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Gepaeckschein 666

Gepaeckschein 666

Titel: Gepaeckschein 666
Autoren: Alfred Weidenmann
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Unterlippe zwischen den Zähnen, wie er es immer tat, wenn ihm eine Sache nicht gleich verständlich war. Dabei ging er bereits wieder mit seinem Polierlappen über die schmalen Spitzen von „Regenschirms“ Lackschuhen. Der freundlich, grauhaarige Herr sah ihm zu. Er suchte dabei allerdings schon in der Seitentasche seiner Weste nach einem Fünfzigpfennigstück.
    Bei der „GLOBAL-FILM“ auf dem Bahnhofsplatz drängten sich die Menschen, als ob in den nächsten zehn Minuten Hundertmarkscheine ausgeteilt würden. Selbstverständlich dachte niemand daran, sich ausgerechnet jetzt die Schuhe putzen zu lassen.
    Wachtmeister Blunlc , der um diese Zeit Dienst hatte und bisher eigentlich immer recht gut allein ausgekommen war, bekam es heute doch mit der Angst zu tun und forderte von seinem Polizeirevier Verstärkung an. Es dauerte auch nicht lange, da kamen schon vier seiner Kollegen im Laufschritt von der Alexanderstraße her. Sie hielten mit der rechten Hand ihre Mützen und mit der linken ihre Gummiknüppel.
    Der eine von den Filmleuten, mit dunkler Sonnenbrille, einer ziemlich auffallenden Kamelhaarjacke, einer Baskenmütze und einem sehr farbigen Wollschal, kam den Polizisten gleich entgegen und redete auf sie ein.
    Peter und der Sheriff verstanden nur einzelne Worte, darunter vor allem „Kabel“, „nasses Pflaster“, „Kurzschluß“ und so weiter.
    „Bitte zurücktreten!“ riefen die Beamten und drängten die Neugierigen, deren Zahl von Minute zu Minute immer noch zunahm, gute fünf Meter zurück.
    „ - und bitte nicht auf die Kabel treten. Es besteht Kurzschlußgefahr. Unsere Gesellschaft betont ausdrücklich, daß sie für irgendwelche Schäden nicht auf-kommen wird!“ rief ganz laut und aufgeregt der Mann in der Kamelhaarjacke und mit dem knalligen Wollschal. Dabei kletterte er jetzt auf das Dach des himmelblauen Lieferwagens, stellte sich allgemein sichtbar hinter das Monstrum von Kamera und brüllte ganz einfach nur: „Licht!“ Hinterher pfiff er noch kurz auf einer Trillerpfeife.
    Das war offenbar das gewohnte Zeichen für die Arbeiter und Beleuchter, die jetzt auf den Holzgerüsten saßen. Sie schalteten an ihren Scheinwerfern herum, und schon nach zwei oder drei Sekunden schoß ein Lichtstrahl nach dem anderen von der Höhe der Holzgerüste herunter. Lichtstrahl um Lichtstrahl wurde in die gleiche Richtung gebracht, bis ein großes, helles Strahlenbündel entstand. Im Brennpunkt dieses Strahlenbündels lag dann der Eingang zur „Internationalen Handels- und Creditbank“.
    „Das ist wirklich ein toller Otto“, sagte Peter anerkennend. „Jupiterlampen“, stellte der Sheriff sachlich fest. Das hatte er erst unlängst in einer Zeitung gelesen. „Ob wir mal kurz —?“ Peter sah seinen Kompagnon fragend an. Er hätte sich diese Filmerei doch gerne aus nächster Nähe angeguckt. So etwas gab es nicht alle Tage.
    Aber da kam ein ziemlich langer und breitgewachsener Kerl in einem dunkelbraunen Ledermantel beinahe im 100 -Meter-Tempo über die drei Treppenstufen herauf. Er trug eine Sportmütze aus einem Stoff mit Pfeffer-und-Salz-Muster und setzte sich, ohne ein Wort zu sagen, in Peters Drehstuhl. Dabei japste er nach Luft, als käme er nach fünf Minuten Unterwasserschwimmen in diesem Augenblick wieder an die Oberfläche.
    „Die Füße hier auf den Schemel, wenn ich bitten darf“, sagte Peter so freundlich wie möglich.
    Der Kerl in seinem Ledermantel saß nämlich da und ließ seine Füße baumeln, als ob er gar keinen Wert darauf legte, sich die Schuhe putzen zu lassen. Er hatte auch Peter und den Sheriff bisher kaum eines Blickes gewürdigt. Sein ganzes Interesse galt allein drüben den Vorgängen auf dem Bahnhofsplatz. Jetzt allerdings wandte er sich kurz um.
    „Ja — ja - natürlich“, sagte der Ledermantel gedankenlos und stellte seine Schuhe auf den Schemel. Hellbraune Schuhe aus Schlangenleder mit Gummisohlen.
    „Ich beeile mich“, sagte Peter und fing schon an zu bürsten.
    „Hat Zeit“, erwiderte der Ledermantel kurz. Dabei ließ er die Filmleute und die hell angestrahlte Fassade der „Internationalen Handels- und Creditbank“ nicht aus den Augen. Peter und der Sheriff sahen sich an. Eben hatte es der Kerl doch noch so eilig gehabt.
    Aber da es offenbar doch nicht mehr auf jede Minute ankam, ließ sich Peter wirklich Zeit und sah auch immer wieder zum Aufnahmeplatz der „GLOBALFILM“ hinüber. Der Sheriff tat natürlich überhaupt nichts anderes mehr. Um besser sehen zu
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