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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann
Autoren: Jude Deveraux
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glaube, ja. Sie spricht von den Babies. Vielleicht meint sie einen meiner Vettern.«
    »Offenbar nicht. Sie kam vor ein paar Minuten ins Haus gerannt und versuchte die Zwillinge in dem kleinen Schrank unter der Treppe zu verstecken.«
    »Hoffentlich hat sie nicht die Kinder verschreckt.«
    Janie zuckte mit den Schultern. »Sie haben sich an sie gewöhnt. Sie kauerten sich in den Schrank und schlüpften wieder hinaus, als ich sie nach oben brachte.«
    »Er wird sie töten!« schrie Adele. »Ich kannte ihn nicht. Ich habe ihn noch nie gesehen. Die fette Dame wird ihm dabei helfen.«
    »Was sagt sie jetzt?« erkundigte sich Janie.
    »Wirres Zeug! Könntest du mir etwas Laudanum bringen? Ich glaube, die einzige Möglichkeit, sie zur Ruhe zu bringen, ist der Schlaf.«
    Als Janie gegangen war, fuhr Nicole mit ihren Bemühungen fort, ihre Mutter zu besänftigen; doch Adeles Erregung klang nicht ab. Sie redete weiter von Mord, der Guillotine und einer fetten Frau. Als Adele Clayton erwähnte, hörte Nicole plötzlich sehr genau zu.
    »Was ist mit Clay?« forschte Nicole.
    Adeles Augen waren wild, ihre Haare zerzaust. »Clay! Sie werden ihn ebenfalls töten. Und meine Babies, alle meine Babies. Aller Leute Babies. Sie haben die Königin umgebracht. Sie werden Clay umbringen.«
    »Wer wird Clay umbringen?«
    »Sie! Die Babymörder!«
    Janie stand hinter Nicoles Schulter. »Sie scheint dir etwas mitteilen zu wollen. Klang das nicht eben so, als habe sie Clays Namen erwähnt?«
    Nicole nahm Janie die Teetasse ab. »Trinke das, Mutter. Danach wirst du dich besser fühlen.«
    Es dauerte nicht lange, bis das Laudanum wirkte. Unten betrat Gerard soeben das Haus.
    »Gerard«, fragte Nicole. »Ist heute etwas geschehen, was Mutter aufregen konnte?«
    Er drehte sich langsam zu ihr um. »Ich habe sie noch gar nicht gesehen. Hat sie wieder einen ihrer Anfälle bekommen?«
    »Als ob Euch das stören würde!« sagte Janie, die neben Nicole die Treppe hinunterging und zum Herd zurückkehrte. »Man sollte meinen, Ihr hättet ein wenig Gefühl für sie, da sie doch Eure Ehefrau ist!«
    »Ich würde gewiß nicht meine Gefühle solchen Personen wie Euch anvertrauen«, gab Gerard zurück.
    »Hört auf damit, ihr beiden!« befahl Nicole. »Mit gegenseitigen Vorwürfen helft ihr meiner Mutter bestimmt nicht.«
    Gerard winkte ab. »Es ist nur einer von ihren Anfällen. Ihr solltet inzwischen daran gewöhnt sein.«
    Nicole ging zum Küchentisch. »Doch dieser ist irgendwie anders als sonst. Es hörte sich fast so an, als wollte sie mir etwas mitteilen.«
    Gerard blickte sie unter halbgesenkten Lidern an. »Was könnte sie denn sagen, das sie nicht schon hundertmal wiederholt hat? Sie redet doch immer nur von Mord und Totschlag.«
    »Richtig«, erwiderte Nicole nachdenklich. »Nur hat sie diesmal Clay erwähnt.«
    »Clay!« sagte Janie. »Sie kennt Clay doch gar nicht, oder?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Und sie redete dauernd von einer fetten Frau.«
    »Wen sie damit meint, ist nicht schwer zu erraten«, schnaubte Janie.
    »Natürlich nicht«, mischte sich Gerard mit ungewöhnlichem Eifer in das Gespräch. »Sie muß Clay und Bianca zusammen gesehen haben, und da die beiden ihr fremd sind, bekam sie Angst vor ihnen. Ihr wißt doch, welche schreckliche Wirkung fremde Gesichter auf sie haben.«
    »Damit hast du sicherlich recht«, sagte Nicole. »Aber irgendwie scheint doch mehr dahinter zu stecken. Sie redete ununterbrochen davon, daß jemand versuchte, Clay umzubringen.«
    »Sie sagt immer, daß jemand versucht, einen anderen umzubringen«, meinte Gerard ärgerlich.
    »Mag sein. Doch so wie heute, hat sie noch nie Gegenwart und Vergangenheit durcheinandergebracht.«
    Bevor Gerard etwas erwidern konnte, rief Janie dazwischen: »Es hat keinen Zweck, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen. Morgen früh kannst du versuchen, mit deiner Mutter zu reden. Vielleicht sorgt ein guter Schlaf dafür, daß sie sich morgen deutlicher auszudrücken vermag. Setz dich hin und iß dein Abendbrot.«
    Das kleine Haus war dunkel und still. Draußen glitt der Fluß leise und sacht vorbei, nachdem sein Bett gerader und breiter geworden war. Es war ungewöhnlich warm für eine Septembernacht, und die vier Leute im Speicher-Schlafzimmer schliefen ohne Zudecke.
    Adele war ruhelos. Obwohl man ihr eine kräftige Dosis von dem Schlafmittel gegeben hatte, warf sie sich im Bett hin und her, geplagt von wirren Träumen. Sie wußte, daß sie etwas mitteilen mußte, wußte aber
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