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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann
Autoren: Jude Deveraux
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nicht, wie. Der König und die Königin von Frankreich schienen sich mit einem Farmer namens Clayton zu vermischen, einem Mann, dessen Gesicht sie nicht sehen konnte. Doch sie konnte den Tod sehen, seinen Tod, jedermanns Tod.
    Gerard drückte die dünne Zigarre aus, die er geraucht hatte, und schwang sich geräuschlos aus dem Bett. Er stellte sich hin und sah auf seine Frau hinunter. Es war schon viele Monate her, seit er sie zuletzt in seine Arme genommen hatte, ln Frankreich hatte er sich geehrt gefühlt, mit einer von den Courtalains verheiratet zu sein, selbst, wenn sie schon so alt war wie Adele. Aber sobald ihm Nicole unter die Augen gekommen war, waren seine Gefühle für seine Frau gestorben. Nicole war eine jüngere, schönere Ausgabe ihrer Mutter.
    Leise, so leise, daß auch nicht eine Diele knarrte, ging er auf Adeles Seite hinüber und setzte sich dann auf den Rand ihres Bettes. Er beugte sich vor und langte nach einem Kissen.
    Adele öffnete noch einmal die Augen, ehe das Kissen auf ihr Gesicht gedrückt wurde. Sie begann sich zu wehren; doch dann wußte sie, es hatte keinen Sinn. Das war es doch, worauf sie gewartet hatte. All die Jahre, die sie im Gefängnis verbracht hatte, hatte sie jede Sekunde auf den Tod gewartet. Endlich kam er, und sie war bereit für ihn.
    Gerard nahm das Kissen wieder von Adeles Gesicht. Im Tod sah sie recht hübsch aus, jünger als in all der Zeit, die er mit ihr verbracht hatte. Er stand auf und ging dann durch das Zimmer zu den Decken, die Janies und Nicoles Raum von seiner Hälfte trennten.
    Er starrte lange auf Nicole hinunter, deren Körper kaum von ihrem dünnen Nachthemd verhüllt wurde. Seine Hände schmerzten fast, so sehr sehnte er sich, die Windung ihrer Hüfte zu liebkosen.
    »Bald«, flüsterte er, »bald.«
    Er kehrte zu seinem Bett zurück, streckte sich neben der Frau aus, die er gerade ermordet hatte, und schlief ein. Er dachte nur, daß sie ihn nun nicht länger mit ihrem ewigen Hin- und Herwälzen stören würde.
    Als Nicole am nächsten Morgen die leblose Gestalt ihrer Mutter entdeckte, war das Haus leer. Die Zwillinge waren mit Janie zum Apfelpflücken gegangen, und Gerard hatte sich wie gewöhnlich, ohne ein Wort zu sagen, entfernt.
    Sie saß regungslos am Rand des Bettes, hielt die kalte Hand ihrer Mutter in der ihren und streichelte das Gesicht, das dem ihren so ähnlich war. Sie erhob sich und verließ ganz langsam das Haus.
    Sie stieg den Hügel hinauf, wo sie auf die Mühle und das Haus hinunterschaute. Sie fühlte sich plötzlich allein, ganz isoliert. Jahrelang hatte sie geglaubt, ihre Familie sei tot. Dann war ihre Mutter wieder aufgetaucht und hatte ihr von neuem so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl gegeben. Alles, was ihr nun geblieben war, war Clay.
    Sie sah über den Fluß hinüber nach Arundel Hall, das so vollkommen im ersten Licht der Morgensonne aussah. Doch Clay war ihr gar nicht geblieben, dachte sie. Sie mußte sich mit dem Gedanken abfinden, daß er genauso von ihr gegangen war wie jetzt ihre Mutter.
    Sie setzte sich auf den Boden, die Knie hochgezogen, und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie würde nie aufhören, ihn zu lieben oder nach ihm zu verlangen. Als wollte sie nur den Trost seiner Umarmung und daß er ihr sagen würde, daß ihr Leben nach dem Tod ihrer Mutter weitergehen würde. Sogar Adeles letzte Worte hatten Clay gegolten.
    Ihr Kopf ruckte hoch. Eine fette Frau wollte Clay töten. Natürlich! Adele mußte irgendwie Zeugin geworden sein, daß Bianca sich mit der Absicht trug, Clay umzubringen.
    Nicole zuckten alle möglichen Erklärungen durch den Kopf. Bianca konnte sich mit jemandem getroffen haben, den sie auf dieser Seite des Flusses für diesen Zweck angeheuert hatte. Wenn Clay tot wäre, würde Bianca alleinige Besitzerin der Plantage sein.
    Nicole stand auf und rannte zum Steg hinunter. Sie ruderte in Rekordzeit über den Fluß. Als sie wieder festen Grund unter den Füßen hatte, hob sie ihre Röcke an und rannte zum Haus.
    »Clay!« rief sie, während sie von einem Zimmer zum anderen lief. Selbst in ihrer fliegenden Hast, in der sie von einem Raum zum anderen lief, war sie sich des Hauses sehr deutlich bewußt. Es schien sie mit offenen Armen willkommen zu heißen. Das Porträt von Beth hing im Speisezimmer wieder über dem Kamin. Sie warf einen raschen Blick darauf und glaubte in Beths Augen einen Ausdruck der Sorge zu erkennen.
    Sie ging zuletzt in die Bibliothek. Das Gefühl von Claytons Gegenwart
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