Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebter Schuft

Geliebter Schuft

Titel: Geliebter Schuft
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
verbarg dies mit einem kühlen Lächeln und einer ganz kleinen Neigung des Kopfes. »Mr. Ensor. Was für ein Vergnügen.« Dann wandte sie sich mit ungewöhnlicher Herzlichkeit seiner Schwester zu. »Letitia, Sie sehen wundervoll aus. Was für ein elegantes Kleid! Von Paquin? Der Goldbesatz trägt ihre Handschrift. Wir haben Sie schon wochenlang nicht mehr gesehen. Waren Sie auf dem Land?«
    »Ja, Bertie bestand darauf, dass wir Pamela selbst aus Kent abholen. Sie verbrachte dort ein paar Wochen, aber leider meldet sich bei ihr allzu rasch Langeweile, wie immer bei Kindern.« Lady Graham lächelte liebevoll. »Ihre Gouvernante verzweifelt fast in ihrem Bemühen, die Kleine ständig zu beschäftigen.«
    Constance nickte verständnisvoll, konnte aber nicht verhindern, dass ihre Augenbrauen sich ironisch hoben und wie sooft ihre wahre Meinung preisgaben. Es war eine unwillkürliche, von ihrer Mutter übernommene Reaktion. Sie lächelte, um die Wirkung der Brauen zu entschärfen, und schritt weiter.
    »Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen, Miss Duncan?« Max Ensor trat hinter sie, als sie die großzügige säulenbestandene Halle erreicht hatten, und griff mit ruhigem und unverkennbar angeborenem Selbstvertrauen nach vorne, um ihren Seidenumhang aufzuhaken.
    »Danke.« Sie war verdutzt. Männer maßten es sich im Allgemeinen nicht an, ihr ungefragt Aufmerksamkeiten aufzudrängen. Sie sah, dass Letitia sich angeregt mit Prudence und Chastity unterhielt und ohne die Begleitung ihres Bruders auskam.
    Max faltete lächelnd den Mantel zusammen und legte ihn über den Arm, ehe er sich suchend nach einem Diener umdrehte. »Ich habe das Gefühl, dass Sie nicht billigen, wie meine Nichte sich über die Bemühungen ihrer Gouvernante hinwegsetzt«, bemerkte er, nachdem er seinen eigenen Abendmantel aus schwarzer Seide abgelegt hatte, dessen rotes Seidenfutter einen kühnen Farbkontrast zum Schwarz und Weiß seiner Abendkleidung bildete.
    »Ach, meine unartigen Augenbrauen haben mich verraten«, sagte sie mit einem spöttischen Seufzen, und er lachte.
    »Sie sind wirklich sehr beredt.«
    Constance reagierte mit einem Schulterzucken. »Die Bildung der Mädchen ist mir ein großes Anliegen. Ich sehe nicht ein, warum Mädchen nicht gleich erzogen werden sollen wie Jungen.« Sie sah ein Aufblitzen in Max Ensors blauen Augen, das sie aus dem Konzept brachte. Lachte er sie aus? Verspottete er ihre Ansichten?
    Sie spürte, wie sich in ihr Zorn regte, und fuhr ein wenig schärfer fort: »Ich kann nur annehmen, dass die Gouvernante Ihrer Nichte nichts taugt. Entweder schafft sie es nicht, Interesse zu wecken, oder sie ist nicht imstande, die Aufmerksamkeit ihres Schützlings länger zu fesseln.«
    »Ich fürchte, dass es eher der Fehler von Pamelas Mutter ist«, erwiderte Max, und während in seinem Blick noch ein Anflug von Humor lag, war sein Ton ernst. Er bot Constance seinen Arm, als sie die breite geschwungene Treppe zur Galerie hinaufschritten, von der die Klänge eines Chopin-Walzers erklangen. »Sie erlaubt nicht, dass das Kind einem Reglement oder Disziplin unterworfen wird. Was Pammy nicht mag, braucht Pammy nicht zu tun.«
    Constance schaute zu ihm auf. Um seinen Mund lag ein strenger Zug, und die Belustigung in seinem Blick war einem entschieden kritischen Ausdruck gewichen. »Sie mögen Ihre Nichte nicht?«
    »Oh doch, ich mag sie sehr gern. Es ist ja nicht ihre Schuld, dass sie so verwöhnt wird. Da sie erst sechs ist, besteht Hoffnung, dass sie aus allem herauswächst.«
    Er sprach mit der ruhigen Gewissheit der Erfahrung. Ihr Widerspruchsgeist erstarb unter einer Woge der Neugierde. »Haben Sie selbst Kinder, Mr. Ensor?«
    Er schüttelte den Kopf so energisch, als wäre es eine absurde Frage. »Nein, ich habe ja nicht einmal eine Frau, Miss Duncan.«
    »Ich verstehe.« Wie alt mochte er sein? Constance blickte mit einem raschen Blick zu ihm auf, als sie im Eingang zu dem großen und hell erleuchteten Salon warteten, dass der Butler sie ankündigte.
    Er sah aus wie Ende dreißig, Anfang vierzig. So oder so, ein wenig alt, um eine Parlamentskarriere zu beginnen, und ganz sicher in einem Alter, in dem man von einem Mann eine Frau am häuslichen Herd und eine Kinderstube voller Nachwuchs erwartete. Nun, vielleicht hatte er einmal eine Ehefrau gehabt. Oder eine große verbotene Leidenschaft, die mit einer Katastrophe geendet und Enttäuschung hinterlassen hatte. Sofort tat sie den Gedanken als romantischen Unsinn ab. Mit solchen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher