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Geistersturm

Geistersturm

Titel: Geistersturm
Autoren: Jason Dark
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Es hörte sich an, als wären dort zahlreiche Tiere gequält worden, die ihrem Schmerz auf diese Art und Weise freie Bahn lassen wollten. Sie schreien und jaulten weiter. Der Himmel wirkte wie ein akustischer Leiter und brachte die unheimlichen Töne sehr deutlich rüber.
    Aber sie veränderten sich auch.
    Sie klangen plötzlich dumpfer, hohler, unheimlicher, als hätte jemand auf einer Knochenflöte geblasen.
    Es gab keinen mehr von uns, der nicht zum Himmel geschaut hätte, wo die Masse der Wolken nicht mehr so still lag. Sie gerieten in zitternde Bewegungen, blieben aber noch auf der Stelle und wurden nicht weitergetrieben.
    Huuu… huuuuuhhh…
    So ähnlich fegten die Laute über den Himmel, und sie trieben uns die Gänsehaut über den Körper. Auch ich war dagegen nicht gefeit. Der Himmel schien unzählige Gespenster entlassen zu haben, die mit ihren Klagelauten über uns herfielen.
    Dann brauste der erste Sturmstoß heran.
    Eigentlich hätten wir gewarnt werden müssen, aber die anderen Laute hatten unsere Aufmerksamkeit zu sehr auf sich gezogen, so daß wir das Brausen überhörten.
    Plötzlich standen die Wolken nicht mehr still.
    Ein Wirbel packte sie und fegte sie mit einer rasenden Geschwindigkeit über den Himmel. Der Sturm wischte das Firmament blank, und nur die gelblichgraue Farbe blieb zurück.
    Das war ein gewaltiges Leichentuch, das jemand aus tiefer Erde gezogen hatte, um damit den Himmel zu überspannen.
    McLean gebärdete sich wie von Sinnen. Er war verrückt und euphorisch zugleich, denn er sprang in die Höhe und hatte dabei noch die Arme hochgerissen. »Der Geistersturm ist da! Endlich haben wir es geschafft! Die Toten melden sich wieder. Die Gefallenen wollen, daß wir sie rächen. Sie lieben uns. Sie stehen auf unserer Seite! Sind für uns da, Kameraden! Die Geister der Highlander haben nichts vergessen!«
    Meinetwegen konnten alle anderen auf seine Worte hören, mich interessierten sie nicht, denn ich starrte zum Himmel, an dem sich einiges verändert hatte.
    Die Wolken waren zu einem rasenden Wirbel geworden, sie tanzten. Der Sturm riß sie mit. Die Geister waren da, aber sie zeigten sich noch nicht.
    Oder?
    Die Veränderung sah ich weit im Westen. Da bekam der Himmel eine andere Form, als wäre er mit dünnen Strichen bemalt worden.
    Der Sturm blieb noch immer über uns, keiner von uns war von ihm erfaßt und zu Boden geschleudert worden, aber die ersten Anzeichen, daß sich etwas ändern würde, waren nicht zu übersehen.
    Der Westen brachte das Grauen. Er schleuderte die unheimlichen Wesen nach vorn. Obwohl sie weit von mir entfernt waren, kamen sie mir zum Greifen nahe vor.
    Sahen so Geister aus?
    Jeder stellt sie sich anders vor, und ich sah die Geister der Toten diesmal als aufgeblähte, monströse Wesen ohne Körper, aber trotzdem mit einer gewissen Form. Köpfe mit glatten Gesichtern oder Schnauzen.
    Neblige Gebilde dahinter, die so etwas wie Körper darstellen sollten.
    Mäuler und Knochenklauen sahen aus, als wollten sie fressen und zugreifen.
    Wie gehetzte Tiere jagten sie von Westen heran, und es gab kein Hindernis, das sie aufhalten konnte. Ihnen gehörte der Himmel, und die unheimliche Melodie begleitete sie. Musik aus dem Jenseits. Klänge, die hohl klangen, die schrien wie gepeinigte Kreaturen, die auch mal dumpf und dröhnend unsere Ohren malträtierten und sich schließlich mit einem brausenden Wirbel mit unterschiedlichen Zwischentönen vereinigten.
    Dann war der Geistersturm über uns.
    Lange hatten wir auf ihn warten müssen, nun erlebten wir ihn mit der vollen Wucht.
    Er stürzte sich wie ein unendlich erscheinendes Tier vom Himmel herab auf seine Beute.
    Das waren wir!
    Der Sturm nahm keine Rücksicht auf Freund noch Feind. Er machte keine Unterschiede, und es erwischte McLean einen Moment früher als mich. Plötzlich hob der kleine Mensch ab. Er schrie noch erschreckt auf, dann wurde er regelrecht davongewirbelt, und ich wollte mich noch ducken, um dem Angriff so wenig Widerstand wie möglich entgegenzusetzen, dazu kam es nicht mehr. Auch über mich fiel er her wie ein wildes Tier, denn urplötzlich riß mir eine gewaltige Kraft die Beine weg…
    ***
    Ich war zu einem Kegel in der Hand eines Riesen geworden, der mich nicht mehr wollte. Er schleuderte mich davon wie ein altes Spielzeug. Ich wirbelte durch die Luft, ruderte zuerst noch mit den Armen, um sie dann schützend um meinen Kopf zu legen. So konnte ich auch nicht erkennen, wie hoch ich mich vom Boden entfernt
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