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Genosse Don Camillo

Genosse Don Camillo

Titel: Genosse Don Camillo
Autoren: Giovannino Guareschi
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nichts aufhalten konnte. Der robuste Mann war zu einem
Waschlappen geworden.
    Dieser Anblick erweckte Don
Camillos Erbarmen.
    »Genosse«, sagte er, »du bist
erledigt. Es sei denn...«
    Peppone hob den Kopf:
    »Es sei denn... ?« rief er voller Spannung.
    Don Camillo erklärte ihm mit
äußerster Ruhe, zu welchem Preis er davonkommen würde, und Peppone lauschte ihm
mit offenem Mund. Dann, als Don Camillo zu reden aufgehört hatte, sagte er:
»Hochwürden, Sie spaßen !«
    »Nein! Und ich sage dir:
Entweder schluckst du diese Suppe, oder du springst zum Fenster hinaus .«
    Peppone sprang auf die Füße.
»Sie sind verrückt«, brüllte er,
    »reif für die Zwangsjacke !«
    »Gerade darum, Genosse, mußt du
es zehnmal überlegen, ehe du mit Nein antwortest. Verrückte sind gefährlich.
Ich warte bis morgen abend .«
     
    Zwei Tage später empfing der
alte Bischof Don Camillo in privater Audienz und hörte ihm mit größter Geduld
zu, ohne ihn zu unterbrechen.
    »Ist das alles ?« fragte er am Schluß.
    »Alles, Exzellenz.«
    »Sehr gut, mein Sohn. Ich
glaube, daß du nach vierzehn Tagen Ruhe in einem stillen Kurhaus des Apennins
diese Krise überwinden könntest .«
    Don Camillo schüttelte den
Kopf.
    »Exzellenz«, sagte er, »ich
habe im Ernst gesprochen. Es ist eine einzigartige Gelegenheit. Es wird eine
sehr nützliche Erfahrung sein: Vierzehn Tage in Tuchfühlung mit der Crème de la
crème unserer Aktivisten und mit den russischen Bolschewisten !«
    Der alte Bischof schaute Don Camillo
verwundert an.
    »Mein Sohn, wer hat dir diesen
Floh ins Ohr gesetzt ?«
    »Ich weiß es nicht, Exzellenz.
Ganz plötzlich habe ich die Idee in meinem Gehirn gefunden. Wer weiß? Auch der
Herr könnte sie dorthin verpflanzt haben .«
    »Das glaube ich nicht... das
glaube ich nicht«, brummte der alte Bischof. »Doch wie dem auch sei, die Idee
hast du nun im Gehirn, und ich sollte dir die Stange halten und dich abreisen
lassen, ohne irgendwem etwas zu sagen. Aber wenn sie dich nun entdecken?«
    »Sie werden mich nicht
entdecken. Ich werde viel Sorgfalt auf die Verkleidung legen. Ich meine nicht
das Gewand, Exzellenz, ich meine die innere Verkleidung. Das Gewand hat wenig
Bedeutung; was zählt, ist die Verkleidung des Hirns. Auch ein normales Gehirn
kann dem Blick, dem Tonfall und dem Gesichtsausdruck jene eigenartige Prägung
verleihen, die alle echten Kommunisten kennzeichnet, wenn es in ein
kommunistisches Gehirn verkleidet ist .«
    Der alte Bischof schlug noch
ein Weilchen mit der Spitze seines Stabes auf das Schemelchen zu seinen Füßen,
dann zog er die Schlußfolgerung:
    »Mein Sohn, es ist Irrsinn !«
    »Ja, Exzellenz«, gab Don
Camillo ehrlich zu.
    »Also dann, geh !«
    Don Camillo kniete vor dem
Bischof nieder, und der Alte legte ihm die kleine knochige Hand aufs Haupt.
    »Gott beschütze dich, Genosse
Don Camillo«, sagte er und hob die Augen voller Tränen zum Himmel.
    Er sagte es mit unterdrückter
Stimme, und Don Camillo vernahm kaum ein Gelispel. Aber Gott hörte es gut.

Im Tarnanzug
     
    » G uten Tag, Senator«, grüßte ihn vertraulich die
Pförtnerin, die den Boden der Eingangshalle seiner Pension putzte.
    »Guten Tag, Genosse«, säuselte
vorsichtig der Milchmann, der ihn auf der Schwelle des Eingangs traf.
    »Guten Tag, Pechvogel«,
bemitleidete ihn ein Kerl, der breitbeinig auf dem Trottoir vor dem Eingang
lauerte.
    Diesmal antwortete Peppone
nicht; er setzte seinen Weg im Bogen um den Kerl herum fort.
    Es war ungefähr neun Uhr: die
Morgenfrühe der Hauptstadt.
    Die große römische Apparatur
setzte sich nur mühsam in Bewegung, und ein leichter, vom Schlaf
zurückgebliebener Schleier milderte die Schärfe dieses frischen, klaren
Herbstmorgens.
    »Guten Tag, Pechvogel«,
wiederholte der Kerl, diesmal jedoch in herzlichem Tone, beinahe liebevoll.
»Bei uns daheim sind jetzt die Felder eine Augenweide. Die gepflügte Erde
dampft; auf den Wiesen glänzt das Gras im Raureif; die Weinstöcke sind mit
blauen, reifen Trauben, süß wie Honig, beladen, und die Farben der Blätter
reichen vom welken Grün bis zum vergoldeten Rot.«
    Peppone kochte, denn alle
heiligen Morgen lauerte dieses hassenswerte Individuum ihm vor seiner Pension
auf, um ihm zu erzählen, was im Dorfe vorging. Um sich Haltung zu geben,
zündete Peppone eine Zigarette an.
    Der andere grinste: »Eben, wie
konnte man nur den gewohnten Stumpen rauchen? Die Leute hier haben eine
empfindliche Nase, und die Pensionsmutter verlöre alle Achtung vor
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