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Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent
Autoren: P. C. Cast
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Augen.
    „Hilf mir“, flüsterte sie.
    „Wir sind hier. Die Dunkelheit ist fort. Es ist jetzt sicher für dein Kind, diese Welt zu betreten.“
    Rhiannon packte die Hand des Fremden. Sie presste mit aller Kraft, die ihr schmerzgequälter Körper aufbringen konnte. Zu den Schlägen auf den uralten Trommeln glitt schließlich ihre Tochter aus ihrem Leib.
    Als sie geboren war, war es Epona und nicht Pryderi, zu der Rhiannon weinte.

2. KAPITEL
    Der alte Mann benutzte sein Messer, um die Nabelschnur zu durchtrennen, die Mutter und Tochter miteinander verband. Dann wickelte er das Baby in eine handgewebte Decke und gab es Rhiannon. Als sie ihrer Tochter in die Augen sah, schien es ihr, als hätte die Welt sich unwiederbringlich verrückt. Tief in ihrer Seele spürte sie die Veränderung. Sie hatte noch nie so ein Wunder erblickt, hatte sich noch nie in ihrem Leben so gefühlt wie jetzt. Weder als sie das erste Mal Eponas Stimme gehört hatte noch als sie das erste Mal die Macht verspürt hatte, die ihr als Auserwählte einer Göttin zustand, und schon gar nicht beim Anblick von Pryderis ungeheuerlicher Schönheit.
    Das hier, dachte Rhiannon verwundert und berührte die unglaublich weiche Wange ihrer Tochter, ist wahre Magie.
    Eine weitere Runde Wehen schüttelte sie, und Rhiannon keuchte auf. Sie hielt ihr Kind an ihre Brust gedrückt und versuchte, sich auf nichts anderes zu konzentrieren, während sie die Nachgeburt ausstieß. Sie hörte den alten Mann einem anderen Befehle geben und nahm die Dringlichkeit in seiner Stimme wahr. Die Trommeln wurden weiter im alten Rhythmus geschlagen, und es fühlte sich richtig an, ihre Tochter in den Armen zu halten.
    Rhiannon konnte nicht aufhören, sie anzuschauen. Das Kind erwiderte ihren Blick aus großen, dunklen Augen und berührte sie tief in ihrer Seele.
    „Ich habe mich so sehr geirrt.“
    „Ja“, murmelte der alte Mann. „Ja, Rhiannon, du hast dich geirrt.“
    Rhiannon hob den Blick. Seltsam unbeteiligt beobachtete sie, wie er sich neben sie auf den Boden kniete und ihr ein Bündel Stoff zwischen die Beine drückte. Wie seltsam, dass sie das gar nicht gespürt hatte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie überhaupt sehr wenig von ihrem Körper spürte. Sie war erleichtert, dass der Schmerz endlich aufgehört hatte. Dann konzentrierte sie sich auf das, was er gesagt hatte.
    „Du kennst meinen Namen.“
    Er nickte. „Ich war an dem Tag hier, an dem der weiße Schamane sich geopfert hat, um dich im heiligen Baum zu begraben.“
    Ein Ruck durchfuhr Rhiannon, als sie in ihm den Anführer derIndianer erkannte, die den dämonischen Nuada besiegt hatten.
    „Warum hilfst du mir jetzt?“
    „Es ist für einen Erdenbewohner nie zu spät, seinen gewählten
    Pfad zu verlassen.“ Er betrachtete sie einen Moment lang stumm, bevor er fortfuhr: „Du warst damals zerbrochen, aber ich glaube, dass dieses Kind deinen Geist geheilt hat.“ Er lächelte gütig. „Sie muss eine starke Macht des Guten sein, wenn ihre Geburt so viel heilen kann.“
    Rhiannon drückte ihre Tochter noch fester an sich. „Morrigan. Sie heißt Morrigan und ist die Enkelin des MacCallan.“
    „Morrigan, Enkelin des MacCallan. Ich werde ihren Namen in Erinnerung behalten und ihn mit Hochachtung aussprechen.“
    Sein Blick hielt ihren fest, und noch bevor er die nächsten Worte sprach, überfiel Rhiannon ein Gefühl der Vorahnung.
    „Irgendetwas in deinem Körper ist zerrissen. Es fließt zu viel Blut, und es hört einfach nicht auf. Ich habe jemanden nach meinem Truck geschickt, aber es wird Stunden dauern, bis wir einen Arzt erreichen.“
    Sie schaute ihm in die Augen und sah die Wahrheit. „Ich sterbe.“
    Er nickte. „Ich glaube ja. Dein Geist ist geheilt worden, aber dein Körper ist unrettbar zerbrochen.“
    Rhiannon verspürte keine Angst oder Panik, und ganz sicher hatte sie keine Schmerzen. Sie fühlte nur unglaubliches Bedauern über ihren Verlust. Sie schaute ihre Tochter an, die ihren Blick so voller Vertrauen erwiderte, und strich mit einer Fingerspitze über ihr samtweiches Gesicht. Nun würde sie nicht miterleben, wie Morrigan aufwuchs. Würde nicht da sein, um über sie zu wachen und sicherzustellen, dass sie … „Oh, Göttin! Was habe ich getan?“
    Der alte Mann versuchte nicht, sie zu beschwichtigen. Seine Augen blickten klar und weise. „Erzähl es mir, Rhiannon.“
    „Ich habe mich Pryderi versprochen. Er wollte, dass ich auch meine Tochter in seine Dienste stelle, aber eure
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