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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Eskapaden
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unfaßbaren
Allwissenheit und gewohnt, alles zu erreichen, was er will.»
    «Es
erleichtert mich ungemein, daß Lord Vidal dem Herzog so viel Respekt
entgegenbringt», sagte der Gentleman.
    «Wirklich,
Sir? Nun, nachdem ich zu dieser Meinung gekommen war, mußte ich annehmen, daß
Seine Gnaden Lord Vidal wahrscheinlich enterben würde, falls Seine Lordschaft
mich geheiratet hätte.»
    «Sie
zeichnen ja ein liebenswürdiges Porträt, Miss Challoner – doch ich kann Ihnen
versichern, daß Seine Gnaden, ohne Rücksicht auf seine wie immer gearteten
Gefühle, niemals eine so unerhört grausame Maßnahme ergreifen würde.»
    «Glauben
Sie, Sir? Das wußte ich nicht, aber ich bin trotzdem ganz sicher, daß er es
nicht billigen würde, wenn sein Sohn irgendeine kleine Null
heiratet. Aber ich muß Ihnen noch erzählen, was weiter geschah:
    Als Lord
Vidal erfuhr, daß ich mit seiner Cousine, Miss Marling, im Internat gewesen
war, brachte er mich nach Paris und überließ mich ihrer Obhut,
um in der Zwischenzeit einen englischen Geistlichen zu suchen, der
uns trauen konnte. Miss Marling war heimlich mit einem gewissen Mr. Comyn
verlobt, doch dieses Versprechen wurde – wie ich dachte
unwiderruflich – gelöst, und Mr. Comyn, ein echter Kavalier, bot mir an,
ihn zu heiraten, um mir so eine Möglichkeit zu geben, Lord Vidal zu entfliehen.
Es beschämt mich zutiefst, das zu gestehen, Sir, aber meine Lage
war so verzweifelt, daß ich zustimmte, mit Mr. Comyn heimlich
nach Dijon zu fahren, wo Lord Vidal einen englischen Priester gefunden hatte.
Leider fühlte sich Mr. Comyn verpflichtet, Seiner Lordschaft eine
Nachricht zu hinterlassen, in der er ihn von unserer Absicht zu
heiraten in Kenntnis setzte. Das hatte zum Erfolg, daß Lord Vidal uns in
Begleitung von Miss Marling in Dijon einholte, bevor die Trauung
vollzogen war. Es kam zu einer peinlichen Szene, in deren Verlauf Mr. Comyn, in
dem Bestreben, mich vor dem – ungestümen Temperament Seiner Lordschaft zu
schützen, behauptete, wir wären bereits Mann und Frau. Daraufhin versuchte
Lord Vidal in der Absicht, mich unverzüglich zur Witwe zu machen, Mr. Comyn zu
erwürgen. Und das wäre ihm wahrscheinlich auch gelungen», fügte sie hinzu,
«wenn nicht ein Krug mit Wasser in Reichweite gestanden hätte. Ich schüttete
den beiden einen kalten Guß über den Kopf, und Mylord ließ Mr. Comyn los.»
    «Einen Krug
Wasser!» wiederholte er. Seine Schultern zuckten. «Aber bitte, Miss Challoner,
sprechen Sie weiter!»
    «Danach»,
fuhr sie sachlich fort, «kämpften sie mit dem Degen.»
    «Nein, ist
das köstlich! Und wo fand diese – äh – Auseinandersetzung statt?»
    «Im
Privatsalon. Juliana hatte einen hysterischen Anfall.»
    «Es war
ganz überflüssig, mir das zu sagen», beteuerte er. «Was ich gern wissen möchte
– was geschah mit Mr. Comyns Leiche?»
    «Er wurde
nicht getötet, Sir. Es wurde überhaupt niemand verletzt.»
    «Sie
versetzen mich in Erstaunen.»
    «Mr. Comyn
wäre in der Tat getötet worden», gab sie zu, «aber ich machte Schluß. Ich fand,
es war an der Zeit.»
    Der
Gentleman betrachtete sie mit unverhohlener Bewunderung, allerdings auch ein
wenig belustigt. «Natürlich, das hätte ich mir denken können», sagte er. «Was
taten Sie diesmal?»
    «Etwas
ziemlich Behelfsmäßiges, Sir. Ich versuchte die Klingen mit einem Mantel
abzufangen.»
    «Ich bin
enttäuscht», erwiderte er. «Ich hatte mir ein raffinierteres Mittel
vorgestellt. Wurden Sie verletzt?»
    «Ach, nur
ein Kratzer von Mylords Degen, Sir. Damit war das Duell zu Ende. Mr. Comyn
meinte, er müsse nun Lord Vidal die Wahrheit über uns gestehen, und da ich mich
ein bißchen mitgenommen fühlte, zog ich mich in mein Zimmer zurück.» Sie hielt
inne und holte tief Atem. «Bevor ich die Treppe erreichte, kam Mylords Mutter
an – ich glaube in Begleitung von Lord Rupert Alastair. Sie sahen mich nicht,
aber ich – ich hörte, wie Ihre Gnaden – zu Lord Vidal – sagte, er dürfe mich
nicht heiraten, und da – da stieg ich in die Postkutsche nach Paris, die gerade
vor der Tür stand, und – und da bin ich nun. Jetzt wissen Sie alles, Sir.»
    Beide
schwiegen. Miss Challoner spürte den prüfenden Blick ihres Gastgebers auf sich
ruhen und wandte ihr Gesicht ab. Nach einer Weile sagte sie: «Wollen Sie mir
jetzt noch immer helfen, Sir?»
    «Mehr denn
je, meine liebe Miss Challoner. Sie waren bisher so offen zu mir, daß ich Sie
bitten muß, mir noch eine Frage ebenso aufrichtig zu beantworten.
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