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Geliebte Suenderin

Geliebte Suenderin

Titel: Geliebte Suenderin
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Vater für uns. Wir sind ihm doch völlig egal. Er hat ja seinen einzigen Sohn und Erben noch nicht einmal gesehen! Von mir aus kann er gerne in Italien bei seiner reichen Contessa bleiben.«
    Sabrina lachte verbittert. »Er hätte Verrick House inzwischen längst verkauft, wenn er dafür Unterhalt und Steuern hätte bezahlen müssen. Wenn ich nicht meinen illegalen Geschäften nachgehen würde, wären wir längst im Schuldturm. Ich habe nicht vergessen, wie es im ersten Jahr nach unserer Ankunft war, als wir versuchten, ohne Hilfe von außen durchzukom-men.«
    Nein, dachte Sabrina, ihr erstes Jahr in England hatte sie nicht vergessen. Fünf Jahre waren jetzt seit dem Tod ihres Großvaters vergangen, das schien so lange her, daß sie sich manchmal fragte, ob sie überhaupt je in Schottland gelebt hatte.
    Und diese Alpträume! Sie sah immer wieder die blutgetränkte Heide und Tartans, roch den Tod und die Angst aus dem Moor; die Szene verfolgte sie im Schlaf. Dann wachte sie schweißgebadet und mit zitterndem Körper auf.
    So lange war es her, und doch noch so lebendig. Sie waren vor der Zerstörung in den Highlands davongesegelt, dem Abschlachten von Männern, Frauen und unschuldigen Kindern entflohen. Manchmal fragte sie sich, welches Schicksal wohl dem Schloß zuteil geworden war.
    Sie waren sicher in England gelandet. Tante Margaret und Mary waren auf der stürmischen Uberfahrt seekrank geworden.
    Richard war quengelig und verwirrt gewesen und sie so voller Haß, daß sie den Kutschern und Wirtsleuten auf ihrer Reise nach Verrick House nicht freundlich begegnen konnte.
    Der uralte Familiensitz war unbewohnt und nicht gerade einladend gewesen. Ihr Vater, den sie seit dem Tod ihrer Mutter vor zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, hatte es bereits vor langer Zeit aufgegeben. Die Atmosphäre des Londoner Stadtlebens und zahllose Vergnügungen waren ihm wichtiger.
    Aber ihre harte Arbeit und Entschlossenheit hatte aus dem elisabethanischen Haus, das sich in den letzten zweihundert Jahren kaum verändert hatte, ein Zuhause gemacht. Die hohen Giebel, der verwitterte Backstein und die bleigefaßten Fenster schauten auf einen unkrautüberwucherten Garten, Obstbäume und Felder, die Jahr um Jahr brachgelegen waren. Aber die geschnitzten Eichentäfelungen und die verzierten Holzdecken der Eingangshalle waren für jeden Besucher immer noch ein willkommener Anblick. Die Gobelins an den Wänden waren gut erhalten, und mit etwas Bienenwachs erwachten die alten Ei-chenmöbel wieder zu neuem Leben.
    Ihr Geld reichte für ein angenehmes Leben in diesem ersten Sommer, aber mit dem Einbruch des Winters begannen ihre Sorgen. Tante Margaret hatte eine hartnäckige Erkältung einge-fangen, die sie nicht loswurde, und sie mußte mit Fieber und Husten das Bett hüten. Die Rechnungen des Arztes hatten sich gestapelt, trotz Hobbs’ fachmännischer Pflege. Auch die Le-bensmittelrechnungen waren jeden Monat gestiegen, bis sie gezwungen waren, ihre Mahlzeiten zu rationieren.
    Der Marquis hatte bereits vor Jahren alle wertvolleren Ob-jekte verkauft und nur die Gebrauchsgegenstände dagelassen, die beim Verkauf keinen besonderen Erlös einbrächten.
    Sie war immer feindseliger geworden, je mehr Nachbarn zu Besuch kamen, teils um der Höflichkeit Genüge zu tun, teils aus Neugier. In eleganten Kutschen waren sie, fein herausgeputzt, in Verrick House vorgefahren, hatten mit ihrem Reichtum vor den verarmten Nachbarn angegeben. Sie hatten sich gnädig Tee reichen lassen, während sie hinter vorgehaltenen Fächern über die geistesabwesende Tante Margaret lachten, die eifrig an ihrem Gobelin stickte. Sie behandelten ihre ungeschickte junge Gastgeberin herablassend, während sie sie bediente. Kochend vor Wut hatte Sabrina mit ansehen müssen, wie Mary mit den Tränen kämpfte.
    Sabrina hatte das Elend der Dorfbewohner gesehen, die verstümmelten Gliedmaßen der vielen, wenig erfolgreichen Wilderer, die nur versucht hatten, ihre Familien zu ernähren. Diese Ungerechtigkeit war es schließlich gewesen, die sie dazu brachte, etwas zu unternehmen.
    Das war keine leichte Aufgabe für ein junges Mädchen gewesen, aber nachdem sie eine Lösung gefunden hatte, plante sie ihren Einsatz mit so viel Geschick, daß es jedem General Ehre gemacht hätte.
    Ironischerweise hatte Lord Malton selbst sie auf die Idee gebracht. Er hatte sich über die Unsicherheit auf den Straßen beschwert und sich über die offensichtliche Leichtigkeit, mit der Reisende überfallen
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