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Gelöscht (German Edition)

Gelöscht (German Edition)

Titel: Gelöscht (German Edition)
Autoren: Teri Terry
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Hand.
    Etwas Mörtel ist lose! Eine Stelle, gerade unter Hüfthöhe. Ich kratze und reiße immer weiter und kümmere mich nicht um meine blutenden Fingerkuppen. Hände verheilen, das weiß ich nur zu gut.
    Schließlich sehe ich ein klein wenig Licht. Beinahe beginne ich vor Erleichterung zu weinen. Ich werde zappelig, aber das Loch ist zu weit unten, als dass ich hindurchspähen könnte, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Egal, wie sehr ich es auch versuche, ich kann mich in diesem engen Raum nicht weit genug hinabbeugen.
    Genug! Ich schreie auf vor Wut.
    Lasst mich raus!

Ich schlafe aus, und als ich schließlich aufwache, bin ich überrascht, dass mich Mum alleingelassen hat, Sonntag hin oder her. Nachdem mich mein Traum letzte Nacht geweckt hatte, musste ich das Licht anlassen, weil die Dunkelheit zu bedrückend für mich war. Ich lag wach und dachte nach, bis ich schließlich meinen Zeichenblock hervorholte und ein paar Stunden lang malte. Erst in den frühen Morgenstunden, als bereits die ersten Lichtstrahlen ins Zimmer fielen, konnte ich wieder einschlafen.
    Was hatte mein Traum zu bedeuten?
    Wenn meine Wut eingesperrt ist, muss sie dort bleiben. Doch der Schmerz lauert so immer dicht unter der Oberfläche. Ich kann meine Gefühle für Ben nicht abschalten. Genauso wenig wie ich länger verleugnen kann, wer ich bin und wer ich mal war.
    All diese Traumfragmente: flüchtige Wahrheiten und Halbwahrheiten, reale oder eingebildete Ereignisse. Wie soll ich sie unterscheiden? Ich kann es nicht.
    Ich habe auch nicht direkt gemerkt, dass Dr. Lysander gelogen hat. Und wie kann ich überhaupt sicher sein, dass das, was Ben wollte, wirklich falsch war?
    Aiden hat recht. Wenn Ben wirklich gestorben ist, tragen ganz eindeutig die Lorder und ihre Krankenhäuser die Schuld daran. Die Regierung und Ärzte wie Dr. Lysander.
Sie
sind der Feind. Nicht Aiden.
    Ja! Richte deine Wut auf sie!
    Nein, damit lag Ben falsch. Er hat geplant, sich den Terroristen anzuschließen. Er hat mir nur sehr wenig erzählt, denn er wollte nicht, dass ich irgendetwas erfuhr, das mir später hätte Ärger bereiten können. Es gab keinerlei Verbindung zwischen mir und seinen Taten und Plänen, aber ich bin mir sicher, dass er zu den RT stoßen wollte.
    Ich
will das nicht.
    Aidens Antworten sind gefährlich. Aber die Art, wie er die Dinge angeht, ist richtig.
    Ich nehme meine Zeichnungen der Nacht hervor und da sind sie, die Vermissten: Ben, Phoebe, sogar Lucy. Ich kann ihnen nicht den Rücken zukehren. Die Welt muss von ihnen erfahren. Und am wichtigsten ist es für mich herauszubekommen, was mit Ben passiert ist.
    Amy sitzt unten in der Küche und macht Hausaufgaben. Dad ist noch unterwegs und Mum kocht Suppe.
    Sie lächelt, als ich in die Küche komme. »Na, endlich aufgewacht? Man sieht, dass dir das Ausschlafen gutgetan hat.«
    Ich lächle zurück. Es waren gar nicht so viele Stunden Schlaf. Aber anstatt mit mir selbst zu kämpfen, weiß ich jetzt, was ich tun will – was ich tun
muss
. Seit ich Aiden zum ersten Mal getroffen habe, habe ich mich nicht mehr so ruhig gefühlt.
    »Ich gehe ein bisschen spazieren«, kündige ich an.
    Mum sieht zum Fenster hinaus. Die Sonne scheint, doch schwere, schwarze Wolken ziehen von Westen heran und bedecken bereits den halben Himmel. »Aber besser nicht so lang.«
    »Soll ich mitkommen?«, fragt Amy.
    »Nein, ich möchte allein gehen.«
    »Bleib auf den Hauptstraßen, Kyla«, ruft mir Mum nach.
    Ich gehe durchs Dorf, an dem Weg vorbei, den Amy und Jazz immer nehmen. Wo Ben und ich ihnen vorausgegangen sind – nein, vorausgerannt sind – und wo so viele Dinge geschehen sind.
    Ich laufe weiter bis zum Ende des Dorfes, an einer Farm vorbei, zu einem Waldstück. Gerade will ich umkehren, als ich im Augenwinkel eine Bewegung wahrnehme.
    Ich drehe mich um. Erst kann ich nichts erkennen, aber dann suche ich die Felder und Bäume ab … und da ist sie. Eine Eule, die auf einem Zaunpfahl sitzt. Sie ist schneeweiß und sieht mich an. Sie überblickt die Welt, als gehöre sie ihr. Doch es ist mitten am Tag, und sogar ich weiß, dass Eulen Nachttiere sind.
    Aber das hat ihr wohl niemand gesagt.
    Fasziniert starre ich sie an.
    Die Eule starrt zurück und ich gehe auf sie zu. Dabei bewege ich mich auf einem schmalen Pfad zwischen Zaun und Wald von der Straße weg. Ich komme ihr nah genug, um ihre Augen und ihre Federn genau zu erkennen. Dann fliegt sie weg und mit ihren ausgebreiteten weißen Flügeln sieht sie dabei
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