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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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fürchte, sie hat einen
ihrer Wutanfälle!» sagte Fanny. «Was soll ich tun? Oh, was für ein
schrecklicher Tag ist das heute!»
    Er lächelte. «Nein, das glaube ich
nicht, Liebes. An deiner Stelle würde ich dasselbe tun, was ich jetzt tun
werde: mich zurückziehen, um mich für das Diner umzukleiden!»
    «Hector, du wirst mich doch nicht
allein mit diesen beiden dinieren lassen?» rief sie entsetzt.
    «Bestimmt nicht! Glaubst du, ich
habe kein Interesse am Ausgang dieser Schlacht? Auch ich werde mit dir
dinieren, meine Geliebte!» sagte er.

23
    Kaum hatte Rotherham im Haus Mrs.
Floores dem Butler seinen Hut gereicht, als sich auch schon eine Tür im
Hintergrund der Halle öffnete und Lady Laleham heraustrat – hochelegant in
bedruckter Seide und Spitzen, und das strahlende Lächeln in Person. «Ah, der
liebe Lord Rotherham!» sagte sie salbungsvoll. «Ich wußte doch, daß Sie
bestimmt wieder vorsprechen! Welches Pech, daß Sie heute nachmittag niemanden
zu Hause antrafen! Aber nicht wahr, uns trifft keine Schuld, denn Sie haben
vergessen, Emily zu schreiben, wann Sie nach Bath zu kommen gedachten! Ich
hoffe, Sie sind wohlauf?»
    «Danke, Ma'am, meine Gesundheit ist
in vorzüglicher Verfassung. Das gleiche kann ich jedoch nicht von meiner
Stimmung behaupten, denn diese war Belastungen ausgesetzt, die weit über das
hinausgehen, was ich mir bieten zu lassen gedenke!» antwortete er in seinem rüdesten
Tonfall.
    In einer flüchtigen Gebärde des
Mitgefühls legte sie die Fingerspitzen auf seinen Arm. «Ich weiß», sagte sie
zu seiner beträchtlichen Überraschung. «Wollen Sie, bitte, in das
Frühstückszimmer kommen? Sie werden meiner Mutter bestimmt verzeihen, wenn sie
Sie nicht begrüßt – sie ist ziemlich alt und ach, keiner Anstrengung mehr gewachsen!»
    «Die Person, die ich zu sehen
wünsche, Lady Laleham, ist nicht Ihre Mutter, sondern Ihre Tochter!»
    «Selbstverständlich!» sagte sie
lächelnd und ging ihm in das Frühstückszimmer voraus. «Und hier ist sie!»
    Er trat in das Zimmer, blieb stehen
und schaute seine zukünftige Frau grimmig an. Sie stand neben einem hohen
Lehnstuhl, hatte eine zitternde Hand auf die Lehne gelegt, die Augen standen
riesengroß in dem weißen Gesicht, und ihr Atem ging in unregelmäßigen Stößen.
Sie sah sehr jung, sehr hübsch und sehr ängstlich aus und zeigte keinerlei
Neigung, ihrem Verlobten entgegenzugehen und ihn zu begrüßen, bis ihre Mutter
in honigsüßem Vorwurf sagte: «Aber Emily, Liebes!» Erst daraufhin setzte sie
sich in Bewegung, streckte ihm die Hand hin und sagte: «How do you do?»
    «Wie überschwenglich!» sagte
Rotherham. «Du darfst dich durchaus nicht so benehmen, als sei ich dein
einziges Entzücken und dein Halt, wirklich!»
    «Sie ist ein bißchen müde», erklärte
Lady Laleham, «und sie war ein sehr dummes, schlimmes Kind, und sie weiß, daß
sie Ihnen das beichten muß.»
    Seine Augen wandten sich ihr
verblüfft zu.
    «L-Lady Serena hat gesagt, ich muß
es ihm n-nicht sagen, Mama!»
    «Wir sind Lady Serena zu großem Dank
verpflichtet, mein Liebes», gab Lady Laleham gewandt zurück, «aber du wirst
deiner Mama schon zugestehen, daß sie am besten weiß, was du zu tun hast.» Sie
begegnete dem wilden Blick Rotherhams vollkommen kühl und mit einem feinen
Lächeln um die gemalten Lippen. «Das arme Kind fürchtet, daß Sie sehr böse auf
sie sind, Lord Rotherham, aber ich habe ihr versichert, auf eine aufrichtige
Beichte folgt auch immer völliges Verzeihen, besonders wenn die Beichte von
tiefer Reue begleitet ist.»
    Die unglückselige Emily, die sah,
daß ihr Verlobter wie eine Gewitterwolke dreinschaute, war einer Ohnmachtnahe.
Aber Rotherham dachte gar nicht an sie. Er sah, daß ihm durch eine Strategie,
die er in kalter Wut als meisterhaft anerkennen mußte, der Boden unter den
Füßen weggezogen wurde. Und es fiel ihm nichts ein, womit er Emily abhalten
konnte, sich seiner Gnade auszuliefern! Und schon kam auch alles heraus, in
stammelnden, verschämten Sätzen von Emily, geschickt verbrämt von ihrer Mutter:
Emily hatte geglaubt, daß er sehr böse auf sie sei, als sie seinen Brief
erhalten hatte; er war ihr so lange ferngeblieben, daß sie Angst hatte, er
liebe sie nicht länger; Gerard hatte ihr so gräßliche Dinge erzählt, daß sie
in Entsetzen geraten war. Aber Lady Serena war eben in dem Augenblick zu Hilfe
gekommen, als sie wünschte, sie hätte etwas so Schlechtes nicht unternommen;
und Lady Serena hatte ihr versichert,
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