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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1
Autoren: Strugatzki Boris
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Und wieder werden Unfreiheit, die Konfrontation mit den Machthabern und das Schicksal Russlands für Boris Strugatzki zum aktuellen Thema; die Briefpartner sehen Parallelen zwischen der gegenwärtigen Situation und den Zuständen, als das Land noch UdSSR hieß. Die Härte der Strafe und die Unversöhnlichkeit der Machthaber gegenüber dem längst nicht mehr gefährlichen Chodorkowski sprechen dafür, dass man ihn nach wie vor als Bedrohung empfindet - und genau darum ist im Verhalten Boris Strugatzkis, der sowohl die Briefe des ehemaligen Oligarchen beantwortet als auch einer Publikation des Briefwechsels zugestimmt hat, eine öffentliche Stellungnahme zu sehen. Ein denkender Mensch hat eben in unserem Land die Pflicht, an allem zu zweifeln, ganz besonders an den Handlungen der Mächtigen.
    Für diese Prinzipienfestigkeit, diesen Mut kann man die Strugatzkis achten und schätzen. Doch die Liebe, die ihnen die Leser in Russland entgegenbringen, erklärt sich dadurch noch nicht. Jedes Buch von Arkadi und Boris Strugatzki ist vor allem eine ungeheuer spannende Lektüre. Die Handlung fesselt von den ersten Seiten an und hält die Spannung bis zum Schluss. In die Protagonisten verliebt man sich - oder man beginnt sie zu hassen -, ganz als wären es lebendige Menschen. Die Welten der Strugatzkis sind von Anfang an glaubwürdig. Sie finden immer solche Helden, solche Umstände, eine solche Sprache, dass sich die moralischen, philosophischen, politischen Fragen, die sie als Schriftsteller umtreiben, ganz natürlich ergeben, ein absolut lebendiger, harmonischer Bestandteil des Erzählten sind.

    Einmalig ist an ihren Büchern auch, dass sie einander ganz unähnlich sind. Die Strugatzkis entwickelten sich ständig weiter, allein im Laufe der 1960er Jahre haben sich ihr Stil und ihre Philosophie grundlegend verändert, ihre Könnerschaft nahm explosionsartig zu, und sie kehrten nur selten zu schon behandelten Themen zurück: von den naiv-romantischen »Praktikanten« hin zu dem bitteren, nachdenklichen Roman »Das Experiment« (der erst 1989 veröffentlicht werden konnte), in dem das, was in der UdSSR vorgeht, als Experiment an lebenden Menschen beschrieben wird, ein Experiment, von dem man nicht mehr weiß, wer es wann und zu welchem Zweck begonnen hat, das aber dennoch einfach weiterläuft, auch wenn die Experimentatoren das Interesse an den Versuchspersonen längst verloren und sie ihrem Schicksal überlassen haben, ja wenn diese Experimentatoren nicht vielleicht überhaupt ausgestorben sind.
    Dieser Wille zur unablässigen Veränderung ist selten in der Literatur. Das Publikum erwartet schließlich, dass man die Werke, die gefallen haben, immer wiederholt, es stimmt mit dem Geldbeutel über das Einhalten der einmal eingeschlagenen Richtung ab, bestraft Abweichungen unerbittlich. Doch auch wenn in der UdSSR keine kommerziellen Mechanismen am Werke waren - alle, also auch die künstlerische Intelligenz, wurden vom Staat ernährt, und wer auf materielle Vorteile aus war, brauchte nur in die Partei einzutreten und die Subordination einzuhalten -, so ging es den Strugatzkis um etwas ganz anderes: Sie befanden sich selbst auf der Suche - nach Antworten auf die ständig wachsenden Fragen an das System, an die Menschheit, an den einzelnen Menschen.
    Aus irgendeinem Grund glaubt man - ich sagte es bereits -, dass die Science Fiction keine richtige ernsthafte Literatur ist. Zugegeben, das trifft auf die zu reinen Unterhaltungszwecken geschriebene Science Fiction bestimmt zu, aber eines
weiß ich: Im letzten Jahrhundert gab es in der sowjetischen Literatur nur sehr wenig, das sich mit der Science Fiction der Brüder Strugatzki messen konnte, was die Zuneigung der Leser, den Einfluss auf das kritische Denken, die Allgemeingültigkeit und die Tiefenwirkung angeht. Die Strugatzkis sind einer der wichtigsten Bestandteile im kulturellen Code des sowjetischen und russischen Menschen. Man braucht sie nur zu lesen, um zu verstehen, wie und wofür wir lebten, um sich klar zu machen, was wir heute sind.
    Die Strugatzkis - das ist kraftvolle, talentierte, ernsthafte Literatur. Das ist wahre lebendige Klassik. Das sind galaktische Sterne von der Größenordnung eines Ray Bradbury oder eines Kurt Vonnegut, glauben Sie mir. Sie konnten sie bei sich auf der westlichen Hemisphäre nur nicht so gut sehen.

DIE BEWOHNTE INSEL

ERSTER TEIL
    Robinson

1
    Maxim öffnete einen Spaltbreit die Luke, lehnte sich hinaus und blickte misstrauisch nach oben. Der
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