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Gelöscht (German Edition)

Gelöscht (German Edition)

Titel: Gelöscht (German Edition)
Autoren: Teri Terry
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gefunden hast, bedeutet das, dass es schiefgegangen ist. Es tut mir so leid, wenn ich Dir Kummer mache. Aber Du musst wissen, dass das Ganze allein meine Entscheidung war. Niemanden sonst trifft irgendeine Schuld.
    In Liebe
    Ben
    In dieser Nacht kann ich wieder nicht schlafen. Mein Wert liegt bei ungefähr 4, und das dumme Levo vibriert jedes Mal, wenn ich gerade wegdämmere. Ich sehne mich nach Dunkelheit und Stille – ohne von Gefühlen und Gedanken überwältigt zu werden. Aber der Schlaf kommt nicht. Ich bin mit meinen Ängsten und Sorgen allein. Nicht mal Sebastian ist hier, um die Dämonen zu verscheuchen.
    Schließlich halte ich es nicht mehr aus still zu liegen und gehe zur Treppe, um mir etwas zu trinken zu holen. Aber unten brennt Licht. Ich schaue zur Wohnzimmertür hinein und sehe, dass Mum mit einem Buch in den Händen und Sebastian auf dem Schoß auf dem Sofa sitzt.
    »Wie schaffst du es, trotz allem weiterzumachen?«, frage ich.
    Mum erschrickt ein wenig, sieht sich um und entdeckt mich in der Tür. Sie legt ihr Buch beiseite. »Trotz was?«
    »Trotz all der schlimmen Dinge, die den Menschen widerfahren sind, die dir am Herzen lagen. Wie deinen Eltern. Oder deinem Sohn.«
    »Komm her«, sagt Mum und streckt die Hand aus. Ich gehe zu ihr und setze mich neben sie aufs Sofa. Sie hakt sich bei mir unter.
    »Ich sollte dir das beantworten können, aber das kann ich nicht. Es gibt keine Antwort. Du lebst einfach weiter und bringst einen Tag nach dem anderen hinter dich. Nach einer Weile wird es einfacher.«
    Mum macht uns heiße Schokolade, holt eine Decke und wir bleiben auf dem Sofa sitzen. Sie liest, Sebastian schnurrt und irgendwann schlafe ich ein.

Heute muss ich mich verstellen wie noch nie zuvor, denn ich darf nur die offizielle Version von Bens Unfall erzählen und muss die wahren Ereignisse und die Menschen, die darin verwickelt waren, geheim halten. Letztes Mal wollte Dr. Lysander eine Antwort von mir auf die Frage, warum ich mich von den anderen Slatern unterscheide.
    Ich weiß es. Ich habe es endlich herausgefunden – allerdings nur,
was
an mir anders ist, nicht, warum es so ist. Als ich morgens steif und wie gerädert auf dem Sofa aufgewacht bin, hatte ich die Antwort im Kopf.
    Es hat alles mit meiner Wut zu tun.
    Mein Levo erledigt seinen Job, wenn ich traurig, aufgebracht oder aus irgendwelchen Gründen verzweifelt bin – dann fällt mein Level wie erwartet. Es kann sogar so tief sinken, dass ich einen Blackout habe. Aber wenn ich ängstlich bin oder wütend werde, fällt mein Level nicht – diese Gefühle scheinen es eher anzuheben. Eigentlich soll ein Levo in erster Linie Slater davon abhalten, aus Wut zu handeln.
    Mein Levo funktioniert nicht.
    Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass ich – falls das jemand herausfindet – Geschichte bin. Dr. Lysander wäre vielleicht neugierig und wollte mein Gehirn durchforsten, um herauszubekommen, wie und warum das passiert ist, aber nicht mal sie könnte das Gremium oder die Lorder aufhalten.
Dann gäbe es keine Kyla mehr.
    Mein Pokerface ist besser geworden, aber es genügt noch immer nicht. Egal, was passiert, ich darf nicht wütend werden. Nicht hier im Krankenhaus und nicht in der Schule, wo mich alle sehen. Überhaupt nicht.
Na dann, viel Spaß.
    Moment …
    Die einzige Möglichkeit ist, den Schmerz, den Kummer und das Gefühl des Verlusts zuzulassen. All die Dinge, die ich von mir weggeschoben habe, seit Ben … Ich schlucke.
    Bzzz …
    Ich schaue auf mein Levo: 4,4
    Zu viel.
    »Herein«, ruft Dr. Lysander und ich trete durch die Tür.
    »Setz dich, Kyla.« Sie lächelt leicht und tippt auf ihren Bildschirm. Ich nehme Platz.
    Schließlich blickt sie auf. »Ich werde dich nicht fragen, wie es dir geht – das sehe ich in deinem Bericht. Nicht gerade gut.«
    »Nein.«
    »Erzähl mir von Ben«, sagt sie mit leiser, ermutigender Stimme.
    Ein seltener Ausdruck liegt auf ihrem vertrauten Gesicht:
Mitgefühl.
    »Ben war mein Freund in der Schule. Und er war auch in meiner Gruppe. Eigentlich war er mein einziger Freund.«
    »Was ist passiert?«
    »Er war nicht in der Schule und ich habe mir deswegen Sorgen um ihn gemacht. Ich konnte Amys Freund überreden, mich zu ihm nach Hause zu fahren, aber dort standen Krankenwagen und Lorder vor der Tür. Wir haben deswegen direkt umgedreht und ich hatte daheim einen Blackout. Ben war seither nicht mehr in der Schule oder in der Gruppe und alle schweigen sich darüber aus – als hätte es ihn nie gegeben. Es
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