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Geschichte Irlands

Geschichte Irlands

Titel: Geschichte Irlands
Autoren: Benedikt Stuchtey
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Diversität von Produkten für einen zu kleinen Markt hergestellt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg beflügelte das wirtschaftliche Wachstum die Metall- und die Chemieindustrie, außerdem den Maschinen- und Gerätebau und die Produktion von Zement und Glas.
    Irlands industrielle Revolution seit den späten 1960er Jahren hätte aber ohne ausländisches Kapital und Wachstumsbranchen wie die Hochtechnologie nicht stattgefunden. Allein zwischen 1960 und 1978 siedelten sich 656 Firmen an, davon 215 ausden USA, 176 aus Großbritannien und 99 aus Deutschland. 1988 hatte sich die Zahl auf 900 erhöht (darunter 130 deutsche). Auch die Niederlande, Schweden, die Schweiz, Frankreich, Japan, Südkorea, Neuseeland und Kanada investierten in die neuen Branchen wie Elektro- und Pharmaindustrie, Telekommunikation, moderne Nahrungsmittelindustrie, Datenverarbeitung und Medien. Damit schufen sie fast ein Viertel aller neuen Arbeitsplätze.
    Das irische Erfolgsrezept hieß rigorose Haushaltsdisziplin, Senkung der Einkommenssteuer und der Unternehmenssteuer sowie eine von Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelte Zurückhaltung bei den Löhnen. Nicht zuletzt die technisch-naturwissenschaftlichen Zweige im höheren Bildungswesen profitierten von der Integration der irischen Industrie in die Weltwirtschaft. Das Landschaftsbild der Insel veränderte sich, weil die neuen Industrien standortunabhängiger waren, d.h. Fabriken in abgelegenen Gebieten gebaut wurden, die steuerlich begünstigt waren und durch staatliche Investitionsbeihilfen gefördert wurden. Überall in Irland entstanden Industrieparks mit zum Teil 50 oder mehr Firmen. Ihre Randlage erwies sich durchaus als Vorteil. Bald war vom «Celtic tiger» die Rede.
    Bergbau und Fischerei sind gegenüber diesen Industrien zwei genuin irische Wirtschaftszweige. Irland besitzt bescheidene Vorkommen von Kupfer, Zink, Blei und sogar Silber, und es hat keinen Mangel an vielfältigen Sorten von Fluss- und Meeresfischen. Infolge der internationalen Entwicklung haben industriell erzeugte Waren in Irland die agrarischen wie Fleisch- und Milchprodukte auf den zweiten Rang verwiesen. Agrarerzeugnisse besaßen um die Wende zum 21. Jahrhundert nur noch einen Anteil von weniger als 15 %. Dadurch minderte sich auch Irlands Abhängigkeit von der britischen Wirtschaft: Noch 1924 gingen 84 % aller irischen Exporte nach Großbritannien, 50 Jahre später war es weniger als die Hälfte, während in den 1980er Jahren fast 80 % der Exporte in Länder der Europäischen Gemeinschaft geliefert wurden. Welche Folgen die wirtschaftlichen Veränderungen der letzten 30–40 Jahre für die natürliche Umwelt und Irlands wichtiges Fremdenverkehrsgewerbehaben, ist beim Blick auf die moderne Hochleistungslandwirtschaft und große Viehzuchtbetriebe unschwer zu sehen.
    Parallel zu diesen Entwicklungen verringerte sich die Einwanderungsquote der Iren in Schottland und im Norden Englands. Der Wegfall antikatholischer Diskriminierung hätte die Zahl der irischen Immigranten in diesen Teilen Großbritanniens ansteigen lassen können, aber sie pendelte sich bei ungefähr 720.000 ein. Darunter waren nicht mehr allein Fabrik- und Landarbeiter wie noch im 19. Jahrhundert, sondern schon seit den 1960er Jahren Ärzte, Lehrer und Beamte im öffentlichen Dienst. Parteipolitisch tendierte die Mehrheit von ihnen zu den Liberalen oder zur Labour Party, also zu einer Politik, die in Irland selbst bis in die jüngere Vergangenheit ungeachtet einer aktiven Gewerkschaftsbewegung vergleichsweise schwach vertreten ist. Seit dem Amerikanischen Bürgerkrieg hatten sich die Iren als ein tragendes Element der Gesellschaft der USA etabliert. Zusammen mit den südeuropäischen Einwanderern dominierten sie den amerikanischen Katholizismus und gelangten zügig in angesehenere Berufe, als sie in der Heimat ausgeübt hatten. Wie stark amerikanische und irische Politik miteinander verzahnt wurden, lässt sich an dem Einfluss ablesen, den die irisch-amerikanische Fenierbewegung unter dem Namen «Clanna-Gael» auf den Osteraufstand 1916, auf die Irish Republican Brotherhood und die Entwicklung des Freistaats unter de Valera hatte. Dass die Republikaner im Nordirlandkonflikt mit amerikanischem Geld unterstützt wurden, war bald nach 1969 ein offenes Geheimnis. Das Irish Northern Aid Committee finanzierte mit großen, in den USA
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