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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Lord Sherry
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sagte: «Nun, meine
liebste Miss Milborne, gestatten Sie mir, Ihnen zu versichern, daß Sie sich
völlig im Irrtum befinden. Kommen Sie, wir wollen doch nicht streiten. Dieser
unvorhergesehene, höchst bedauerliche Unfall ...»
    «Wenn Sie
auch nur den Versuch machen, mich mit einer Fingerspitze zu berühren, werde ich
aus vollem Hals zu schreien beginnen!»
    «Aber,
meine Liebe, so hören Sie mich doch nur an. Ich ließe es mir niemals träumen,
Sie zu berühren! Aber ...»
    «Nein! Und
zweifellos ließen Sie es sich auch nicht träumen, mir Ihre höchst
unwillkommenen Zärtlichkeiten aufzunötigen und mich roh zu umarmen, als ob ich
eines der gemeinen Frauenzimmer wäre, mit denen Sie offenbar gewöhnt sind, es
zu tun zu haben», erwiderte Miss Milborne. «Ohne Zweifel wären Sie auch so
freundlich gewesen, mich loszulassen, ohne daß ich Sie mittels einer Nadel
dazu veranlaßt hätte!»
    Hierbei
begannen Heros Augen vor Vergnügen zu blitzen, und sie mußte ein Lachen
unterdrücken.
    «Wenn ich»,
sagte Sir Montagu, «wenn ich, berauscht von dem Gedanken, mich plötzlich
allein in Gesellschaft einer Dame zu befinden, für die ich die
leidenschaftlichste Ergebenheit hege, die ...»
    «Ich wäre
Ihnen dankbar, wenn Sie mich mit weiteren Leidenschaftsausbrüchen verschonen
würden», sagte Miss Milborne. «Wenn Ihre leidenschaftliche Ergebenheit Sie dazu
bringt, mir vorzuspiegeln, daß es keinen andern Ausweg gäbe, als mich mit Ihnen
zu verloben, nur weil wir in einem entlegenen Dorf gestrandet sind, kann ich
nur hoffen, einer derartigen Ergebenheit nie wieder zu begegnen. Ich weiß
nicht, mit welchen Mitteln es Ihnen gelungen ist, den Unfall Ihres Wagens
herbeizuführen, ich zweifle aber nicht länger, aus welchem Grund Sie so begierig
waren, mit mir auf einer andern als der Poststraße nach Bath zurückzufahren.
Sir, als Sie bemerkten, daß für Sie keine Hoffnung bestand, meine Hand auf
ehrenhafte Weise zu gewinnen, versuchten Sie, mich durch eine List zu einer Ehe
zu zwingen! Sie kennen aber meinen Charakter nicht, wenn Sie annehmen, ich wäre
ein so schwaches oder törichtes Mädchen, um mich Ihrem niederträchtigen
Ansinnen zu beugen.»
    Hero, die
dieser Rede mit gespannter Aufmerksamkeit gelauscht hatte, verließ jetzt ihren
Posten an der Tür und lief auf Mr. Tarleton zu: «Ich bin gerettet!» flüsterte
sie freudig erregt. «Es ist Isabella Milborne und der abscheulichste Mann, den
man sich nur vorstellen kann. Ich kenne Isabella seit meiner Kindheit, und ich
weiß, daß sie mir aus dieser Verlegenheit helfen wird. Und ich glaube auch, daß
sie sehr froh sein wird, mich zu sehen, weil sie mit mir in der Chaise
zurückfahren kann, denn sie wird sich kaum wünschen, hoch oben auf dem Gig des
Wirts zu sitzen. Es wäre durchaus nicht der Stil, der zu ihr paßt. Bleiben Sie
hier im Zimmer, Mr. Tarleton, während ich draußen alles arrangiere.»
    «Aber, Lady
Sheringham, überlegen Sie einen Moment», sagte er eindringlich. «Wissen Sie
auch bestimmt ...»
    «Ja, ja,
und jedenfalls kann ich die arme Isabella dem Sir Montagu nicht auf Gnade und
Ungnade preisgeben.»
    «Nach dem,
was ich dem Gespräch entnehmen konnte, ist die < arme Isabella > meiner
Meinung nach recht gut imstande, sich ihrer Haut zu wehren», sagte Mr. Tarleton
trocken.
    «Ja, war es
nicht herrlich, mitanhören zu können, wie sie ihm diese kalte Dusche gab? Sie
ist wirklich eines der gescheitesten Mädchen. Aber ich glaube nicht, daß diese
Situation für sie sehr angenehm sein kann. Bitte, halten Sie den Hund an der
Leine.»
    Mr.
Tarleton, an dem die Ereignisse des Abends nicht spurlos vorübergegangen waren,
übernahm gehorsam die Hundeleine und sah mit einiger Besorgnis, wie seine
Gefährtin die Tür öffnete und das Gastzimmer betrat.
    Miss
Milborne, die, beim Kamin stehend, einen Fuß in einem beschmutzten Halbschuh
der Glut entgegenhielt, wandte den Kopf und rief erstaunt aus: «Hero!»
    «Ja, mich
persönlich», sagte Hero, unter feiner Mißachtung der Grammatik, dafür aber mit
dem sonnigsten Lächeln. «Arme Isabella, wie beschmutzt du bist, und wie
schrecklich muß es dir sein, dich in einer so üblen Lage zu befinden. Bitte,
komm zu mir in den Salon. Und es besteht für dich auch kein Grund, das Gig des
Wirts zu mieten, denn ich werde dich in meiner Chaise nach Bath zurückbringen.»
    «Aber wie
kommt es nur», stotterte Miss Milborne in größtem Erstaunen, «wie in aller
Welt kommt es, daß du hier bist, und zu so später Stunde?
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