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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd
Autoren: Jo Clayton
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sollen, Bruder, mir sagen, was ich jetzt zu erwarten habe.
    Draußen entstand ein jaulendes Brüllen, das abrupt verstummte.
    Die Cazarits wichen ein wenig zurück, plötzlich wachsam - alle starrten gespannt zum Portal. Der Schock der Kälte durchbrach den in Lilits Kopf schwebenden Dunst. Ihr Gesicht war gerötet, sie konnte die Hitze spüren, doch das würde der Schleier verbergen.
    Ihre Hand wurde gefühllos; sie hob sie, legte sie wieder in den Schoß, preßte die andere Hand auf den Stein. Ein weiterer Schock.
    Metis, schrie sie auf, ein stummer Schrei, hilf mir durchhalten. Hilf mir.
    Und sie hörte das Knirschen draußen, mit dem der Flitzer auf der Plattform landete.
    Eine häßliche Frau marschierte herein. Groß, hager, schwarze Haare, schwarze Augen. Sie marschierte herein, als gehöre ihr die Halle und jedes Lebewesen darin. Und nach dem, wie die Cazarits sie behandelten, konnte dies tatsächlich der Fall sein; Lilit beobachtete sie, haßte sie, beneidete sie.
    Kalyen-Tej folgte ihr.
    Und Lanten-Tej von Airetas, Issel-Tej von Sikain, Ael-Tej von Staam und Vizek-Tej von Vahad.
    Hinter ihnen schlenderte eine rothaarige Frau herein, neben sich ein Mädchen, nicht älter, schien es Lilit, als sie selbst. Die beiden sahen aus, als schwebten sie zwischen Vergnügen und Abscheu, beide unabhängig, beide hielten sie sich abseits von all dem Wirbel, besonders das Mädchen strengte sich an, ihr Lachen zu verbergen, und es gelang ihr nicht sehr gut. Die beiden Frauen schritten mit den anderen zum Zentrum der Halle, Seite an Seite, in offensichtlicher Kameradschaft. Lilit beobachtete sie, so abrupt von Wut erfüllt, daß sie glaubte, ihr Kopf würde zerplatzen - und dann fing sie plötzlich unkontrollierbar an zu kichern … explodieren, explodieren, ihr Kopf würde explodieren. Sie entschwand in einen der Nebelschleier - alles war nur mehr ein tosendes Durcheinander aus entstellten Geräuschen und Licht.
    Und sie tauchte wieder daraus hervor - und sah, daß das Mädchen und die rothaarige Frau ein wenig abseits von der häßlichen Frau und f’Voine standen und sich müßig umsahen. Lilit blinzelte. Die Nebelschleier kamen und gingen in immer kürzeren Abständen. Sie bewegte die Finger, ihre Hände waren heiß, ein wenig taub. Sie dachte daran, die Reißleine zu ziehen - jetzt gleich -, doch die Portale standen noch offen, und sie war sich nicht darüber im klaren, ob der Tod, den sie bei sich trug, wirksam genug war, wenn dies der Fall war. Du hättest es mir sagen sollen, Bruder, du hättest es besser erklären sollen, du hättest mich zwingen sollen zuzuhören. Ich weiß nicht … Vor ihren Augen verschwamm alles, sie blinzelte in die Richtung des Menschenhaufens in der Hallenmitte - dort wurde diskutiert. Es wurde dunkel, es fiel schwer, den Kopf zu drehen, aber sie tat es und starrte durch das Portal auf der anderen Seite der Halle.
    Der Himmel war in Schichten aus blassem Rosa und hellem Bernsteingelb gehüllt, und da gab es einen Hauch von Lavendel. Sonnenuntergang. Dieser Tag ist beendet, dachte sie. Vor ihren Augen wogten Nebelschleier, und als sie ein weiteres Mal daraus hervortauchte, ging sie wieder dazu über, die Gruppe in der Hallenmitte zu beobachten. Geht nach Hause, dachte sie. Laßt uns allein.
    Wie zur Antwort begann die Gruppe auseinanderzubrechen.
    Cazarits in einfachen, dunklen Bordkombinationen drangen fächerförmig nach außen vor. Sie sah zu, wie sie sich daranmachten, den Raum zu durch suchen. Einer von ihnen ging hinaus und kehrte mit einem Hebegürtel zurück. Er ließ sich bis zur Oberkante der Wände emportragen und stocherte vorsichtig in dem Spalt zwischen Wand und Dach herum. Andere suchten mit Sensorruten die Ecken ab, wobei sie auf summende, schwarze Kästen starrten, die durch Kabel mit den Ruten verbunden waren. Stumpfsinnig beobachtete Lilit, wie eine Dreiergruppe auf sie zumarschierte, und sie fragte sich, ob der Silberdraht und die Perlen genügen würden, um abzuschirmen, was sie trug.
    „Bleibt weg von ihr!” brüllte Lanten-Tej, und seine knurrende Stimme füllte den Raum aus - aus seinem massigen, schlaffen Körper heraus klang sie doppelt erschreckend. „Ihr da! Weg von ihr!” Er schwenkte herum, sprach ruhiger, jedoch genauso eindringlich mit der häßlichen Frau.
    Lilit lächelte hinter ihrem Schleier. Er ließ nicht zu, daß fremde Män-ner an seiner jungfräulichen Braut herumtasteten. Was für ein dummes Geschöpf, dachte sie. Arme Kröte, dachte sie, mach
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