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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann
Autoren: Jude Deveraux
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erforschten sich, kosteten jede Sekunde ihres intimen Beisammenseins aus. Sie entdeckten sich gleichsam neu.
    Es hatte keine langen Erklärungen gegeben, kein Widerkäuen von Argumenten, was für Idioten sie doch gewesen seien. Da war kein Gefühl der Verunsicherung, daß wieder etwas Bedrohliches heraufziehen könne, nur eine tiefe Freude über ihr Beisammensein. Da war nur das Gefühl, als wären sie zu einer Person geworden, nicht zwei Menschen, die sich mißtraut, falsch eingeschätzt und mißverstanden hatten.
    »Nicole!«
    Gerards scharfe Stimme holte Nicole aus ihren Tagträumen in die Gegenwart zurück. »Ja?«
    »Wir haben dich überall gesucht. Einer von den Zwillingen stürzte oben auf dem Hügelkamm. Janie möchte, daß du sofort zu ihr kommst.«
    Sie warf die Kürbisflasche weg, hob die Röcke an und fing zu laufen an, Gerard dicht hinter ihr. Auf dem Hügelkamm war niemand. »Wo sind sie denn?«
    Gerard trat dicht neben sie. »Du würdest alles für sie tun, nicht wahr? Du schenkst dich jedem, nur nicht mir.«
    Nicole wich einen Schritt vor ihm zurück. »Wo sind die Zwillinge?«
    »Meinetwegen beim Teufel! Ich wollte dich hier oben haben. Ich wollte eine kleine Reise mit dir unternehmen.«
    »Ich habe zu tun. Ich...« Sie verstummte, als sie die Pistole in Gerards Händen sah.
    »Nun besitze ich deine ungeteilte Aufmerksamkeit. Oder bekommt diese jeder Mann, der etwas Großes und Hartes auf dich richtet?«
    Nicole verzog den Mund und verfluchte ihn auf französisch.
    Gerard lächelte nur. »Sehr farbig! Nun möchte ich, daß du mit mir gehst - ohne zu schreien.«
    »Nein.«
    »Mit dieser Antwort habe ich gerechnet Erinnerst du dich noch an deinen Verdacht, meine teure Frau habe Bianca bei einem Plan belauscht, Armstrong zu ermorden? Ein einziges Mal hat diese verrückte Frau in ihrem Leben etwas Richtiges vermutet.«
    Nicole starrte ihn mit großen, geweiteten Augen an. »Du hast meine Mutter getötet«, flüsterte sie.
    »Kluges Mädchen. Zu klug. Also wenn du jetzt deinen Liebhaber noch einmal lebendig Wiedersehen möchtest, wirst du mir gehorchen.« Er schwenkte die Pistole nach links. »Dort hindurch, und denke daran, daß sein Leben von dir abhängt.«
    Nicole ging durch den Wald, weg von der Mühle, dann hinunter zum Fluß, wo Gerard ein Ruderboot versteckt hatte. Er sonnte sich in der Tatsache, daß Nicole ihn über den Fluß rudern mußte, während er im Heck saß und ihr Befehle erteilte. Er redete ununterbrochen von seiner Gerissenheit und wie Nicole ihn verführerisch angesehen und dann doch seit seiner Ankunft nur mit seinen Gefühlen gespielt habe.
    Sie landeten in einem entlegenen Winkel der Armstrong-Plantage. Da stand ein leerer Werkzeugschuppen, halb versteckt unter einem Baum, dessen Tür schräg in einer zerbrochenen Angel hing. Sie hatten kaum die Tür erreicht, als Bianca unter den Bäumen hervorkam. »Wo bist du gewesen? Und was sucht sie hier?«
    »Das ist jetzt nicht wichtig«, schnaubte Gerard. »Hast du es getan?«
    Ihre Augen, die hinter ihren grotesk fetten Wangen verborgen waren, glänzten unnatürlich. »Er wollte nicht ausreiten. Er wollte nicht tun, was er machen sollte. Ich habe den Sattel mit Glasscherben präpariert, wie du es mir anschafftest; doch er wollte nicht ausreiten.«
    »Was geschah also?« forschte Gerard.
    Bianca hatte ihren Rock vorne zusammengerafft. Nun ließ sie ihn los. Frisches Blut klebte daran. »Ich habe ihn erschossen«, sagte sie, als wäre sie selbst von dieser Tatsache überrascht.
    Nicole schrie und wollte auf das Haus zurennen; doch Gerard packte sie am Arm. Er schlug ihr mit dem Handrücken heftig gegen den Mund, so daß sie rückwärts taumelte und in den Werkzeugschuppen fiel.
    »Ist er tot?« forschte Gerard.
    »Oh, ja«, antwortete Bianca. Sie sah ihn blinzelnd an, und ihre Stimme hatte den piepsenden Klang eines Kindes. Sie nahm ihre andere Hand vom Rücken. »Ich habe dir die zweite Pistole mitgebracht.«
    Gerard nahm sie ihr aus der Hand und richtete sie dann auf Bianca. »Geh in den Schuppen.«
    Bianca sah ihn verwirrt an, gehorchte dann aber seiner Aufforderung. »Warum ist Nicole hier? Warum ist mein Dienstmädchen hier?« fragte sie.
    »Bianca!« schrie Nicole. »Wo ist Clay?«
    Bianca drehte sich langsam um und betrachtete Nicole, die gegen eine Wand gepreßt stand. »Du«, flüsterte sie.
    »Du hast das angestiftet!« Sie fuhr, die Finger gespreizt wie Klauen, auf Nicole los.
    Diese erstickte fast unter dem gewaltigen Gewicht
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