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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher
Autoren: J Deaver
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Charlotte Allerton machte ihm keine Sorgen. Diese Leute wussten nichts über seine wahre Identität (sie hatten die ganze Zeit geglaubt, er hieße tatsächlich Duncan), und der ursprüngliche Kontakt war durch einen äußerst diskreten Mittelsmann hergestellt worden.
    Außerdem ließ sich auch diesem Misserfolg etwas Positives abgewinnen – Hale hatte etwas gelernt, das sein Leben verändern würde. Eigentlich hatte er sich die Person des Uhrmachers ausgedacht, weil sie schaurig wirkte und das Interesse einer Öffentlichkeit und Polizei zu wecken versprach, die an Fernsehverbrecher gewohnt waren.
    Aber als er in diese Rolle schlüpfte, stellte Hale zu seiner Überraschung fest, dass sie die Verkörperung seiner wahren Persönlichkeit war. Er fühlte sich in der Figur sofort heimisch. Und er war mittlerweile wirklich fasziniert von Uhren und der Zeit. (Außerdem
gefiel ihm der Delphi-Mechanismus so sehr, dass er ihn irgendwann vielleicht doch noch stehlen würde.)
    Der Uhrmacher...
    Charles Hale war auch nichts anderes als ein Uhrwerk. Man konnte eine Uhr zu etwas Erfreulichem benutzen, beispielsweise um vor der Geburt eines Babys den Abstand der Wehen zu messen. Oder zu etwas Abscheulichem: um den Zeitpunkt eines Überfalls zu koordinieren und Frauen und Kinder abzuschlachten.
    Die Zeit steht über jeglicher Moral.
    Er warf einen Blick auf den Beifahrersitz, wo die goldene Breguet-Taschenuhr lag. Hale nahm sie – natürlich mit Handschuhen – und zog sie behutsam auf, besser zu wenig als zu viel. Dann steckte er sie in einen großen weißen Luftpolsterumschlag.
    Er schloss die selbstklebende Lasche und ließ den Motor an.
     
    Es gab keine klaren Anhaltspunkte.
    Rhyme, Sellitto, Cooper und Pulaski saßen in dem Labor am Central Park West und gingen die kargen Spuren aus dem Brooklyner Versteck des Täters durch.
    Amelia Sachs war nicht anwesend. Sie hatte nicht gesagt, wohin sie wollte. Aber das war auch nicht erforderlich. Für den Fall, dass man sie benötigen würde, hatte sie Thom gegenüber erwähnt, sie habe ganz in der Nähe einen Termin – an der Ecke Siebenundfünfzigste Straße und Sechste Avenue. Rhyme hatte im Telefonbuch nachgesehen. Es war die Adresse des Hauptsitzes von Argyle Security.
    Rhyme wollte einfach nicht darüber nachdenken und konzentrierte sich stattdessen darauf, wie sie die Suche nach dem Uhrmacher fortsetzen konnten, wer auch immer der Mann in Wirklichkeit sein mochte.
    Er rekonstruierte den ungefähren Ablauf der Ereignisse. Die Zeremonie war am fünfzehnten Oktober bekannt gegeben worden, also mussten Charlotte und Bud etwa zu jener Zeit Kontakt mit dem Uhrmacher aufgenommen haben. Zirka am ersten November war er nach New York gekommen, denn dieses Datum stand im Mietvertrag des Hauses in Brooklyn. Einige Wochen später hatte Amelia Sachs den Fall Creeley übernommen, woraufhin Baker und Wallace beschlossen, sie ermorden zu lassen.
    »Dann haben sie den Uhrmacher engagiert. Was hat er uns darüber
erzählt, als wir ihn noch für Duncan hielten? Wie haben sie sich kennen gelernt?«
    »Er hat behauptet, jemand aus dem Club habe die Verbindung hergestellt«, sagte Sellitto. »Dem Club, in dem Baker seinen Freund einschüchtern wollte.«
    »Aber das war gelogen. Es gab keinen Club...« Rhyme schüttelte den Kopf. »Jemand hat sie zusammengebracht, jemand, der den Uhrmacher kennt – vermutlich jemand von hier. Falls es uns gelingt, diese Person zu finden, könnte uns das beträchtlich weiterhelfen. Redet Baker?«
    »Nein, kein Wort. Keiner von denen.«
    Der Neuling schüttelte den Kopf. »Das wird verdammt schwierig. Ich meine, wie viele Banden des organisierten Verbrechens gibt es hier im Stadtgebiet? Es dürfte ewig dauern, die richtige zu finden. Die werden sich ja wohl kaum freiwillig bei uns melden.«
    Der Kriminalist runzelte die Stirn. »Wovon reden Sie da? Was hat denn das organisierte Verbrechen mit all dem zu tun?«
    »Nun, ich bin einfach davon ausgegangen, dass es jemand aus diesen Kreisen war, der die Parteien miteinander bekannt gemacht hat.«
    »Warum?«
    »Baker will, dass ein Cop ermordet wird, richtig? Aber er selbst darf dabei nicht in Verdacht geraten, also muss er jemanden anheuern. Er kennt Leute vom Mob und fragt bei denen an. Der Mob wird keinen Polizisten beseitigen, kann Baker aber vielleicht mit einem Killer von außerhalb behilflich sein: dem Uhrmacher.«
    Als niemand etwas sagte, wurde Pulaski rot und sah zu Boden. »Keine Ahnung. War nur so ein
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