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Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona
Autoren: dtv
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dagegen, dass er sie nicht mehr aufbekam.
    Ein Blitz zerschnitt den Himmel und in dem plötzlichen Licht zeichnete sich deutlich eine rabenschwarze Silhouette ab. Drüben
     vor Lindboms Zaun stand jemand auf der Straße und beobachtete Großvaters Haus.
    Die Schwarze Sara, dachte Karl. Aber nein, das war ein Mann, ein Mann im schwarzen Anzug. War es Doktor Ekwall? Und wenn ja,
     was wollte
er
hier?
    Die Wolken öffneten ihre Schleusen und gossen Millionen Liter Wasser über Krabbsjögrundaus. Es war kein gewöhnlicher Regen, sondern dieser peitschte mit großer Kraft herunter und riss die Blätter von den Bäumen.
     Schmerzhaft spürte auch Karl die Regentropfen auf seiner Haut. Dann endlich gelang es ihm, die Tür zu öffnen und sich ins
     Haus zu retten.
    Wohlbehalten in der Wärme warf er noch einen Blick aus dem Fenster. Der Wind zerrte an den Ästen und Zweigen.
    Der Mann vor Lindboms Zaun war verschwunden.
    Karl ging früh ins Bett. Von unten drangen die Stimmen von Großvater und Mama zu ihm, die in der Küche noch aufräumten, und
     trotz Wind und Regen fühlte er sich sicher und geborgen.
    Während die Zweige des großen Kirschbaums gegen die Fenster schlugen, schlief Karl ein.
     
    Am darauffolgenden Morgen war es, als wollte die Sonne gar nicht mehr aufgehen. Der Himmel färbte sich von schwarzgrau zu
     dunkelrot, aber weiter geschah nichts. Draußen war es still, kein Vogel zwitscherte.
    Karl war spät dran, er hatte so tief geschlafen, dass er sogar seinen Wecker überhört hatte. In seinem Traum hatten nur die
     Leuchttürme getutet – dass Mama in Gefahr war. Und auf irgendeineWeise hatte auch Doktor Ekwall eine Rolle gespielt.
    Als Karl es schließlich aus dem Bett schaffte, war es höchste Zeit, seine Mutter zu verabschieden, bevor sie sich auf den
     Weg zum Schiff machte.
    Großvater küsste Mama auf die Wange und bat sie, vorsichtig zu sein. Weil die Wissenschaft es nicht wert sei, solche Risiken
     einzugehen.
    »Du weißt doch, dass die Juno sicher ist«, sagte Mama beruhigend. »Herrgott noch mal, sie ist schließlich ein alter Seenotrettungskreuzer.«
    »Ich verstehe trotzdem nicht, warum ihr ausgerechnet jetzt rausfahren müsst«, sagte Großvater. »Das Wetter ist   … na ja, es sieht nicht gut aus. Und wenn der Graue kommt   …«
    »Vertrau mir«, unterbrach Mama ihn. »Und außerdem weißt du doch, warum wir gerade jetzt aufbrechen. Wir brauchen den Grauen.
     Wir wollen schließlich nicht, dass uns die ganze Stadt zuschauen kann.«
    »Die wissen doch trotzdem, was ihr vorhabt«, murmelte Großvater angespannt. »Und das gefällt nicht allen. Du weißt, wen ich
     meine. Es könnte Probleme geben   …«
    »Ja, ich weiß, wen du meinst«, sagte Mama. »Aber wir sind vorsichtig, versprochen.«
    Karl überlegte, ob Doktor Ekwall wohl auchzu denen gehörte, von denen Mama und Großvater sprachen. Was waren das für Probleme, die auftreten konnten? Aber ehe er nachfragen
     konnte, hatte ihn seine Mutter schon fest umarmt und dabei fast erdrückt.
    »Also mach’s gut«, sagte sie. »Und tu, was dein Großvater dir sagt.«
    Karl nickte. Mama warf sich ihre Tasche über die Schulter und machte sich auf den Weg. Am Zaun blieb sie stehen.
    »Ach so, ja«, sagte sie. »Das wollte ich dir doch noch geben.«
    Sie zog ein Taschenmesser aus der Tasche und warf es Karl zu.
    »Ich habe es gestern bei Schrott-Jansson entdeckt. Es hat einen integrierten Kompass. Klasse, oder? Und unglaublich praktisch,
     falls es neblig wird. Damit findest du immer nach Hause.«
    Karl sah ihr nach, sah, wie sie kleiner und kleiner und ihre Umrisse in dem seltsamen Morgenlicht rötlicher und rötlicher
     wurden. Schließlich verschwand sie hinter der Kuppe des Hügels, der hinunter zum Hafen führte.
     
    Es war, als wollte es überhaupt nicht mehr hell werden, als würde der Tag nie richtig in Gang kommen. Die Luft war drückend
     und der Himmelblieb hartnäckig rot. Da konnte man auch gleich drinnen bleiben.
    Nach dem Mittagessen saß Großvater am Tisch und studierte die Seekarte. Verärgert strich er die Knicke glatt, die Mama beim
     Zusammenfalten der Karte verursacht hatte. Er berechnete Winkel und folgte den Fahrrinnen mit dem Zirkel, dann schüttelte
     er den Kopf und fing wieder von vorne an. Ein Mann im Radio las mit müder Stimme das Seewetter vor: »Doggers Bankar   – West-Südwest, vier, Almagrund   – Süd, fünf Meter pro Sekunde.« Erst als er den Bericht für den Schärengürtel von Krabbsjögrund
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