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Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter

Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter

Titel: Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter
Autoren: Courtney Milan
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geöffnet wurde.
    Der Geruch fiel ihm immer als Erstes auf. Es war ein erdiger, modriger Geruch, der Geruch nach feuchten Stellen, die nie das Sonnenlicht erreichte, und die Luft war stickig und abgestanden. Er benötigte immer ein paar Atemzüge, um sich daran zu gewöhnen, wie es hier roch.
    „Guten Abend, Henry“, sagte Jonas. „Er ist hier, nehme ich mal an?“
    Er konnte die Gestalt an der Tür kaum erkennen, so dunkel war es im Haus. Henry war nur ein Umriss, knapp einsfünfzig groß, schmächtig und mit hängenden Schultern.
    „Natürlich“, antwortete Henry. „Wo sollte er sonst sein?“
    Jonas breitete die – noch immer kalten – Hände aus und blickte nach oben. „In der Tat“, seufzte er. „Wo sonst?“
    Jedes Mal, wenn er hier war, sagte er sich, dass es unmöglich schlimmer werden konnte. Jedes Mal, wenn er dann wieder herkam, wurde ihm das Gegenteil bewiesen.
    Der Raum hinter der Tür – konnte man überhaupt von Raum sprechen, wenn gar kein Raum war? – war restlos vollgestopft. Ein schwacher Lichtschimmer lockte von ganz hinten, der Widerschein eines Feuers, der durch den schmalen Flur drang.
    Auf den ersten Blick sah es aus wie ein schmaler Flur. Auf den zweiten hätte man meinen können, dass es sich um einen Gang, eine Art Tunnel handelte, der in eine unterirdische Höhle führte. Die Wände wirkten wie aus grob behauenen zackigen Steinen errichtet.
    Erst, wenn man näher kam, konnte man sehen, dass diese Höhle nicht aus Kalkstein war. Sie bestand in Wahrheit aus ausrangierten Einrichtungsgegenständen, alten Kupferkesseln, die Löcher hatten und weggeworfen worden waren. Es gab auch gebogene Eisenstücke, die aussahen, als stammten sie von gebrochenen Wagenrädern oder von zerschlagenen Fässern. Das alles war nicht wirklich vertrauenerweckend aufgestapelt. Vage konnte er die neueste Erwerbung für die Sammlung erkennen: einen alten Ofen, dessen Brennkessel gerissen war. Er reicherte den Geruch im Gang um eine rostige Note an.
    „Henry“, sagte Jonas, „ist dir aufgefallen, dass ich mich, um zum Schlafzimmer zu kommen, an dieser Stelle seitwärts hindurchzwängen muss?“
    Henrys Umriss zuckte in der Dunkelheit die Achseln.
    „Es gibt keinen Platz mehr, für nichts mehr. Du wirst ihm sagen müssen, dass alles voll ist, wenn das nächste Mal jemand kommt und etwas bringt. Er muss aufhören, diesen Müll zu kaufen.“
    Wieder ein Achselzucken. „Das haben Sie letztes Mal auch schon gesagt. Aber, wenn man es genau nimmt, wenn man ein paar der kleineren Sachen über die Fässer räumt, ist hier noch ein guter Fuß Platz.“
    „Natürlich. Über den Fässern.“ Jonas rieb sich die Stirn. „Und fleißig beten, dass es keine Lawine gibt. Aber das ist egal. Ob da jetzt Platz ist, ist egal.“
    Henry zuckte wieder die Achseln. „Wenn ich ihm sage, er kann es nicht nehmen, wirft er mich raus, wie er es bei den anderen getan hat.“
    Vielleicht war es nicht so schlimm, wie es aussah. Vielleicht …
    Jonas wusste, er hatte mehr als genug Marotten, und ein Hang zu übertriebener Ordnung und Sauberkeit war einer davon. Es juckte ihn in den Fingern, wenn er nur einen einzigen Bilderahmen schief an der Wand hängen sah. Angesichts der Unordnung in diesem Haus juckte es ihn am ganzen Körper, ein Juckreiz, der unter seinen Schläfen am stärksten war und der einfach nicht nachlassen wollte.
    Er hob ein paar Löffel vom Boden auf, während er sich seinen Weg durch den Unrat bahnte, und legte sie fein säuberlich nebeneinander auf eine Metallschachtel. Es war fast so, als versuchte er eine tödliche Wunde mit zwei Zoll Zwirn zu schließen.
    Im hinteren Zimmer war es, dem Himmel sei Dank, nicht so schlimm. Das hieß allerdings nur, dass das Gerümpel, das die Wände säumte, erst Kopfhöhe erreicht hatte und dass die unmittelbare Umgebung des Herdes frei war. Es standen ein paar Kisten mit schmutzigen Metallstückchen herum. Aber wenigstens gab es ein Becken und Seife sowie einen Tisch, wo ein Junge wie Henry eine einfache Mahlzeit zubereiten konnte.
    Jonas wusch sich die Hände, bevor er die Treppe emporstieg.
    Als er noch ein Junge gewesen war, hatte immer alles Mögliche hier herumgelegen. Was irgendwie unvermeidlich war, wenn der Vater Schrotthändler war. Aber früher war alles ordentlich sortiert gewesen und war im Schuppen draußen und im Hof aufbewahrt worden. Am wichtigsten jedoch war, dass die Stapel Altmetall so schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren. Aber dann hatte
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