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Geschichte Irlands

Geschichte Irlands

Titel: Geschichte Irlands
Autoren: Benedikt Stuchtey
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gespendeten Summen Sprengstoffe und Maschinengewehre der Provisional IRA. Das Gleiche tat die iroamerikanische Spendensammelvereinigung Noraid. Selbst warnende Stimmen einflussreicher Amerikaner irischer Herkunft wie z.B. der Senatoren Edward Kennedy und Patrick Moynihan konnten dies nicht verhindern.
    International hatte Irland sich zu diesem Zeitpunkt aus der Fixierung auf Großbritannien zu lösen versucht. Dafür waren die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen (1955) und in derEuropäischen Gemeinschaft (1973) zwei wichtige Schritte. Für den zeitlich mit dem Ölschock zusammenfallenden EG-Beitritt hatten 83 % der Bevölkerung votiert. Als sechs Jahre danach eine zweite Ölkrise das Wachstum der Weltwirtschaft erheblich bedrohte, hätte die extreme Staatsverschuldung Irlands mit seinen gefährlich hohen Auslandsschulden ohne europäische Hilfe oder den Internationalen Währungsfonds möglicherweise zu einem Staatsbankrott geführt. Eine wirtschaftliche Erholung setzte ein, als die Fianna-Fáil-Regierung unter Charles Haughey drastische Sparmaßnahmen, unter anderem im Gesundheitswesen, im Bildungsetat und bei den Löhnen im öffentlichen Dienst, erzwang. Der Keltische Tiger kehrte in die europäische Normalität zurück. Die Finanzblase platzte hier genauso wie anderswo in Europa, eine Erfahrung, die sich in der jüngsten Finanzkrise wiederholte, ebenso wie die hohen Staatsschulden: 2010 lag Irlands Neuverschuldung bei 32 % des Bruttoinlandsprodukts, mithin dem Zehnfachen dessen, was die EU erlaubt. Insgesamt hatte Irland sich jedoch seit den 70er Jahren endgültig vom Protektionismus der Zwischenkriegszeit und der folgenden Jahre gelöst und auf Freihandel und internationale Kooperation umgestellt.
    In das Straßburger Europaparlament entsenden die Republik Irland 15 und Nordirland drei Abgeordnete. Schon 1960 übernahm Irland das Oberkommando der UN-Friedenstruppe im Kongo-Krieg, ab den 1970er Jahren dienten irische Soldaten in Krisengebieten des Nahen Ostens, im Libanon, in Zypern sowie in Indien und Pakistan. Beinahe ein Sechstel der Armee des Landes war nun in friedenschaffenden Missionen weltweit eingesetzt.
    Führt man sich die Größenordnungen konkret vor Augen, so lässt sich Irlands Vorteil aus seiner Internationalisierung leicht ermessen. Bei einem Anteil von unter 3 % an der Gesamtfläche der Europäischen Union (Nordirland: 0,5 %) und weniger als 1 % an deren Gesamtbevölkerung (Nordirland: weniger als 0,4 %) befinden sich die Republik, Nordirland und die einzelnen Provinzen in der Gruppe der größten Nettoempfänger europäischer Gelder für die Verbesserung der Infrastruktur undzur Förderung von Bildung, Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe und Handwerk. Im Jahr 2005 erhielt Irland Subventionen der EU in Höhe von fast 2,4 Milliarden Euro. Entsprechend haben Volksabstimmungen in wenigen anderen europäischen Ländern so viel Zustimmung zu weiteren europäischen Integrationsschritten, z.B. zum Maastricht-Vertrag 1992, ergeben wie in Irland, sieht man einmal von dem Referendum zum Vertrag von Lissabon im Jahr 2008 ab. Als ein Brückenstandort zwischen Europa und der nicht-europäischen Welt hat Irland sich politisch, wirtschaftlich und kulturell an der Globalisierung beteiligt. Wenn im noch jungen 21. Jahrhundert die politische Sicherheit und wirtschaftliche Zukunft Europas wieder heftig debattiert werden, dann betrifft das im Kern auch das Land, das mitten im europäisch-atlantischen Kulturraum liegt.

Schluss
    Im frühen 19. Jahrhundert bildete Lady Sydney Morgans Salon in der Dubliner Kildare Street ein Zentrum des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens von Irland. Hier wurde die Überzeugung gepflegt, die Vergangenheit könne am besten literarisch erfasst werden. In Morgans Buch
The Wild Irish Girl
(1806) findet sich eine Schlüsselszene, die stellvertretend für einen Zugang zur irischen Geschichte stehen soll: Der Protagonist entdeckt in dem von ihm geerbten Haus eine seit Langem verschlossene Bibliothek. Er öffnet sie und rekonstruiert mit ihren Geschichtsbüchern eine ihm ganz unbekannte Welt voller Rätsel, als sei eine große Lücke in der Geschichte zu schließen.
    Auch dem Besucher der O’Connell Street in Dublin begegnet die irische Geschichte: im Postamt, dem Schauplatz des Osteraufstands von 1916, in den Statuen von Daniel
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