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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut
Autoren: Stacia Kane
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also! Ist sie ein Mensch?«
    Zu ihrem Erstaunen lief Terrible hochrot an. Er tat ihr fast leid. Aber auch nur fast. Sie hatte nicht gewusst, dass er überhaupt Gefühle hatte.
    Die Tür ging auf, ehe Chess noch etwas sagen konnte. Vor ihnen stand eine von Bumps Freundinnen, mutmaßte sie, eine zierliche Blondine in einem durchsichtigen grauen Top und einem knallroten Minirock. Ihr schwarzes Augen-Make-up ließ sie verängstigt wirken, aber der Eindruck verflüchtigte sich, als sie Chess und Terrible von oben bis unten musterte und dabei herzhaft gähnte. Ohne die Musterung zu unterbrechen, trat sie ein Stückchen zur Seite und ließ sie herein.
    Hätte Chess nicht schon gewusst, dass Bump - unter anderem - Drogenhändler und Zuhälter war, so wäre es ihr spätestens jetzt klar gewesen. Alles war entweder vergoldet oder mit Pelz überzogen, so als hätte Bump beschlossen, das Liberace-Museum zu toppen. Gemälde mit stilisierten Wummen und Vulven gaben der geschmacklos-protzigen Einrichtung einen gruseligen Dreh ins Freudianische.
    Nicht dass Bump je von Freud gehört hätte. Die Kirche hielt derlei Dinge streng unter Verschluss. Chess jedoch hatte in den Archiven studieren dürfen, hatte dort etliche Monate lang jeden Tag gesessen und bis tief in die Nacht gelesen. Und als sie nun Bumps Ode an das Es erblickte, fragte sie sich, ob Freuds Theorien tatsächlich so ’n kompletter Bullshit waren, wie sie bisher geglaubt hatte.
    Die Blondine führte sie einen grell erleuchteten roten Korridor hinab - Freud ließ schon wieder grüßen - in einen großen roten Raum. Hier war wirklich alles rot: der Teppichboden, die Möbel, die Wände, und es waren unterschiedliche Rottöne - ein Albtraum. Chess riss entsetzt die Augen auf. Der Raum kreischte sie förmlich an. Sich nüchtern darin aufzuhalten wäre schon schlimm genug, aber mit 400 Milligramm Narkotikum im Blut kam es ihr vor, als wäre sie im Innern eines glühenden Geisterkerkers eingesperrt.
    »Hinsetzen«, sagte Terrible und wies auf eins der Samtsofas. »Du wartest hier.«
    Chess nahm Platz, lehnte sich zurück und schloss die Augen, um das scheußliche Rot nicht sehen zu müssen. Aber es leuchtete ihr durch die Lider und drang bis in ihren Kopf hinein. Sie verzog den Mund. Von draußen hörte man den Marktlärm - Menschen, Radios, Live-Musik. In dem Büro nebenan wurde gedrückt, die Leute standen an den Wänden entlang für ihren Fix an. Andere gingen die Treppe hinunter, um sich eine Pfeife zu gönnen. Chess rutschte ein wenig auf ihrem Platz hin und her. Pillen waren ihr täglich Brot, aber diese Pfeifen waren noch mal ein paar Nummern geiler. Sie hatte gehofft, in dieser Nacht auch noch dahin zu kommen, sich den honigsüßen Rauch in die Lunge zu saugen und dann heim ins Bettchen zu schweben. Doch danach sah es von Minute zu Minute weniger aus.
    Mit wie viel stand sie bei Bump eigentlich in der Kreide? Drei Riesen? Oder vier? Dass sich die Sanford-Sache als tatsächlicher Spukfall entpuppt hatte, war finanziell ein Schlag ins Kontor. Debunker wurden miserabel bezahlt, es reichte gerade mal für die Miete und das Allernötigste. Das eigentliche Geld verdienten sie mit den Boni. Davon bestritt Chess die Kosten für ihre Ausrüstung und ... all das, was sie sonst noch brauchte.
    Drei oder vier Riesen waren jedenfalls nicht viel. Sie hatte ihm schon mehr geschuldet und hatte ihre Schulden stets beglichen.
    Ein metallisches Schnippen erklang, und Chess spürte die Wärme der fünfzehn Zentimeter hohen Feuerzeugflamme, an der sich Terrible eine Zigarette ansteckte. Chess setzte sich auf. »Kann ich auch eine haben?«
    Er guckte à la »Na gut«, hielt ihr die Packung hin und drehte dann für sie am Rädchen seines schwarzen Feuerzeugs. Sie musste den Kopf schief halten, sonst hätte sie sich die Nase verbrannt.
    So rauchten und warteten sie noch ein Weilchen, bis sich in einer roten Wand schließlich eine Tür auftat und Bump hereinkam.
    Er bewegte sich, als glitte er lautlos auf einer Plattform mit gut geölten Rädern. An seinen Fingern glänzten Ringe, an den Ohren glitzerten Diamantstecker, aber gekleidet war er erstaunlich unscheinbar. Chess nahm an, dass es sich um seine Privatkluft handelte, denn die paar Meile, die sie ihn draußen auf der Straße gesehen hatte, hatte er ausgesehen wie ein etwas schmuddeliger König aus dem Mittelalter. An diesem Abend jedoch trug er weiter nichts als eine schwarze Hose und ein burgunderrotes Seidenhemd - womit ein weiterer
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