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Gelöscht (German Edition)

Gelöscht (German Edition)

Titel: Gelöscht (German Edition)
Autoren: Teri Terry
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aus wie die Metallskulptur. Sie macht einen Bogen und landet dann wieder – an einem Tor am Ende des Feldes, vielleicht 20 Meter von mir entfernt. Sie fixiert mich mit ihren Augen.
    Wartet sie?
    Also folge ich ihr. Wir wiederholen diesen Tanz mehrmals. Jedes Mal halbiere ich die Distanz zwischen uns, sie fliegt weiter und wartet dann, bis ich nachkomme.
    Das geht eine Weile so, bis wir tief im Wald sind und ich merke, dass ich mich völlig verirrt habe. Mein übliches kartografisches Gedächtnis ist weg. Ich habe nicht darauf geachtet, wohin ich laufe, weil ich den Flug der Eule verfolgt habe. Plötzlich drängen Wolken schwarz und düster herein. Bald wird es regnen. Inzwischen sitzt die Eule auf einem hohen Ast, sodass sie nicht wegfliegen muss, als ich näher komme.
    »Danke«, sage ich zu ihr. »Jetzt bin ich da, wo du mich haben wolltest. Was nun?«
    Sie starrt mich eindringlich an und dreht den Kopf. Dann sieht sie hinter mich und erhebt sich in die Luft. Die Eule fliegt über die Baumwipfel und verschwindet aus meinem Blickfeld.
    »Was soll ich mit dir machen, hm?«
    Ich fahre herum.
    Wayne, der Maurer.
    Ich zwinkere ungläubig.
    »Sind Sie mir gefolgt?«, frage ich und weiche zurück.
    »Ja, bin ich.« Er grinst, aber es ist mehr ein Zähnefletschen, denn seine Augen sind kalt. Er kommt auf mich zu.
    Ich weiche weiter zurück und will mich drehen, um wegzurennen, aber mein Fuß verfängt sich in einer Wurzel.
    Wayne ist schneller bei mir, als ich erwartet hätte. Seine Hände greifen nach meinem Arm und verdrehen ihn und er presst mich gegen einen Baum.
    »Heute ist niemand hier, der dir helfen kann«, flüstert er mir ins Ohr und reißt an meinen Kleidern. Ich schlage um mich.
    »Du dummes Ding. Jetzt hab dich mal nicht so. Ich weiß doch, dass du es willst. Außerdem wirst du vor Aufregung eh nur ohnmächtig, wenn du hier einen Aufstand machst. Vielleicht …
stirbst
du sogar.«
    Er reißt an meinem Haar und zieht meinen Kopf zu sich.
    Muskeln erinnern sich, mein Instinkt übernimmt. Ich spanne mich nicht mehr an und höre auf zu kämpfen.
    »So ist’s brav.« Er beugt sich zu mir und küsst mich brutal, er zwingt mir seine Zunge in den Mund, bis ich würgen muss. Ich drehe mich leicht und ramme ihm mit voller Wucht mein Knie zwischen die Beine.
    Und etwas …
platzt
. In meinem Inneren.
    Fast hörbar – ein Riss, ein Spalt. Ein dünner Lichtstrahl dringt an einen Ort, der zuvor unerreichbar war.
    Die Mauer.
    Wayne flucht und taumelt zurück. Dabei klammert er sich immer noch an meinen Haaren und meinem Arm fest und zieht mich mit sich.
    »Slater-Schlampe! Dafür wirst du bezahlen«, knurrt er.
    Das glaube ich nicht.
    Er ist einen Kopf größer und vielleicht doppelt so schwer wie ich. Aber meine Muskeln wissen, was zu tun ist.
    Ich schlage um mich.
    Es ist schnell vorüber.
    Ich trete zurück. Der Mann, der es gewagt hat, mich anzufassen, liegt jetzt blutend auf dem Boden. Sein Kiefer ist zertrümmert, Blut strömt aus einer Wunde an seinem Kopf. Ist er … ist er tot?
    Ich nähere mich und habe Angst, es herauszufinden. Ich beuge mich über ihn, doch ich will ihn nicht berühren. Aber ich zwinge mich, meine Hand an seinen Hals zu legen, um seinen Puls zu fühlen.
    Seine Augen gehen auf. Ich springe zurück, aber seine Hand erwischt meinen Knöchel. Ein Schrei entfährt meiner Kehle und ich versuche mich mit aller Macht loszureißen. Ich trete mit dem Fuß, aber seine Hand krallt sich wie eine Schraubzwinge um meinen Knöchel. Schließlich greife ich nach unten und biege mit Gewalt seine Finger zurück, bis ich wieder frei bin, und renne los.
    Ich hetze kopf los querfeldein durch den Wald. Zweige schlagen mir ins Gesicht, und meine Füße stolpern über Wurzeln, aber ich laufe, so schnell ich kann, bis ich endlich auf einen Pfad stoße.
Der
Pfad, ja, er ist es. Von hier bin ich gekommen – ich erinnere mich wieder. Mein Verstand übernimmt abermals die Führung über meine Beine und lässt sie langsamer werden.
    Mein Levo steht bei 6.
    Mein Kopf dröhnt, meine Hände zittern und meine Füße stolpern.
    »Was habe ich getan?«, flüstere ich den Bäumen zu. »Wie?«
    Pst.
    »Wer hat das gesagt?«
    Ich fahre herum, aber ich bin allein.
    Irgendwo in mir drin werde ich ruhig. Eine neue Mauer entsteht und blockiert das, was mein Levo mit meinen Gedanken und Gefühlen verbindet – und sie ist massiv.
    »Was habe ich getan?«
    Aber meine Fragen lösen sich in Nichts auf, sobald ich sie formuliert habe.
    Lass
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