Blick auf drei weiße Linien, die in die Haube des Wagens geritzt worden waren, auf der er gesessen hatte. Drei Narben, genau wie die, die ich an Caras Schlüsselbein gesehen hatte, als wir uns in Greeneville umgezogen hatten.
    Drei waren hier gewesen. Vielleicht hatte Cara für sie gearbeitet. Aber das war nicht mehr wichtig. Cara und Drei gab es nicht mehr.
    Wir waren alles, was noch übrig war.
    »Es gibt Menschen, denen du es erzählen kannst«, hörte ich mich Worte der Wahrheit formulieren. »Wir müssen den Leuten sagen, was passiert ist, Billy. Was meiner Mom und Wallace passiert ist. Wir sagen es jedem. Jedem, der es wissen muss. So werden wir dem ein Ende machen.«
    Inzwischen zitterte ich. Mir war, als bebte die ganze Welt unter meinen Füßen, und das sollte sie auch, denn bald würde alles anders sein. Ich wusste nicht, wie, aber ich würde die Geschichte meiner Mutter erzählen. Und meine auch. Und vielleicht, vielleicht , würde das etwas bewirken.
    Jemand näherte sich, und als Billy sah, dass es Chase war, wandte er sich ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
    Ich ging zu ihm, suchte seine Nähe, doch als ich seine Miene sah, hielt ich inne, und meine Nackenhaare richteten sich auf.
    »Spuren«, verkündete er mit heiserer Stimme. »Ein paar der Jungs haben Spuren gefunden, die nach Süden führen.«
    Überlebende.
    Er dachte an seinen Onkel. Ich sah es in seinem Gesicht.
    Sofort fing es in mir wieder an zu brodeln, doch das, was dieses Mal brodelte, war Hoffnung. Meine Hand glitt in Chase’, und wir sahen uns noch ein letztes Mal zu den verkohlten Ruinen um, die
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