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Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent
Autoren: P. C. Cast
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in meinem Namen gebracht werden. Man muss mich lieben und mir gehorchen. Das werden du und deine Tochter für mich tun – ihr werdet die Menschen anführen, damit sie mich wiederfinden, und dann werde ich dich auf den dir zustehenden Platz in Partholon setzen.
    „Ich verstehe“, sagte sie. Sie schämte sich, weil ihre Stimme zwischen den keuchenden Atemzügen so schwach klang. „Ich werde …“
    Bevor sie den Satz beenden konnte, passierten zwei Dinge gleichzeitig, die sie sehr effektiv zum Schweigen brachten. Die Nacht war mit einem Mal erfüllt von dumpfen Trommelschlägen. Rhythmisch wie ein Herz, das Blut durch einen Körper pumpt, waberten die tiefen Vibrationen über die Lichtung. Im gleichen Moment überkam Rhiannon der unwiderstehliche Drang zu pressen.
    Sie bog den Rücken durch und zog automatisch die Beine an. Dabei griff sie nach einer knorrigen Wurzel, auf der Suche nach etwas, das ihrem angespannten Körper Halt bieten konnte. Ihr wilder Blick streifte die Stelle, an der Pryderi sich materialisiert hatte. Nur schwach konnte sie seine Spektralform ausmachen.
    „Hilf mir.“ Sie stöhnte.
    Die Trommelschläge wurden lauter. In ihrem hallenden Klang hörte sie nun Gesang, doch sie konnte die Worte nicht verstehen. Pryderis Kontur flackerte, und mit Entsetzen, das auch den Schmerz spiegelte, der ihren Körper zu zerreißen drohte, sah sie sein schönes Gesicht sich kräuseln und sich neu formen. Sein eben noch sinnlicher Mund war nun zugenäht. Die Nase wurde zu einem grotesken Loch. Seine Augen blickten nicht länger lächelnd und freundlich. Sie glühten unmenschlich wie gelbes Licht. Bevor sie einen weiteren schluchzenden Atemzug tun konnte, veränderte sich seine Erscheinung erneut. Die Augen wurden dunkle, leere Höhlen, der Mund riss auf und zeigte blutige Reißzähne und einen geifernden Schlund.
    Rhiannon schrie vor Angst und Wut und Schmerz.
    Das Dröhnen der Trommeln und der Gesang wurden lauter.
    Pryderis Aussehen veränderte sich erneut, und nun war er wieder der überirdisch schöne Gott, nur dass er jetzt kaum noch zu sehen war.
    Ich kann nicht immer schön sein, nicht einmal für dich, meine Kostbare.
    „Verlässt du mich?“, fragte sie und weinte, als der fürchterliche Drang zu pressen kurz abebbte. Auch wenn sein sich veränderndes Gesicht ihr Angst gemacht hatte, fürchtete sie sich noch mehr davor, die Geburt alleine überstehen zu müssen.
    Die Herankommenden zwingen mich, zu gehen. Ich kann sie heute Nacht nicht schlagen. In dieser Welt habe ich nicht die Kraft dazu. Er schaute ihr direkt in die Augen, und sein Körper wurde für einen Moment beinahe vollständig sichtbar. Rhiannon MacCal lan, ich habe dich jahrzehntelang gesucht. Ich habe gesehen, wie sich dein Elend potenzierte, als man dich an Epona gefesselt hat. Du musst jetzt deine Wahl treffen, Rhiannon! Du hast alle meine Gestalten gesehen. Wirst du der Göttin entsagen und dich mir als Priesterin hingeben, als meine Auserwählte und Inkarnation?
    Rhiannon war schwindelig vor Schmerz und Angst. Ihr Blick huschte gehetzt über die Lichtung, suchte nach einem Zeichen von Epona, aber sie sah nirgendwo ihr göttliches Licht. Sie war in der Dunkelheit zurückgelassen worden, einer Dunkelheit, die sie seit Jahren verfolgte. Was hatte sie für eine Wahl? Sie konnte sich nicht vorstellen zu existieren, ohne die Auserwählte eines Gottes zu sein. Wie würde sie leben ohne die Macht, die ihr ein solcher Status verlieh? Obwohl sie ihre Entscheidung traf, brachte Rhiannon es nicht über sich, Epona öffentlich abzuschwören. Sie würde Pryderi akzeptieren. Das musste dem Gott genügen.
    „Ja, ich werde mich dir geben“, sagte sie schwach.
    Und deine Tochter? Gibst du mir auch deine Tochter?
    Rhiannon ignorierte die Warnung, die durch ihre Seele flüsterte.
    „Ich gebe …“
    Ihre Worte erstarben unter dem schrillen Kampfschrei der sieben Stammesältesten, die auf die Lichtung traten und einen immer engeren Kreis um die zwei Eichen zogen. Unter Gebrüll, sodass Rhiannons Herz zitterte, löste sich Pryderis Geist in den Schatten auf.
    Schmerz schüttelte erneut ihren Körper, und Rhiannon wusste, dass sie pressen musste. Starke Hände unterstützten sie. Sie schnappte nach Luft und öffnete die Augen. Der Mann vor ihr war uralt. Tiefe Falten durchzogen sein Gesicht, und sein langes Haar war schneeweiß. Eine Adlerfeder steckte in den Strähnen. Seine Augen … Rhiannon konzentrierte sich auf die Güte in seinen braunen
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