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Geistersturm

Geistersturm

Titel: Geistersturm
Autoren: Jason Dark
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das Gesicht. »Ein wenig ist gut. Nein, Mr. Sinclair, an so etwas hätte ich nie gedacht.«
    »Kann schon sein.«
    »Und was ist mit der Frau?«
    »Sie wartet.«
    »Wer ist sie überhaupt?«
    Ich lächelte schmal. »Sagen wir, sie ist eine weit entfernte Verwandte von mir.«
    »Aber eine Sinclair?«
    »Ja. McLean hat sie als die Verräterin von damals angesehen. Ob er recht hat, glaube ich nicht, denn wie ich weiß, wollte sie Frieden und keine Blutschlacht.«
    Melvin Hunt zwinkerte. »Habe ich Sie richtig verstanden, Mr. Sinclair? Eine Verräterin? Damals?«
    »So ist es.«
    »Dann müßte sie doch längst tot und vermodert sein. Zu Staub zerfallen.«
    »Im Prinzip schon.«
    »Aber sie ist es nicht, wie ich sehe.«
    »Genau.«
    Hunt winkte ab. »Entschuldigen Sie, aber ich möchte nicht nach den Gründen fragen. Ich nehme es so hin, wie es ist. Aber eine Frage habe ich trotzdem noch. Kann ich eventuell davon ausgehen, daß dieser Geistersturm jetzt vorbei ist?«
    »Das können Sie nicht.«
    Hunt schluckte. »Verdammt, dann wird er uns wieder überfallen?«
    »Da haben Sie recht.«
    Hunt ballte seine Hände zu Fäusten. Scharf saugte er dabei die Luft ein.
    »Meine Güte, was soll ich…?«
    »Laß uns hier allein«, sprach Suko ihn an. »Du mußt mir glauben, daß es besser ist.«
    »Wieso? Ich…«
    »Doch, Melvin. Du bist in deinen vier Wänden besser aufgehoben. Es ist wirklich so, daß du uns hier nicht helfen kannst, wenn der Geistersturm noch einmal zurückkehrt. Wir werden uns ihm stellen, wir ganz allein, und wir lassen dich aus dem Spiel.«
    »Und ihr schafft es, ihn zu stoppen?«
    »Das hoffen wir.«
    Hunt überlegte. »Okay, ich werde mich zurückziehen. Ist sicherlich besser für mich. Culloden muß endlich seine Ruhe finden. Ich möchte auch nicht mehr, daß die Geisterheere über den Himmel jagen. Ich will in Ruhe leben und an meinen Büchern schreiben können.«
    Suko nickte.
    Hunt wünschte uns viel Glück und sprach noch davon, daß er aus der Ferne zuschauen wollte. Das sollte ihm unbenommen bleiben. Uns standen jetzt andere Aufgaben bevor.
    Melvin Hunt verschwand in der flachen Mulde, wo auch sein Geländewagen parkte. Erst als das Geräusch des Motors verstummt war, setzten auch wir uns in Bewegung.
    »Ich gehe mal davon aus, daß du versuchen willst, deine Namensvetterin zu finden«, sagte Suko. »Wunderbar, stimmt genau.«
    »Wo könnte sie sein?«
    »Culloden ist groß. Ich schätze, daß sie zur richtigen Zeit wieder erscheinen wird.«
    »Zum zweiten Geistersturm.« Ich hob die Schultern.
    Der Weg vor uns war frei. Wir sahen, mit welch einer Macht der Sturm gewütet hatte, denn es war ihm sogar gelungen, einige nicht zu fest in der Erde sitzende Pflanzen mitsamt ihrem Wurzelwerk hervorzureißen und sie woanders hinzuschleudern.
    Die Blutlachen waren geblieben. Sie schimmerten wie dunkle Augen, die an uns in die Höhe schauten, als wollten sie jede unserer Bewegungen genau unter ihrer Kontrolle halten. Manchmal klatschte es, wenn wir durch die Lachen gingen, und wir konnten nicht vermeiden, daß auch Blut in die Höhe spritzte und die Tropfen dann wie Ölflecken an unserer Kleidung festhingen.
    Alles hatte sich verändert, auch wenn die Umgebung kein anderes Gesicht bekommen hatte.
    Bis auf den Himmel.
    Als ich stoppte, blieb auch Suko stehen, um den Kopf ebenfalls in den Nacken zu legen.
    Die fahle, schwefelgelbe Farbe war verschwunden. Ein düsteres Blaugrau bedeckte die Räume zwischen den Wolken, doch es war nicht so glatt, wie wir es uns eigentlich vorgestellt hatten. Sehr schwach und wirklich kaum erkennbar zeichneten sich die unheimlichen Gestalten ab, als wären sie mit blasser Farbe und dünnen Pinselstrichen gemalt.
    »Sie sind noch da«, murmelte ich.
    »Wie schön«, erwiderte Suko sarkastisch. »Und wo, zum Teufel, steckt deine Geraldine?«
    »Meine Geraldine?«
    »Ja, zumindest trägt sie deinen Namen.«
    »Vielleicht in Avalon?«
    »Wie kommst du darauf?«
    Ich winkte ab. »Das werde ich dir später erklären, wenn wir Zeit genug haben.«
    »Später?« sinnierte Suko. »Es wird ein Später geben.«
    »Schon gut, John, schon gut. Ich möchte nur nicht mehr zum Spielball irgendwelcher Kräfte werden und hoffe, daß wir es zusammen mit deiner Verwandten packen.«
    »Laß mich doch damit in Ruhe.«
    Er ließ es nicht. »Du traust ihr nicht?«
    Ich blieb stehen und suchte wieder den Himmel ab. Er hatte sich nur wenig verändert, denn zwischen den Wolken bewegten sich die
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