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Geliebte Suenderin

Geliebte Suenderin

Titel: Geliebte Suenderin
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vor dem harten Leder schützte, wobei schlanke Beine und kleine Füße zum Vorschein kamen. Sie entledigte sich schnell des Hemds mit den weiten Ärmeln und der engen schwarzen Reithosen, dann flocht sie ihr dichtes schwarzes Haar zu zwei Zöpfen und steckte sie hoch.
    Mary schloß den Deckel der geschnitzten Truhe und schaute sich noch einmal im Zimmer um, zur Vergewisserung, daß alle Spuren des Räubers Bonnie Charlie entfernt waren.
    Sabrina glitt dankbar in das warme Wasser der Wanne und entspannte sich, ließ das süßduftende Badeöl, das Mary zugegeben hatte, in ihre Haut eindringen. Mit ihren hochgesteckten Haaren sah sie aus wie ein Kind, als sie lange und ausgiebig gähnte.
    »Ich bin froh, daß wir das nicht jeden Abend machen müssen, sonst würde ich am Frühstückstisch wahrscheinlich in Ohnmacht fallen«, sagte Mary und kuschelte sich wieder in ihren Stuhl, um Sabrina beim Baden zuzuschauen.
    »Weißt du, ich bin dir wirklich dankbar, daß du immer auf mich wartest. Es ist gut zu wissen, daß du hier sein wirst und ich mit dir reden kann.«
    »Hast du dir je überlegt, was für ein seltsames Leben wir eigentlich führen?« fragte Mary. »Manchmal wünsche ich mir wirklich, wir lebten wie alle anderen.«
    »Dank meiner Raubzüge können wir überhaupt nur einigermaßen normal leben«, widersprach ihr Sabrina. »Im Vergleich zu anderen leben wir sehr bescheiden, trotzdem brauchen wir viel Geld.«
    »Oh, ich weiß, Rina, ich beschwere mich ja auch nicht, wirklich nicht«, versicherte Mary. »Nur diese ständige Angst, du könntest erschossen oder gefangen werden, macht mir zu schaffen. Wahrscheinlich liegt das an meinem eigenen schlechten Gewissen, aber ich habe ständig Angst, mich zu verplappern.«
    »Das Gefühl kenn’ ich nur zu genau. Ich bin auch müde«, gab Sabrina zu. »Aber was können wir tun? Das ist unsere einzige Einnahmequelle. Glaubst du, ich würde es sonst machen?«
    Mary sah Sabrina nachdenklich an und sagte dann zögernd: »Ja, vielleicht. In dir steckt schon ein kleiner Teufel, Rina.«
    »Mary!« Sabrina lachte gespielt zornig und bespritzte sie mit Wasser. »Zugegeben: natürlich genieße ich die Gesichter der Herren Malton und Newley, wenn sie vor meinem blanken Schwert stehen.« Ihre Augen verdüsterten sich bei dem Gedanken an die beiden, und sie wrang wütend ihren seifigen Wasch-lappen aus.
    »Was ist denn?« fragte Mary besorgt, als sie den Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Schwester sah.
    »Wir haben heute nacht Nate Fisher im Wald gefunden. Er wurde beim Wildern erwischt und zur Strafe erhängt.«
    »O nein«, stöhnte Mary.
    »O ja«, erwiderte Sabrina wütend. »Erinnerst du dich, wie wir all diese Leute gehaßt haben, als wir hierherkamen? Für mich waren sie alle gleich, aber im Laufe der Zeit hat sich das geändert.
    Wo man auch ist, die Armen und Unterprivilegierten hungern immer noch, und die Reichen, die sie unterdrücken, kommen immer noch damit durch.«
    »Weißt du, Rina«, sagte Mary, »ich habe das Land hier richtig liebgewonnen. Ich möchte für immer hierbleiben. Wir werden doch nicht nach Schottland zurückgehen, oder?«
    Sabrina schüttelte traurig den Kopf. »Es gibt keinen Grund mehr, dorthin zurückzukehren. Das hier ist jetzt unser Zuhause, Mary.«
    Mary lächelte erleichtert. »Ich hätte nie gedacht, daß du das sagst. Ich hab’ dieses Haus immer geliebt, besonders als Mutter noch lebte und wir noch klein waren. Erinnerst du dich, wie wir im Obstgarten gespielt und Äpfel gestohlen haben?«
    Sabrina lachte. »Ja, sehr gut. Und ich habe mich um keinen Deut gebessert, nicht wahr? Ich will nicht mehr an die ersten Tage unserer Rückkehr nach Verrick House zurückdenken. Ich war so erfüllt von Haß und Rachedurst, daß ich mich nicht an das Schöne erinnern wollte. Aber jetzt, mit siebzehn, sehe ich das Leben mit anderen Augen, objektiver als damals, und ich kann mich mit meinen Erinnerungen und der Gegenwart abfinden.«
    »Da hast du ja ganz schön lange gebraucht«, neckte sie Mary.
    »Ah, aber du mußt zugeben, daß wir nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurden, oder? Ich glaube, der Anwalt des Marquis hat seinen Augen kaum getraut, als wir in sein Büro gestürmt sind. Ich glaube, er war zum ersten Mal in seinem Leben sprachlos. Der Marquis hatte ihm wohl nicht gesagt, daß er Kinder hat.«
    »Du wirst ihn wohl nie als deinen Vater akzeptieren, oder?«
    Mary musterte sie neugierig.
    Sabrina begegnete ihrem Blick. »Warum sollte ich? Er ist kein
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