Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
kleiner Sohn völlig unerwartet für sich selbst und für seine Umgebung ein Liedchen in der Art eines Abzählreims verfasste:
    Ein Mann stand am Tor,
die Tiere davor.
Er nahm sein Gewehr,
und sie lebten nicht mehr. 7

    Er schrie diese sonderbaren, wilden und irgendwie unkindlichen Verse auf unterschiedliche Arten heraus und rannte dabei in der Wohnung herum. Ich aber betrachtete ihn und dachte: Was für bemerkenswerte Worte! Das hat er sich doch geschickt ausgedacht, der Lausebengel. Das könnte ein prima Motto zu etwas sein … Und meine Phantasie malte mir trübe Bilder, schreckliche und unglückliche Ungeheuer, tragisch einsam und von keinem gewollt, hässlich, leidend, auf der Suche nach menschlicher Nähe und Hilfe, doch statt Hilfe bekommen sie von den verschreckten, verständnislosen Menschen eine Kugel verpasst … 8
    Diese Empfindungen konnte ich auch Arkadi vermitteln; es kam zu einem recht zusammenhanglosen, aber dennoch fruchtbaren Austausch von Emotionen und Bildern, und es entstand eine Idee, die zunächst noch vage und keineswegs ausformuliert war. Fest stand nur, dass der Roman »Es standen die Tiere bei der Tür« heißen und als Motto die »Verse eines kleinen Jungen« haben sollte - zum ersten und zum letzten Mal bei den Strugatzkis entstand die Idee eines neuen Werks aus dem künftigen Motto (oder aus dem Titel, was in diesem Fall ein und dasselbe war).
    Im September 1975 machen wir uns die ersten Notizen zu dem künftigen Roman. Ein Sujet gibt es freilich noch nicht, und es ist völlig unklar, wie sich die Handlung entwickeln soll. Doch dann ändern sich die Pläne abrupt: Wir beginnen, am Drehbuch für Andrej Tarkowskis Stalker zu schreiben (nach Motiven unseres Romans »Picknick am Wegesrand«), und bei der Arbeit an dem neuen Roman tritt eine lange Pause ein.
    Im Laufe des Jahres 1976 wenden wir uns dann wieder mehrmals dem Roman zu, erfinden weitere Details und Episoden,
neue Helden, einzelne Sätze, aber nicht mehr. Und im November beginnen wir plötzlich, ein neues Sujet auszuarbeiten, zu dem vorher nicht einmal eine Idee vorhanden war: die Geschichte unseres alten Bekannten Maxim, der mit seinem Freund, dem Kopfler Wepl, durch eine tote Stadt auf dem unglücklichen Planeten Esperanza geht; die armen »Tiere« scheinen ein für alle Mal aufgegeben und vergessen zu sein. Im Februar 1977 beginnen wir mit der Rohfassung und führen sie in einem einzigen Anlauf (bei einem Arbeitstreffen) zu Ende. Und wir bemerken, dass etwas Seltsames dabei herausgekommen ist - etwas ohne Anfang und Ende und sogar ohne Titel. Irritiert und unzufrieden mit uns selbst legen wir das Manuskript beiseite, das wir so weder erwartet noch angestrebt hatten.
    Erst im November 1978 wenden wir uns wieder dem Text zu, und es ist bezeichnend, dass wir sofort beginnen, eine erste Fassung zu schreiben - offensichtlich ist die Quantität bei uns endlich in Qualität umgeschlagen. Es ist jetzt klar, wie das Sujet aufgebaut ist (die Jagd nach dem nicht zu fassenden Lew Abalkin) und wo wir unser bereits geschriebenes Stück mit Wepl auf dem Planeten Esperanza unterbringen können. Diese erste Fassung haben wir am 7. März 1979 abgeschlossen.
    Es ist merkwürdig, dass dabei etwas in der Art eines Kriminalromans herausgekommen ist - die Geschichte einer Untersuchung, Fahndung und Ergreifung. Der Kriminalroman freilich hat seine eigenen Gesetze: Insbesondere darf nichts unerklärt bleiben, und es geht nicht an, dass Handlungsstränge einfach abreißen. Bei uns jedoch gab es jede Menge solcher abgerissener Stränge; wir hätten sie eigens zusammenführen müssen, doch dazu hatten wir entschieden keine Lust. Die alte Abneigung der Strugatzkis gegenüber jeglichen Erklärungen und Erläuterungen flammte, nachdem wir den Roman abgeschlossen hatten, besonders heftig auf:
    1. Was ist auf dem Saraksch zwischen Tristan und Abalkin vorgefallen?
    2. Wie (und wozu) geriet Abalkin nach Ossinuschka?
    3. Wozu musste er mit Doktor Goannek reden?
    4. Wozu musste er mit Maja reden?
    5. Was wollte er von dem Lehrer?
    6. Wozu hat er den Journalisten Kammerer angerufen?
    7. Was wollte er von Wepl?
    8. Wie kam er auf Dr. Bromberg?
    9. Wozu geht er gegen Ende des Romans ins Museum für Außerirdische Kulturen?
    10. Was ist dort im Museum eigentlich geschehen?
    Und schließlich die grundlegende Frage:
    11. Warum ist er, Abalkin (wenn er nicht tatsächlich ein Werkzeug der Wanderer ist, und im Sinne der Autoren ist er das natürlich nicht, sondern ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher