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Geschichte Irlands

Geschichte Irlands

Titel: Geschichte Irlands
Autoren: Benedikt Stuchtey
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– in vielen kleinen Schritten. In der Folge schwor die IRA, die bisher stets nur zu einem Waffenstillstand, aber nicht zu einer Übergabe ihrer Waffen bereit gewesen war, im Jahr 2005 dem Terrorismus ab. In Nordirland hatte sich nach Jahrzehnten der Straßenschlachten, Bombenanschläge und Morde eine allgemeine Erschöpfung breitgemacht. Über 1000 teils katholische, teils protestantische Attentäter sollten laut Friedensabkommen in den Genuss einer Amnestie kommen.
    Bei einer Volksabstimmung 1998 sprachen sich in der Irischen Republik 94 % für den Frieden aus, woran sich seitdem kaum etwas geändert haben dürfte. Vor allem nach den Anschlägen in New York und Washington am 11.September 2001 wurde der Terrorismus weltweit geächtet, und niemand konnte mehr erwarten, dass terroristische Gewalt Sympathien gewinnen würde, ob innerhalb oder außerhalb Nordirlands. Fast revolutionär mutete es an, dass Paisley sich mit Martin MacGuinness von den irischen Republikanern und mit Gerry Adams als Vorsitzendem von Sinn Féin im Frühjahr 2007 zu Gesprächen bereiterklärte. Im selben Jahr wurde die politische Autonomie Nordirlands, die 2002 temporär ausgesetzt worden war, wieder eingeführt. Ebenso große Symbolkraft besaß der viertägige Staatsbesuch Königin Elisabeths II. in Irland im Mai 2011. Gemeinsam mit der irischen Staatspräsidentin Mary McAleese legte die Königin an der Gedenkstätte für die irischen Toten des Ersten Weltkriegs und im «Garten der Erinnerung» jeweils einen Kranz nieder. Stärkere Gesten der Versöhnung hat es von der britischen Monarchie selten gegeben.
    Angenähert haben sich Großbritannien und Irland im 21. Jahrhundert längst, Partner in einer globalisierten Welt sind sie politisch und wirtschaftlich allemal. Aufgrund der demographischen Entwicklung Nordirlands und der höheren Geburtenrate unter Katholiken ist es nur eine Frage der Zeit, bis Ulster sich neu definieren muss. Hoffnungsträger wie Schulen, die von protestantischen und katholischen Kindern gemeinsam besucht werden, und Wohnbezirke ohne Mauern sind bisher allerdings nur seltene Lichtblicke. Von einem historischen Vorbild wollte man lernen, als 2008, ähnlich der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission nach dem Ende der Apartheid, eine Kommission unter Leitung eines anglikanischen Erzbischofs und eines katholischen Priesters eingerichtet wurde. Sie sollte ungeklärte Todesfälle, Anschläge und Polizeiirrtümer untersuchen und Nachkommen der Todesopfer finanziell entschädigen. Man konnte sich jedoch nicht einigen, ob Opfern und Tätern zu gleichen Teilen Respekt gezollt werden sollte. Das Bedürfnis nach echter Versöhnung war noch nicht stark genug.
Irland in Europa und der Welt
    Die Frage, wie die irische Teilung aufgefangen werden konnte, stellte sich schon früh auch in internationaler Perspektive. Um international attraktiv zu sein, musste Irland sich modernisieren. Im Rahmen einer intensivierten Industrialisierung wurde 1927 das Stromnetz zentralisiert und auf viele Privathaushalte ausgeweitet. Zur gleichen Zeit entstanden Wasserkraftwerke an den großen Flüssen Shannon, Liffey, Lee und Erne, denn Torf und in geringerem Maße Kohle bildeten noch immer die wichtigsten Energielieferanten. In den 1980er Jahren wurde eine Naturgasquelle an der Atlantikküste erschlossen, die Irlands Abhängigkeit von Ölimporten mindern sollte. Um den Primärenergiebedarf zu decken, wurden 1984 etwa 60 % der benötigten Energieressourcen importiert, 40 % wurden über die Eigenversorgung mit Naturgas, Wasserkraft und Torf gedeckt. Der Torfvorrat dürfte bis etwa 2020 abgebaut sein.
    Traditionell gediehen im modernen Irland die Kleidungs-, die Nahrungsmittel- und die Tabakindustrie, Gerbereien, Mühlen, Brennereien und Brauereien. Die Dubliner Guinness-Brauerei ist heute die größte Europas und der größte Bierexporteur der Welt. 1926 war der Irische Freistaat jedoch noch überwiegend ein Agrarland, und lediglich jeder zehnte Arbeitnehmer war im produzierenden Gewerbe tätig – verglichen mit 35 % in Nordirland. Konzentrierte sich die Industrie auf Städte mit Überseehäfen, so sollten Schutzzölle eigene Produkte und die heimischen Arbeitsplätze begünstigen. Doch diese Politik konnte nicht erfolgreich sein, solange zu geringe Mengen einer zu kleinen
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