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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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immer zu Mami sagt!"
    "Hier sind 10 Euro. Also los!"
    "Er sagt: 'Guten Morgen, Frau Schmigalski, hier ist Ihre Post'..."

Endlich Marken, Menschen und Moneten!
     
    Ich will hier nicht meine komplette Ausbildung zum Besten geben. Denn dann müsste ich zum Beispiel auch erzählen von endlosen Spätschichten in der Beutelumschlagsstelle – allein an diesem Wort merkt man schon, wie spannend es da war – oder auch von der Stelle, wo ich einfach nicht mehr konnte und eines Tages eingeschlafen bin, mitten am Nachmittag: in der LuPoLei.
    Nein, ich war während der ganzen Zeit in Deutschland, es stand kein Praktikum in Peking auf dem Plan.
    LuPoLei war wieder eines jener so kreativen Kürzel, von denen es in Postkreisen nur so wimmelte – es war die Abkürzung für Luftpostleitstelle. Und die war, man glaubt es kaum, am Düsseldorfer Flughafen.
    Wer nun annimmt, dass das doch sicher aufregend ist, weil man da doch bestimmt ganz nah ran kommt an die ganzen Postflieger, dass man da mit diesen kleinen, flink flitzenden Wägelchen, die auch die Kofferbearbeiter fahren, übers Rollfeld düsen kann, der … soll weiter träumen.
    Das Rollfeld habe ich tatsächlich gesehen. Ich durfte zehn Meter vor dem großen Tor, das raus zu den Maschinen führte, stehen bleiben – von innen. Und dann raus gucken… Die Leute auf der Besucherterrasse des Airports waren näher dran.
    Nach diesem atem beraubenden Augenblick musste ich dann wieder zurück in die stille Ecke, ein Areal, das von drei Schränken umstellt war und das man von außen nicht so leicht einsehen konnte – da musste ich doch einknacken, oder???
    Warum der LuPoLei-Chef dann so sauer wurde, als er mich mit dem Kopf auf dem Tisch vorfand, das kann ich bis heute nicht verstehen – er hat das doch förmlich herausgefordert mit dene Schränke da!
    Trotz dieses Vorfalls gab er mir aber dennoch meine Essensmarken, für jeden Tag, den ich da schlief… äh arbeitete, eine Marke im Wert von 1,50 DM. Und die habe ich dann alle am Schluss der nervenaufreibenden drei Wochen im einzigen Laden, der in der Nähe war, einem sündteuren Tante-Emma-Laden, auf den Kopf gehauen – und dafür Brot, Käse und Butter gekauft. Wir hatten ja nichts … Ich war so ein guter Junge.
    Jedenfalls: Nach all diese n Abenteuern in Ausgängen, Abgängen, Lupoleis und Beutelrattenkäfigen ging es endlich dorthin, wo ich hin wollte. Wo es zumindest so ähnlich aussah wie in einer Bank: Der Hauptteil der Ausbildung begann – es ging an den Schalter!
    Alles andere war ja auch nur was für Leute wie den Wendler, also für alle die, die es nicht über den Briefträger würden hinaus bringen, für den einfachen Postdienst eben. Ich aber, und meine Klassenkameraden, wir waren so was wie die kleine Elite, denn wir waren im mittleren, nichttechnischen Postdienst – das war schon was, jahaa! (Dass wir damit größere Weicheier waren als jeder Briefträger, der bei Wind und Wetter raus fuhr, das blendeten wir dezent aus.)
    Meine erste Station an einem richtigen, echten Postschalter, also so hinter schickem Panzerglas – Halt! Bei dem Wort fällt mir doch noch eine Geschichte aus der Einführungswoche ein! Muss ich erzählen, weil: Da kamen wir Azubis uns alle bannig wichtig vor.
    Also, das war so: Genau während dieser Woche trieb sich der RAF-Terrorist Willy-Peter Stoll in Düsseldorf rum – und was soll ich sagen? Ausgerechnet in dem Viertel, in dem wir unsere Lehre starteten, da musste der Pfosten sich von der Polizei erschießen lassen! Genau am Dienstag der ersten Woche war er da in einem billigen Bumsschuppen auf dem Düsseldorfer Herbertstraßen-Verschnitt Charlottenstraße erwischt worden und genauso bums! war er hinüber. Aber damit war es ja nicht vorbei … Hey! Wir waren Staatsdiener – und somit in Lebensgefahr! Schließlich würden die RAFler, die noch in Freiheit waren, jetzt Rache am deutschen Staat üben für das, was er mit Willy-Peter gemacht hatte. Und wer wäre dafür ein besseres Ziel als sechzehn frischgebackene Lehrlinge des Staatsunternehmens Deutsche Bundespost? Eben, niemand sonst!
    Man nahm tatsächlich an, dass sich W.- P.‘s Komplizen noch vor Ort aufhielten und nur darauf warteten, dass wir im Verbund auf der Straße herum liefen. Dann: Bombe und zack!!! wären auch wir Opfer des deutschen Herbstes geworden. Zwar ein Jahr später als Schleyer und Co., aber irgendwie musste man sich ja besonders machen.
    Also brachte man uns – kein Witz! – in Begleitung mehrerer Polizisten
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