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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft
Autoren: Robert Goddard
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Attentäter als Wachen auf ihn.« Ja. Und hinter dem Attentäter lauerte die Concentric Alliance, um die Wellen zu zählen, die von diesem vorherbestimmten Ereignis in eine noch weiter entfernte Zukunft schlugen, bis hin zum Mai 1932 - und noch darüber hinaus.
    Einige Tage später, im Zug von Belgrad nach Wien, geriet ich in eine Pokerpartie mit einigen wohlhabenden Mitreisenden. Einer von ihnen ähnelte in Verhalten und Aussehen so sehr Faraday, dass ich nicht widerstehen konnte, ihn mit einem einzigen Blatt Red Dog um den größten Teil seines Gewinnes zu betrügen. Die Rache war zwar nur stellvertretend, aber sie zeitigte ein unerwartetes Ergebnis. Ein aufrichtiger, doch achtsamer Australier, der das Spiel mit plus minus null beendet hatte, trat am Südbahnhof von Wien an mich heran und drängte mich dazu, mit ihm und seiner Frau in seinem Hotel zu dinieren. Dort entpuppte er sich als Donald Beaumont, Millionär, Buchmacher und Besitzer einer Kette von Wettbüros von Perth bis Parramatta. Er war gerade dabei, in das Cashgeschäft einzusteigen, und brauchte Angestellte, die die Kniffe des Gewerbes kannten. Und wer konnte besser auf die Kunden achten als ein flotter Engländer mit einem gewissen Gespür dafür, die Karten zu verteilen? Dazu hörte sich sein Gehaltsvorschlag außerordentlich attraktiv an. Er gab mir vierundzwanzig Stunden, darüber nachzudenken.
    In dieser Nacht versuchte ich die Strecke nachzugehen, die Duggan und Oberst Brosch bei ihrem Treffen am Donaukanal am 20. Juli 1914 gegangen waren. Aber das war hoffnungslos. Ihre Schritte waren verblasst, zusammen mit ihren Geheimnissen. Es war einfacher - und sicherer -, so zu tun, als hätten sie sich niemals unterhalten, weder miteinander noch mit mir. Die Zeit war gekommen, die Verfolgung der Spur aufzugeben und in einem Land von vorn zu beginnen, wo ich niemanden kannte und wo mich niemand kannte. Am nächsten Morgen nahm ich Beaumonts Angebot an.
    Und so kam ich unter Umständen nach England zurück, die ich mir niemals vorgestellt hätte. Ich hatte eine Fahrkarte für die S. S. Orama, die am Samstag, dem 21. Juni, von London aus nach Brisbane fahren würde. Ich erreichte London am Donnerstag, dem 16. Damit blieb mir kaum eine Woche, um meiner Familie das längst überfällige Lebewohl zu entbieten. Eine Weihnachtskarte aus Venedig, ohne Adresse, an die man hätte zurückschreiben können, war meine einzige Bemühung gewesen, mit ihr in Kontakt zu bleiben, seit ich Maggie sieben Monate zuvor im Foyer des Letchworth Hall Hotel stehen gelassen hatte. Wie immer würden meine Erklärungen nicht akzeptabler sein als meine Entschuldigungen. Vielleicht entschied ich mich deswegen, zuerst Felix zu besuchen. Wenigstens er würde sich freuen, mich zu sehen.
    Doch zu meinem Erstaunen stellte ich am nächsten Tag in Napsbury fest, dass er nicht mehr dort war.
    »Er wurde im Januar entlassen«, informierte mich die Oberschwester.
    »Entlassen?«
    »Nun, eigentlich überwiesen. In die Brabazon-Klinik.«
    »Die was?«
    »Das ist ein privates Krankenhaus in London. Es hat einen sehr guten Ruf. Sie leisten dort hervorragende Arbeit. Selbstverständlich, wenn wir den Patienten hier genauso viel Aufmerksamkeit schenken könnten wie die im Brabazon, bin ich sicher...«
    »Sie sagen, das Brabazon ist privat?«
    »Sicher. Und äußerst teuer. Die Gebühren sind astronomisch. Aber sie sind jeden Penny wert, glaube ich. Wenn man es sich leisten kann.«
    Weder mein Vater noch meine Schwester konnten sich das leisten. Das war das Geheimnis. Ich nahm ein Taxi nach Hatfield und erwischte den nächsten Zug nach Letchworth. Es war fast halb vier, als ich ankam, also ging ich zur Norton School. Ich wollte Maggie lieber am Tor treffen als mich meinem Vater allein in Gladsome Glade stellen. Der Nachmittag war heiß, und Letchworth zeigte sich in seiner lähmendsten Ruhe. Die Gartenstadt in vollster und ernstgemeinter Blüte.
    Einige ihrer kleinen Bürger strömten bereits heraus, als ich die Schule erreichte. Ich sah Maggies Wagen auf dem Schulhof, lehnte mich gegen die Motorhaube und wartete darauf, dass sie herauskam. Als sie es dann einige Minuten später tat, wurde sie von einem Stapel Schulhefte geradezu niedergedrückt. Aber von Überraschung war verdächtig wenig zu bemerken.
    »Ich habe dich vom Lehrerzimmer aus gesehen«, erklärte sie und kniff mich schwesterlich in die Wange. »Da du ja wie immer unangemeldet auftauchst, habe ich nicht lange gebraucht, um mich vom Schock
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