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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle
Autoren: Ronald M. Hahn
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Beziehung ist er das auch. Er ist groß und reich und mächtig, ein bedeutender Mann mit Privatflugzeug, einer Insel im Südchinesischen Meer, einer Hochseejacht und zwölf Autos. Devra Fenriss, die sich fragt, warum er sie überhaupt zu diesem Gespräch mitgenommen hat, wird plötzlich klar, daß er ihr möglicherweise seine Macht demonstrieren will. Sie sieht Gerber an und findet, daß er trotz seiner Leibesfülle neben Taplinger nicht weniger beeindruckender wirkt. Aber das kann daran liegen, daß er ein Selbstvertrauen an den Tag legt, das sie an ihm bisher nicht gekannt hat.
    Taplinger und Gerber reden miteinander. Erst redet Taplinger. Dann Gerber. Taplingers Nervosität nimmt zu, während Gerber gelassen bleibt. Er zündet sich eine Zigarette an und schüttelt den Kopf. Taplinger steht auf, bewegt sich im Kreis, setzt sich wieder hin. Er fragt Gerber, ob er sich überhaupt darüber im klaren ist, auf was er sich eingelassen hat. Gerber gibt zurück, er wundere sich darüber, daß Taplinger so nervös sei. Das verärgert Taplinger, denn das hat bisher noch niemand zu ihm gesagt. Er nippt an seinem Drink, starrt Gerber eine Weile an und fragt ihn dann, ob er je die Namen Waldmann und Böhlefeld gehört hat. Gerber zuckt mit keiner Wimper, aber Devra Fenriss hat den Eindruck, als umspiele jetzt ein spöttisches Lächeln seine Mundwinkel. Gerber gibt Taplinger keine Antwort.
    Taplinger sagt (und jetzt wird seine Stimme ganz ruhig), er wisse nicht nur davon, daß Waldmann und Böhlefeld auf den Gehaltslisten der SensiTivideo stünden, sondern eröffnet Gerber auch, daß der Wechsel der beiden zur Konkurrenz auf seine Veranlassung hin geschehen sei.
    Gerber reißt die Augen auf.
    Damit hat er offenbar nicht gerechnet.
    Und dann sagt Taplinger: „Sie sind ein Narr, Gerber! Glauben Sie wirklich, Sie seien in diesem Spiel mehr als ein armseliger Bauer? Glauben Sie wirklich, Brand sieht in Ihnen mehr als ein simples Werkzeug? Ich weiß so gut wie er, daß ihm das Wasser nun bis zum Hals steht und er keine verdammte Chance hat, aus dem kommenden Schlamassel herauszukommen. Auch die Phantasmagoria wird einiges abkriegen, nachdem die Todesfälle unter den Teilnehmern bekanntgeworden sind, aber für uns wird es zumindest nur ein blaues Auge sein. Man wird spätestens in ein paar Tagen herausgefunden haben, daß es der Sender der SensiTivideo ist, der fehlerhaft arbeitet und die Gehirnzellen der Teilnehmer zerstört. Die Aktionäre werden Brand den Laden dichtmachen, falls sie es nicht vorziehen, ihn vorher für ein Butterbrot an uns zu verkaufen.“
    Devra Fenriss stellt fest, daß diese Worte auf Gerbers Physiognomie eine einschneidende Wirkung haben. Sein Gesicht zeigt rote Flecken und verzerrt sich. Seine Hände wirken fahrig, seine Lippen trocken. Er murmelt etwas von einer Fusion, was Taplinger zum Lachen bringt, weil er davon noch nie etwas gehört hat. Gerber springt auf, drückt die Zigarette aus, zündet sich eine neue an, ist schlagartig wie verändert.
    „Aber …“ flüstert er ängstlich, „… aber … welche Rolle spiele ich dann?“ Er zittert nun, wie Devra Fenriss miterlebt, am ganzen Körper, was seltsamerweise auch Taplinger aus der Rolle zu bringen scheint, denn instinktiv scheint er angenommen zu haben, daß Gerber weiß, mit welchem Auftrag er in den Phantasmagoria-Turm gekommen ist. (Vielleicht um ein Waffenstillstandsabkommen zu unterbreiten, eine Unterwürfigkeitserklärung abzugeben, ein Verkaufsangebot zu machen?)
    Als Gerber taumelnd aus seinem Sessel auffährt, weicht Taplinger mit bleichem Gesicht zurück und streckt – wie angesichts einer drohenden Gefahr – abwehrend beide Hände aus.
    Devra kuschelt sich verwirrt in die Höhle ihres kugelförmigen Sessels und zieht die schlanken Beine an, denn nun ist ein Rauschen in ihren Ohren, das sie sich nicht erklären kann. Sie will den Mund öffnen, um etwas zu sagen, hört, wie Gerber etwas von einem ultimativen Schachzug murmelt und sich die Krawatte vom Hals reißt, und spürt, wie ein Sturmwind sie packt und mitsamt dem Sessel beiseite fegt. Ein Scherbenregen prasselt über sie hinweg. Sie sieht Gerbers Kopf bersten, hört Taplinger wie ein Tier aufschreien und sieht dann, wie die Tür aus den Angeln fliegt und eine Druckwelle die Gäste in der Roten Halle durcheinanderwirbelt. Die Panoramascheibe zerspringt. Der heulende Sturmwind schiebt die Gäste wie eine Handvoll getrockneten Grases vor sich her und stößt sie in die Tiefe.
    Erst
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