Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent
Autoren: P. C. Cast
Vom Netzwerk:
Göttin zufrieden war mit der Geburt der Tochter ihrer Auserwählten.
    Nein, sie durfte nicht bei diesen Gedanken verweilen, auch wenn sie insgeheim hoffte, dass Epona zu ihr zurückkehren und ihr ein Zeichen geben würde, wenn dieses Kind endlich geboren war. Irgendein Zeichen, selbst wenn sie nicht in Partholon war und dieses Kind nicht ihr erstes. Irgendwo in der Schwärze der anscheinendunendlichen Schmerzen hatte Rhiannon Zeit, über das andere Kind nachzudenken. Das Kind, das sie abgetrieben hatte. Bereute sie die Tat? Welchen Sinn hätte Reue jemals gehabt? Es war eine Entscheidung, die sie in ihrer Jugend getroffen hatte. Eine Entscheidung, die sie nicht rückgängig machen konnte.
    Sie musste sich auf die Tochter konzentrieren, die sie jetzt zur Welt brachte. Nicht auf die Fehler der Vergangenheit.
    Als die nächste Wehe einsetzte, öffnete Rhiannon den Mund zu einem Schrei, obwohl sie wusste, dass ihr Schmerz und ihre Einsam keit in diesem Grab keine Stimme erhalten würden.
    Da liegst du falsch, meine Kostbare. Du bist nicht allein. Sieh nur die Kraft deines neuen Gottes!
    Mit ohrenbetäubendem Krachen brach ihr Grab auf, und Rhiannon wurde aus dem Schoß des alten Baumes gespült. Nach Luft schnappend und zitternd lag sie auf dem Teppich aus Gras. Quälender Husten schüttelte ihren Körper. Sie blinzelte, versuchte verzweifelt, ihren verschwommenen Blick zu klären. Ihr erster Gedanke galt dem Mann, durch dessen Opfer sie lebendig begraben worden war. Ein Schauer überlief sie, als sie über ihre Schulter in das klaffende Loch im Baum schaute. Sie erwartete, Clints Leichnam zu sehen, und wappnete sich gegen den Anblick, doch alles, was sie sah, war ein sanfter, saphirblauer Schimmer, der langsam schwächer wurde, als würde der verwundete Baum ihn absorbieren.
    Ja, ihre Erinnerung war noch intakt, genau wie ihr Verstand. Sie wusste, wo sie war – die heilige Lichtung im modernen Staat Oklahoma. Wie erwartet war sie von ihrem Gefängnis in einer der Zwillingseichen ausgestoßen worden. Die andere Eiche stand unverändert neben dem seichten Bach, der zwischen den Bäumen entlangfloss. Es war dämmrig. Der Wind heulte gereizt auf. Am wolkenverhangenen Himmel dröhnte unheilvoll Donner, der von Blitzen beantwortet wurde.
    Blitze … die mussten es gewesen sein, die sie befreit hatten.
    Ich habe dich befreit.
    Die Stimme war nicht mehr in ihrem Kopf, hatte aber einen körperlosen, unwirklichen Klang. Sie schien unter der Zwillingseiche hervorzukommen, die ihrem Gefängnis gegenüberstand. Von dort, wo die Schatten am tiefsten waren.
    „Pryderi?“ Rhiannons Stimme klang so rau und schwach, dasssie sie beinahe nicht erkannt hätte.
    Natürlich, meine Kostbare, wen hattest du denn erwartet? Die Göttin, die dich verraten hat?
    Sein Lachen strich über ihre Haut, und Rhiannon fragte sich, wie etwas, das sich so schön anhörte, sich so grausam anfühlen konnte.
    „Ich … ich kann dich nicht sehen.“ Sie keuchte, als eine neue Wehe sie überfiel.
    Der Gott wartete, bis der Schmerz verebbt war, dann rührten sich die Schatten unter den Bäumen. Ein Umriss bewegte sich leicht, damit er im schwindenden Tageslicht besser zu sehen war. Rhiannon stockte beim Anblick seiner Schönheit der Atem. Auch wenn sein Körper sich noch nicht vollständig in dieser Welt materialisierte, sondern durchsichtig war wie ein Geist, durch den sie die hinter ihm liegenden Schatten sehen konnte, vergaß sie, dass die Geburt kurz bevorstand und ihr Leib geschwollen war. Groß und muskulös war er sogar in seiner Geisterform beeindruckend. Sein volles dunkles Haar umrahmte ein Gesicht, das Poeten und Künstler inspirieren sollte und nicht die grausamen Geschichten, die in Partholon über ihn geflüstert wurden. Seine Augen lächelten, und sein Gesicht war erfüllt von Liebe und Wärme.
    Ich grüße dich, meine Priesterin, meine Kostbare. Kannst du mich jetzt sehen?
    „Ja“, flüsterte sie überwältigt. „Ja, ich sehe dich, aber nur als Geist.“ Rhiannon war schwindelig ob dieser offensichtlichen Zurschaustellung von göttlicher Gnade. Er war absolut überwältigend und alles, was ein Gott sein sollte. Plötzlich konnte sie kaum glauben, dass sie ihr Leben damit verbracht hatte, Epona anzubeten, wenn sie doch betend zu Füßen dieses einzigartigen Gottes hätte knien können.
    Es ist schwierig für mich, meine körperliche Gestalt zu halten. Um wirklich in Fleisch und Blut zu existieren, muss ich angebetet werden. Es müssen Opfer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher