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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Eskapaden
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Krawatte. «Wenn ich gewußt hätte, daß
Sie hier sind ...»
    «Wenn du
gewußt hättest, daß ich hier bin», unterbrach ihn der alte Herr mit einer
Stimme, die Miss Challoner das Mark in den Knochen gefrieren ließ, «hättest du
deinen Auftritt wahrscheinlich etwas gesitteter gestaltet. Du erlaubst mir
wohl zu bemerken, daß ich deine Manieren einfach unter jeder Kritik finde.»
    Der Marquis
biß errötend die Zähne zusammen. Eine unfaßbare und geradezu niederschmetternde
Ahnung stieg in Miss Challoner auf. Sie blickte vorn Marquis zu ihrem Gastgeber
und hob instinktiv die Hand an die Wange. «Ach, du guter Gott!» sagte sie
entgeistert. «Sind Sie – können Sie ...» Sie war außerstande, es auszusprechen.
    Ein amüsiertes
Glitzern stahl sich in die Augen des alten Herrn. «Wie gewöhnlich haben Sie
ganz recht, Miss Challoner. Ich bin dieser skrupellose und unheimliche Mensch,
den Sie vor einer Weile so treffend beschrieben haben.»
    Miss
Challoners Zunge schien wie gelähmt. «Ich kann – ich will – es gibt nichts, was
ich dazu sagen kann, Sir, außer daß ich Sie um Entschuldigung bitte.»
    «Dazu
besteht überhaupt kein Anlaß, das versichere ich Ihnen. Ihre Skizze meines
Charakters war unbestreitbar meisterhaft. Das einzige, was mir schwerfällt,
Ihnen zu verzeihen, ist Ihre Überzeugung, mir schon einmal begegnet zu sein,
denn ich gestehe, daß ich mich durch die Ähnlichkeit, die Sie dabei
offensichtlich inspirierte, keineswegs geschmeichelt
fühle.»
    «Vielen
Dank, Sir», sagte der Marquis höflich.
    Miss
Challoner ging zum Kamin hinüber. «Ich schäme mich schrecclich», erklärte sie,
und in ihrer Stimme klang echte Bestürzung. «Ich hatte keine Berechtigung, so
etwas zu sagen. Ich sehe nun, daß ich einen großen Fehler gemacht habe. Was den
Rest betrifft – wenn ich gewußt hätte, wer Sie sind, hätte ich Ihnen niemals
alles erzählt.»
    «Aber das
wäre doch jammerschade gewesen», meinte Seine Gnaden. «Ich fand Ihre Geschichte
äußerst aufschlußreich.»
    Sie machte
eine resignierte kleine Geste. «Bitte, erlauben Sie, daß ich mich zurückziehe,
Sir.»
    «Ich
verstehe durchaus, daß Sie nach den vielen Unannehmlichkeiten, die Sie heute
erleiden mußten, müde sind», stimmte Seine Gnaden zu, «doch ich glaube, mein
Sohn – dessen Benehmen Sie gütigst entschuldigen wollen – ist nur aus dem
Grund hergekommen, Sie zu sehen. Dafür halte ich es für empfehlenswert, wenn
Sie sich noch anhören würden, was er Ihnen zu sagen hat.»
    «Ich kann
nicht!» antwortete sie erstickt. «Bitte, lassen Sie mich gehen!»
    Der Marquis
schritt hastig auf sie zu. Er nahm ihre Hände fest in die seinen und sagte
leise: «Du hättest mir nicht davonlaufen sollen. Mein Gott, haßt du mich denn
so sehr? Mary, hör mir zu! Ich will dich zu nichts zwingen, aber ich bitte
dich, nimm wenigstens meinen Namen an! Es gibt keine andere Möglichkeit, wie
ich dich in den Augen der Welt rehabilitieren kann. Du mußt mich heiraten! Ich
schwöre dir bei meiner Ehre, daß ich dir kein Leid antun werde. Ich komme dir
auch nur in die Nähe, wenn du es wünschst. Vater, sag ihr, daß sie mich heiraten
muß! Sag ihr, daß es unbedingt notwendig ist!»
    «Ich werde
mich hüten, Miss Challoner einen derartigen Rat zu geben!» erwiderte Seine
Gnaden seelenruhig.
    «Was, du
bist eine Stunde mit ihr beisammen gewesen und hast nicht bemerkt, wie
unendlich hoch sie über mir steht?» schrie der Marquis aufgebracht.
    «Aber
selbstverständlich», sagte der Herzog. «Wenn Miss Challoner glaubt, deine Frau
werden zu können, würde ich mich ihr zutiefst zu Dank verpflichtet fühlen, aber
um der Gerechtigkeit willen halte ich es für unumgänglich notwendig, sie zu
ersuchen, es sich nochmals gut zu überlegen, bevor sie sich auf eine so
beklagenswerte Weise wegwirft.» Er betrachtete Miss Challoner mit einem
freundlichen Blick. «Meine Liebe, sind Sie ganz sicher, daß Sie keinen Besseren
finden werden als Vidal?»
    Der Marquis
zog Miss Challoner mit einem glücklichen Lachen enger an sich. «Mary, schau
mich an! Mary, mein kleiner Liebling!»
    «Ich
unterbreche dich zwar ungern, Vidal, aber ich möchte Miss Challoner noch sagen,
daß es keinen Grund gibt, weshalb sie deine Hand annehmen sollte, wenn sie
nicht wirklich will.» Der Herzog erhob sich und schritt auf sie zu, worauf der
Marquis Miss Challoner augenblicklich freigab. «Sie scheinen mir eine Frau von
so viel Verstand zu sein», sagte Seine Gnaden, «daß es mir
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