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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1
Autoren: Strugatzki Boris
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längst vergessenes Marschlied der Hitlerjugend (!) abgewandelt. Dieser - wahre - Beweggrund des Lektors wurde uns insgeheim von »unserem Mann bei Lenisdat« mitgeteilt, offiziell war lediglich
von unerwünschten Anspielungen, Akzenten und Assoziationen die Rede gewesen, die auf geheimnisvolle Weise mit den unglückseligen »Versen eines kleinen Jungen« verknüpft sein sollten.
    Das war zum Glück der einzige Zusammenstoß, den wir wegen dieses Romans mit dem Lektorats-Zensur-Monster hatten.
Die Wellen ersticken den Wind
    Dieser Roman ist das zehnte und letzte Werk aus dem Zyklus um die Welt des »Mittags«.
    Die Geschichte der Entstehung (und Veröffentlichung) dieses Romans hat nichts Außergewöhnliches oder gar Sensationelles an sich. Wir begannen die Rohfassung am 27. März 1983 in Moskau und beendeten die Reinschrift am 27. Mai 1984 ebenfalls in Moskau. Die ganze Zeit über wurde unser Schöpferdrang dadurch inspiriert und angeregt, dass wir uns vorgenommen hatten, einen Roman zu schreiben, der im Idealfall ausschließlich aus Dokumenten bestehen sollte, höchstens noch aus »dokumentierten« Überlegungen und Ereignissen. Das war eine neue Form für uns, und voller Begeisterung dachten wir uns die Formularköpfe für die Berichte aus und auch die Berichte selbst mit den absichtlich trockenen Formulierungen in Behördensprache und den sorgsam durchdachten Ziffern. Die zahlreichen Namen von Zeugen, Analytikern und Beteiligten der Ereignisse erzeugte ein kleines Computerprogramm für uns, das wir eigens für unseren Hewlett-Packard-Rechner geschrieben hatten (einen PC besaßen wir damals nicht). Die erste Version der »Instruktion zur Durchführung der Fukamisation von Neugeborenen« entwarf ganz professionell ein Freund Arkadis: der Arzt Juri Jossifowitsch Tschernjakow.

    Als unerwartet schwierig erwies es sich, einen Titel zu finden. Anfangs (in Briefen und im Tagebuch) nannten wir das Manuskript einfach den Toivo-Roman. Dann tauchte vorübergehend die - aus irgendeinem Grund französische - Variante »Fait accompli« auf, und erst ganz am Ende erscheint über der Rohfassung der Titel »Die Wellen ersticken den Wind«, und zwar zunächst nur als Projekt im Bericht Nr. 086/99. Diesen Titel - ruhig und vieldeutig, wie es sich für einen Titel gehört - hielten wir für gelungen und beschlossen, ihn für den ganzen Roman zu verwenden.
    »Die Wellen ersticken den Wind« kann als Fazit betrachtet werden: Alle unsere Helden sind hoffnungslos gealtert; alle einstmals aufgeworfenen Probleme haben ihre Lösung gefunden (oder sich als unlösbar erwiesen); ja, wir haben dem (mitdenkenden) Leser sogar erklärt, was die Wanderer sind und woher sie kommen - denn unsere Menten sind die Wanderer , genauer gesagt jene Rasse, die von der irdischen Zivilisation selbst hervorgebracht wurde: von der Zivilisation des Homo sapiens sapiens (so heißt in der Wissenschaft die Art, der anzugehören wir alle die Ehre haben). Eine weitere Geschichte, die wir für den »Mittags«-Zyklus geplant hatten, haben wir nicht mehr geschrieben - die Geschichte, wie Maxim Kammerer ins geheimnisvolle Innere des schrecklichen Inselimperiums vordringt. Aber wer weiß, vielleicht wird diese Geschichte eines Tages jemand anders schreiben …

ERIK SIMON
    Eine Zukunft mit zwei Enden
    Arkadi und Boris Strugatzki waren und bleiben die bedeutendsten Science-Fiction-Autoren der dahingegangenen Sowjetunion; ja, lange Zeit waren sie die am häufigsten im Ausland publizierten russischen Schriftsteller sämtlicher belletristischen Genres. Sie haben einen unnachahmlichen Beitrag zur Science Fiction des 20. Jahrhunderts und mit einigen Werken zur Weltliteratur überhaupt geleistet. Ihre einmalige Kombination von Talenten hat 1991 mit dem Tod von Arkadi ein Ende gefunden - dennoch sind sie in Russland noch immer die unumstrittene Nummer eins auf dem Gebiet der Science Fiction. Einige Autoren der nächsten - und bald schon der übernächsten - Generation haben aktuell größere Verkaufserfolge zu verzeichnen, aber es ist kein Zufall, dass der erfolgreichste von ihnen, Sergej Lukianenko, sich in seinen Texten immer wieder auf die Strugatzkis bezieht - sei es, dass er sie oder ihre Werke beiläufig erwähnt, sei es, dass er in seinem Roman »Sternenspiel« mit der utopischen Erziehungskonzeption der Strugatzkis polemisiert oder sich in »Spektrum« die Idee der »Zünder« aus »Ein Käfer im Ameisenhaufen« ausborgt. Er ist nicht der einzige moderne russische
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