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Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall

Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall

Titel: Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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einer Tasse Tee saß eine vielleicht 50-jährige, etwas füllige Frau am Küchentisch und knetete einen kleinen, weißen Ball, der einmal ein Papiertaschentuch gewesen war. In nervöser Erwartung sah sie den Beamten entgegen. Das Haar leuchtete rotblond, sie trug große goldene Ohrringe und einen Pulli mit Wildkatzenmuster. Auf dem Tisch lag neben einer Packung Taschentücher ein Personalausweis, den sie sofort unaufgefordert präsentierte. Ihr Name war Lydia Sobolew.
    »Ah, Sie kommen aus Russland«, stellte Angermüller nach einem Blick in den Ausweis fest.
    »Ich bin dort geboren. Aber ich bin Deutsche«, entgegnete sie mit Nachdruck und unverkennbar schwerem Akzent, »Sie sehen ja an meine Ausweis.«
    »Dann erzählen Sie doch bitte mal, Frau Sobolew, wie das heute Morgen abgelaufen ist.«
    »Also, ich habe einen Schlüssel für Wohnung, weil Herr Hagebusch immer weggeht, bevor ich zum Putzen komme. Stört Konzentration, sagt er. Also, ich schließe auf, ziehe Mantel aus im Flur und riecht so komisch in ganze Wohnung. Ich denke, ob er hat wieder gekocht. Macht er nicht oft, aber dann sieht nämlich Küche immer aus wie originaler Saustall!«
    Für einen Moment hatte sie ihren Schock über das Gesehene vergessen.
    »Ich packe Tasche in Küche und gucke, aber hat nix gekocht. Ich denke, erst einmal in Schlafzimmer lüften, und da muss ich durch Arbeitszimmer. Und da lag Morgenmantel auf dem Boden …«
    Frau Sobolew schob sich die Papierkugel in den Ärmel ihres Pullovers und fingerte ein frisches Taschentuch aus der Packung, was auch nötig war, da ihr mit einem Mal Tränen in die Augen schossen und ihre Nase zu laufen begann.
    »Und dann hab ich gesehen der arme Herr Hagebusch sitzen«, jammerte sie, während ihre Stimme sich immer weiter in die Höhe schraubte und schließlich in einer Art Sirene endete. Jansen verzog gequält das Gesicht.
    »Haben Sie denn schon lange für Herrn Hagebusch gearbeitet?«, fragte er schnell. Frau Sobolew schnaufte kurz auf.
    »Mehr als ein halbes Jahr schon. Ich habe Job von meiner Schwiegermutter übernommen, die hat vorher drei Jahre gemacht.«
    »Wie oft sind Sie zum Putzen hergekommen?«
    »Einmal jede Woche.«
    »Und die Wohnungstür, war die abgeschlossen, als Sie heute gekommen sind?«
    »Nein, war nur zugezogen. Aber das war meistens so, nichts Besonderes.«
    »Und ist Ihnen in der Wohnung sonst etwas aufgefallen? War irgendwas anders als gewöhnlich?«
    Ihrem angestrengten Blick war anzusehen, wie sie sich bemühte, sich zu erinnern.
    »Im Flur war Schirmständer umgefallen und dann die schlechte Luft. Und liegen auch paar weiße Flocken im Flur, aber sonst alles gleich wie immer, bis auf Herrn Hagebusch in Arbeitszimmer.«
    Nun breitete sich wieder das Entsetzen auf dem Gesicht der Frau aus.
    »Ich denke, das war’s, Frau Sobolew. Vielen Dank. Wir haben ja Ihre Nummer, falls wir noch Fragen haben. Sie können jetzt nach Hause gehen«, sagte Angermüller schnell, bevor sie erneut losheulen konnte. Etwas erstaunt über das schnelle Ende schaute sie die Beamten an und stand von ihrem Stuhl auf.
    »Armer Herr Hagebusch«, nickte sie bekümmert. »Auf Wiedersehen. Putzstelle jetzt wohl weg.«
    »Frau Kornelius«, sprach Angermüller nach Frau Sobolews Abgang die Hausbesitzerin an, »wie lange hat der Herr Hagebusch denn hier im Haus gewohnt?«
    »Das müssen wohl bald sechs Jahre sein«, antwortete sie nachdenklich. »Die Zeit vergeht! Das magst gar nicht glauben.«
    »Und was war er so für ein Mieter?«
    »Er war sehr zurückgezogen, ein sehr ruhiger Mann. Erstaunlich, wenn man so seine Zeitungsartikel gelesen hat. Da hat er ja man ganz schön freche Sachen geschrieben, manchmal. Seine Miete hat er immer pünktlich gezahlt. Das gab nie Probleme.«
    »Und er lebte allein in der Wohnung?«
    »Das nehme ich wohl an. Den Vertrag hat er jedenfalls allein unterschrieben. Er hatte selten auch mal jemanden zu Besuch, das ja. Aber ich hätte das wohl bemerkt, wenn da ständig noch jemand ein- und ausgegangen wäre.«
    Angermüller glaubte der wachen alten Hausbesitzerin aufs Wort.
    »Wissen Sie, ob er Familie hatte?«
    »Tut mir leid«, bedauerte Frau Kornelius, »da kann ich Ihnen gar nicht helfen. Wie gesagt, er war immer sehr für sich, der Herr Hagebusch.«
    »Haben Sie irgendwas bemerkt gestern oder heute Nacht? Unbekannte Leute hier im Haus oder ungewöhnlichen Lärm, Geräusche?«
    »Nicht, dass ich wüsste«, verneinte die alte Dame, »aber ich höre auch nicht mehr ganz so
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