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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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von der BBi zur Besichtigung des eigentlichen Postamtes 1, das einige Straßen weiter gelegen war. Da fühlte man sich als Sechzehnjähriger aus’m Dorf, der bis dato Bullen nur von der Weide und Polizisten nur daher kannte, dass sie einen immer vom Fahrrad zerrten, wenn man damit mal über den Bürgersteig fuhr, so richtig wichtig. Und kriegte etwas Angst. Was aber unbegründet war, wie man heute weiß … oder hat man je etwas von niedergebombten Postassistentenanwärtern gehört? Wäre auch eine bescheuerte Schlagzeile gewesen…
    Zurück zum Schalter. Auf die gerade geschilderte Szene kam ich ja beim Wort Panzerglas. Mit jenem waren damals noch alle Postschalter rundum geschützt. Einerseits vor Überfällen, andererseits bekamen die Mitarbeiter hinter dem Glas nicht den ganzen Schnodder ab, den die Postbenutzer (Ja, das hieß damals noch so! Kunden dienst wurde bei der Post erst viel später erfunden!) beim Sprechen absonderten … Mein Gott, die armen Putzfrauen, was mussten die da alles an Rotz von den Scheiben kratzen!
    Jedenfalls: In einem solchen Glaskäfig nahm ich zum ersten Mal im Postamt Düsseldorf 11 Platz, das in einem denkmalgeschützten Bau aus der Kaiserzeit untergebracht war, der im schicken Stadtteil Oberkassel stand. Letzteren kannte ich durch meine Oma, die – wie wohl alle älteren Leute aus meinem Dorf – dorthin immer zum Arzt fuhr. Warum die alle nicht zu Hause, sondern in Oberkassel ihre Ärzte hatten? Keine Ahnung … Und diese Menschen kann man ja auch nicht mehr fragen, die brauchen schließlich mangels Vitalfunktionen heute alle keinen Doc mehr.
    Oberkassel war immer was für die ganz feinen Pinkel, für die „Haute Wolaute“, wie sie meine Mutter immer zu nennen pflegte – für die Typen also, deren Nachkommen heute auf der Luegallee, wo auch das Postamt war, nicht einfach in eine Pommesbude gehen, sondern sich publikumswirksam auf dem Bürgersteig vor selbiger platzieren und dort ihre Currywurst, bestreut mit Blattgold, dinieren. Die spinnen, die Oberkasseler.
    Und in diesem Milieu kam ich also zum Einsatz, so’ne Leute waren meine ersten Kunden … und mein erster Ausbilder, also dem nur ich und keiner sonst zugeteilt war, das war der Manfred. Mann, was war ich in den verknallt! Und durfte es mir nicht anmerken lassen…
    Jaha , ich war damals schon als junger Mann dem eigenen Geschlecht zugetan. Ist ja auch nichts schlimmes, selbst Papst Franziskus arrangiert sich inzwischen schließlich damit. Schlimm war aber: Da ist man mitten in der Pubertät – und dann setzen die Personalplaner von der BBi einen mit so einem Schnuckel in eine vielleicht gerade mal zwei Quadratmeter große Glasbox! Das war Folter!
    Aber ich war stark, ich ließ mir nichts anmerken. Zumal Manfred eh den ganzen Tag mit dieser blöden Kollegin flirtete …
    Immerhin ließ er mich dabei nicht links liegen und so beschloss ich still vor mich hin, dass wir zumindest Freunde sein könnten und dass das ja auch was Schönes sei… wie gesagt: Man gab sich auch mit Kleinigkeiten zufrieden. Und nebenbei war Manfred für mich ein Ehebrecher: Flirtete im Dienst mit dieser Tussi rum und zu Hause wartete seine noch gar nicht so lange angetraute Ehefrau – also das hätte es bei uns auf dem Land nicht gegeben. Jedenfalls hatte man mich das bis dahin glauben machen wollen… Mein Gott, wie viel Hinterwäldler konnte man als Sechzehnjähriger Ende der Siebziger eigentlich denn noch sein?!
    Dienstlich gesehen hatte es Manfred mit mir nicht leicht. Wie ich an anderer Stelle schon einmal vorsichtig andeutete: Das Thema „Kassenfehlbeträge“ sollte sich wie ein roter Faden durch meine postalische Karriere ziehen. Ich weiß einfach nicht, wie Hunderte und gar Tausende von Deutsche Mar k einfach so verschwinden konnten!
    „Ach, das lässt sich durch 3 teilen, das is’n Zahlendreher…“, sagte der gottseidank sehr geduldige Amtsleiter, der Herr Adam, als Manfred und ich unseren ersten Abschluss gebastelt hatten und als Ergebnis ein Minderbetrag von … genau weiß ich es nicht mehr, aber wenn’s nun mal durch 3 teilbar war, dann sag ich jetzt mal: 1233,69 DM war.
    Ich wollte sofort kündigen.
    Und wunderte mich, dass die das nicht sofort von sich aus machten. Ich sah mich schon, wie ich das Postamt mit einem Blatt, auf dem „Fristlose Kündigung“ stand, verließ und langsamen Schrittes Richtung Straßenbahngleise ging, um mich vor die nächste U76 zu werfen… Wenigstens das hätte einen gewissen Stil gehabt, mit
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